Meinung/Glosse: Der Bürgermeister und sein Social Media

5. Mai 2024

Jetzt „tanzt“ sogar Bundeskanzler Olaf Scholz auf TikTok. Ist ja modern. Dass ihn sein Presseteam mit Geschichten von Aktentaschen und Co. teilweise lächerlich macht – egal, TikTok eben. Aber so ein bisschen wünscht sich gewiss auch der eine oder andere Müritzer ein paar komische Social-Media-Geschichten von den heimischen Politikern. Ist ja sonst alles so bierernst momentan.
Einer, der mal mit der Zeit ging, ist Bürgermeister Norbert Möller. Ja, richtig gelesen – der Warener Verwaltungschef war mal modern. Also so ein bisschen zumindest. Vor der letzten Bürgermeisterwahl beglückte er „seine“ Einwohner mit dem wöchentlichen „Wort zum Sonntag“. In eher einfach gehaltenen Videos erklärte er den Warenern die Welt. Die kleine Müritz-Welt. War manchmal schon niedlich anzusehen, wie er da in seinem Sessel vor dem Fenster mit Orchidee saß und krampfhaft versuchte, locker zu wirken. Das Ganze auf einem Profil mit einem verrutschten Waren-Bild im Titel – symptomatisch für sein Agieren.

Zumindest konnte man hier und da schmunzeln oder auch nur mit dem Kopf schütteln. Aber er war wenigstens präsent. Das änderte sich schon kurz nach seiner Wiederwahl. Kein „Wort zum Sonntag“ mehr, und auch sonst herrscht bis heute Ruhe auf seinem Kanal. Wie schade…

Nun haben wir ja bald wieder eine Wahl. Kommunalwahl am 9. Juni. Allerdings geht’s dabei nicht um ihn, Norbert Möller sitzt noch ein paar Jahre fest im Sattel, das Ruhegehalt ist ihm sicher. Nein es geht im Juni um die Stadtvertretung. Die ist zwar auch wichtig für seine Arbeit. Trotzdem bleibt es dunkel auf Möllers Facebook-Seite. Dabei könnte er doch ein bisschen darüber plaudern, was in den vergangenen zehn Jahren in Waren unter seiner Regie und mit Hilfe seiner von ihm oft hoch gelobten SPD-Fraktion erreicht wurde.

Neue, moderne Schulen mit viel Platz wurden gebaut, in einer Schwimmhalle bekommen die Kinder vernünftigen Schwimmunterricht, die Straßen sind tipptopp, die Steinmole ist auch ausgebaut, zahlreiche bezahlbare Wohnungen schon bezogen. Die Jugend fühlt sich verstanden und einbezogen, die Personalkosten in der Verwaltung sind gesunken, wir haben eine Warener SPD-Landtagsabgeordnete, die wirklich was für ihre Region reißt, das versprochene Parkhaus steht und wird gut genutzt, die Stadtverwaltung ist komplett digitalisiert, die Mitarbeiter sind Dienstleister und nicht Verhinderer, die Radwege verdienen wirklich ihren Namen, die vergammelten Stege an der Feisneck und Müritz sind längst ersetzt, während der Corona-Krise stand der Bürgermeister fest an der Seite der Einwohner und ist nicht abgetaucht, die Innenstadt-Händler sind von der großen Stadt-Unterstützung begeistert, das Müritzfest ist endlich mehr als Grapsch-Stände und Fressbuden, am Bahnhof müssen Reisende nicht mehr in Container-Klos die Luft anhalten, die einheimischen Unternehmer fühlen sich verstanden, Anwohner der B 192 können bei geöffnetem Fenster schlafen, und auch sonst sind die Behauptungen, dass Waren seit Jahren still steht, völlig aus der Luft gegriffen…
Alles Themen, über die man beim „Wort zum Sonntag“ sprechen könnte. Es sei denn, man hat in dieser Stadt einfach nichts mehr zu sagen.

