Ex-Freundin in Brand gesteckt – Gericht verhängt elf Jahre Haft

18. Mai 2022

Am Ende wurde die Richterin Daniela Lieschke im Prozess um die in Brand gesetzte Frau aus Neubrandenburg (WsM berichtete) deutlich: „Wir haben keine nachvollziehbare Erklärung gehört, die die Version des Angeklagten unterstützt hätte.“ Und sie sagte zu dem Mann auf der Anklagebank: Sie haben ihre Einlassungen immer nur den Erkenntnissen angepasst, die ohnehin schon bekannt waren. Insofern wurde dem 56-Jährigen wohl auch sein Job zum „Verhängnis“: Er war seit 35 Jahren im Kriminaldauerdienst tätig: Dies sind die Leute, die bei Straftaten als erste Beamte vor Ort sind, um Spuren zu sichern.
Das Landgericht Neubrandenburg hat den Kriminalpolizisten nun zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er wurde wegen versuchten Mordes mit Verdeckungsabsicht in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen – und nahm den Spruch weitgehend regungslos hin.

Der Verurteilte hatte sich 2017 von seiner damaligen Frau getrennt und per Internetportal eine Partnerin gesucht. Dabei kam er auf die mehr als 20 Jahre jüngere Frau aus Neubrandenburg. Beide erzählten vor Gericht, dass sie sich länger „geschrieben“ und telefoniert hätten. Dann habe man sich Ende 2019 mehrfach mit den Autos getroffen, dort sei es nur zum Sex gekommen. Der Polizist sagte, er habe sich darauf verlassen, dass sie verhüte oder auf jeden Fall dafür sorge, dass sie kein Kind bekommt.

Anfang 2020 stellte die Frau fest, dass sie schwanger war und trennte sich von dem Mann – per Handy. Dabei beließ sie es aber nur bei Andeutungen, die er nicht verstand.

Erst 2021 kam sie wieder auf ihn zu, um die Vaterschaft klären zu lassen. Ein anderer Freund, von dem sie es gehofft hatte, war nicht der Vater der kleinen Tochter. Der Verurteilte war darüber nicht erfreut. „Er fühlte sich sogar getäuscht und warf der Frau ‚hinterfotziges Verhalten‘ im Gericht vor“, sagte die Richterin. Der 56-Jährige hat ein Tochter aus einer ersten Beziehung und zwei Söhne aus einer zweiten Beziehung, die aber auch nicht hielt.

Im Prozess wurde bekannt, dass er einen Vaterschaftstest für die Neubrandenburgerin gefälscht hatte, um den Zahlungen zu entgehen. Im Zuge der Ermittlungen wurde aber festgestellt, dass er wirklich der Vater der kleinen Ronja ist.

Er habe sein Image als verlässlicher Polizist, der alles im Griff habe, aufrechterhalten wollen, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft.

Verbrennungen 2. und 3. Grades

Für die Kammer von Richterin Lieschke ist klar: Der Mann hatte sein Vorgehen geplant, um seine Vaterschaft zu verdecken. So hatte er – obwohl seine Verteidiger das bestritten – den Brennspiritus, die Streichhölzer und Handschuhe Anfang Oktober gezielt nach Neubrandenburg mitgenommen – und sein Handy auch mit Absicht wohl zu Hause liegen gelassen.

Er habe nach dem Öffnen der Wohnungstür auf die 33-Jährige und deren 69 Jahre alte Mutter eingeschlagen, bis sie bewusstlos waren. Dann habe er die junge Frau überschüttet, das Ganze angezündet – und sei gegangen. Die Variante, dass er nur seine Fußspuren beseitigen wollte – lehnten ein Brandgutachter und das Gericht rundweg ab. Die Mutter des Brandopfers wurde zum Glück wieder wach und goss Wasser auf ihre Tochter, Nachbarinnen und Polizisten retteten die kleine Tochter und die Frauen.

„Die Geschädigte wird ihr Leben lang an den Folgen zu leiden haben“, sagte die Richterin. Die junge Frau hatte Verbrennungen 2. und 3. Grades an 14 Prozent ihrer Haut erlitten. Besonders betroffen waren die Oberschenkel innen. Das könne nur durch Bespritzen passiert sein, sagte der Gutachter.

Die Haftstrafe sei irgendwann abgesessen, erklärte die Richterin. Dann werde der Mann wieder freikommen und müsse dies dann auch seiner Tochter, die er mit keinem Wort auch nur erwähnt hatte, erklären. Denn diese werde groß werden und auch Fragen haben. Ob sie dem Mann dann verzeihen könne, sei fraglich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger hatten zweieinhalb Jahre Haft verlangt und können Revision einlegen. Für sie war ihr Mandant nur einer Körperverletzung und einer fahrlässigen Brandstiftung schuldig. Die Flamme sei ja wohl aus gewesen, als der Mann geflohen war, sagte ein Anwalt.  Das glaubten aber weder das Gericht, noch ein Großteil der Prozessbeobachter.


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