                                                                                                                                              Antje Rußbüldt-Gest

 

Fotos: Screenshots Facebook-Seite Norbert Möller


11 Antworten zu “Meinung/Glosse: Der Bürgermeister und sein Social Media”

  1. Ich sagt:

    Danke Antje. Du sprichst vielen, sehr vielen Einwohnern aus tiefster Seele. Mach bitte weiter so. 👍

  2. Beate sagt:

    Ganz große klasse dieser Beitrag. Auf den Punkt gebracht! In Waren passiert unter Herrn Möller nur sehr wenig. Wir waren mal eine Vorzeigestadt. Das sind wir aber schon lange nicht mehr. Schade, daß wir keinen neuen Bürgermeister wählen im Juni.Er sitzt nur noch seine Zeit ab. Zum großen Schaden für Waren und seine Einwohner! Warum nimmt er nicht freiwillig seinen Hut?

  3. W.H. sagt:

    Beate, einmal den Job ergattert, läßt man den doch nicht mehr los schon allein wegen der fälligen Pension. Die Warener SPD Abgeordnete ist nur durch ihr knappes Kleid und der anschließenden Entrüstung, in den Köpfen geblieben, sonst habe ich nie wieder etwas von ihr gehört.

  4. Rapunzel sagt:

    Es ist schon erschreckend, dass „nur“ der Bürgermeister dafür verantwortlich ist, was alles nicht funktioniert. Man kann von ihm halten was man möchte, allerdings hat er nicht die „Macht“ all die genannten Punkte allein zu entscheiden. Wie oft wurden Themen durch einzelne Stadtvertreter in die Länge gezogen, kaputt geredet oder komplett blockiert. Die Bürgerbeteiligung wird mitunter von einzelnen Stadtvertretern gar nicht erst ermöglicht oder behindert. Vielleicht sollte dies mal in einer Ihrer „Glossen“ thematisiert werden.

  5. Berger sagt:

    Viele Warener hoffen , dass er bald nichts mehr zu sagen hat .

  6. ABC sagt:

    Christian Lindner sagte doch, dass man „Totalverweigerern“ die Leistungen kürzen soll, oder?

  7. Für den in diesem Artikel praktizierten Journalismus kann ich nur sagen: Chapeau!

    Für die angesprochenen Themen: da scheint vieles auf das „endlich angefasst und abgearbeitet werden“ zu warten.

    Für die Rollenbesetzung des Bürgermeisters, also des Meisters der Bürger: Das Benennen der anzugehenden Dinge ist der erste Schritt. Folgen diesem keine strukturierten, durchdachten, evaluierte weitere Schritte mit klarem Ziel UND (!) Strategie ist jede(r) eine Fehlbesetzung.

    Kann man nicht alleine schaffen. Braucht es viele. Ein Team um den Meister der Bürger.

    Und dafür muss man selbst aktiv werden, sonst wird sich gar nichts ändern.

    Also los Leute! Macht Vorschläge zur Lösung irgendeines dieser Probleme! Werdet aktiv! Bringt euch ein! Verhakter euch wie ein Bürgermeister, der ein Meister der Bürger ist.

  8. heinzi sagt:

    Dieser Bürgermeister muss weg,

  9. toberg sagt:

    @ heinzi6. Mai 2024 um 16:30 Uhr
    >“Dieser Bürgermeister muss weg“

    1. wurde der Bürgermeister ja von Bürgern mal mit Mehrheiten gewählt
    2. kann man einen Bürgermeister auch mit demokratischen Mitteln vor Ablauf der Amtszeit abwählen
    3. Der Bürgermeister ist „nur“ ausführende Kraft der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung. Er ist ein Amtsleiter. Das sollte er beherrschein und als Bürgermeister hier und da auch konstruktive Ideen einbringen. Was im Stadtparlament nicht beschlossen wurde, kann auch der beste Bürgermeister nicht von sich aus durchsetzen.
    Wenn es keine Schwimmhalle in Waren gibt, haben das die Stadtverordneten nicht beschlossen. Wenn es keine modernen Schulen in Waren gibt, haben die Stadtverordneten das bisher noch nicht beschlossen bzw. Gelder dafür locker gemacht.

    Alsbald sind auch Kommunalwahlen. Wird da in Waren nicht auch ein neues Stadtparlament gewählt? Hier bitte dann auch die nächsten Entscheidungsträger wählen, die dem Bürgermeister sagen, wo und wie was lang geht.

  10. @toberg: „Alsbald sind auch Kommunalwahlen. Wird da in Waren nicht auch ein neues Stadtparlament gewählt? Hier bitte dann auch die nächsten Entscheidungsträger wählen, die dem Bürgermeister sagen, wo und wie was lang geht.“ Do that please!!!!

  11. Willy sagt:

    Ganz genau so.

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