Fall Alt Rehse: Anwalt scheitert mit Haftbeschwerde und wendet sich an Bundesverfassungsgericht

13. November 2018

Die Bewohner von Alt Rehse müssen weiter damit rechnen, dass Axel-Ingo G., der seine Lebensgefährtin 2016 in seinem Wohnhaus, der früheren Gaststätte Rethra, gefesselt sterben ließ, einmal wieder auftaucht. Und er war sogar schon da. Nach Informationen von „Wir sind Müritzer“ lässt der Anwalt des 53-Jährigen nichts unversucht, dass Axel-Ingo G. nach mehr als zwei Jahren wieder aus der Haft freikommt, bevor der Prozess neu starten kann.

Der Fall hatte zuletzt vor zwei Monaten wieder für Schlagzeilen gesorgt. Der Revisionsprozess gegen den Mann aus Alt Rehse, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war, war geplatzt. Das Landgericht schätzte zum Abschluss nach monatelangen Verhandlungen noch ein, dass von dem Angeklagten keine Gefahr ausgeht und er auch nicht fliehen werde – und setzte den Haftbefehl aus. Das sorgte für Verunsicherung in Alt Rehse – und darüber hinaus.

Axel-Ingo G. zog in ein Dorf südlich von Neubrandenburg zu seiner derzeitigen Lebensgefährtin und habe sich regelmäßig gemeldet, wie der Anwalt Stefan Tabbert mitteilte. Einmal sei er auch in seinem Haus – der alten Gaststätte – gewesen. Insgesamt ziehe ihn aber kaum etwas nach Alt Rehse. Prozessbeobachter schätzen ein, dass sich Axel-Ingo G. vor allem vor Gericht „rehabilitieren möchte.“ Deshalb werde er nicht fliehen. Er habe auch Arbeit in Aussicht gehabt. Seine derzeitige Lebensgefährtin, die aus Süddeutschland stammen soll,  sei wegen des inzwischen „ungerechtferigt hohen öffentlichen Drucks aber wieder weggezogen.“

Denn die Entlassung in Freiheit wurde nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom Oberlandesgericht schnell rückgängig gemacht. Ein Spezialtrupp Polizei nahm den 53-Jährigen wieder fest. Nun sitzt Axel-Ingo G. in Bützow ein, unter deutlich schlimmeren Umständen, als vorher in Neubrandenburg und in der forensischen Klinik in Ueckermünde.

So hat Anwalt Stefan Tabbert erst mit einer Haftbeschwerde versucht, dass der Computerfachmann wieder auf freien Fuß kommt. Das Oberlandesgericht Rostock kenne den Mann ja gar nicht, sagte er. Die Haftbeschwerde wurde vom Landgericht Neubrandenburg aber abgelehnt. Man habe gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes kaum Spielraum, will den Revisionsprozess aber möglichst schnell im Dezember auch wieder neu starten, hieß es.

Doch Tabbert lässt nicht locker. Nun wurde Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Begründung: Der Beschuldigte sei bereits seit Frühsommer 2016 in Haft. Damit hätte er fast die Hälfte der insgesamt fünf Jahre – die Strafe aus dem ersten Prozess – schon abgesessen. Das gilt als unüblich hoch für einen bisher strafrechtlich nicht belasteten Mann und „Erstverbüßer“.

Rechtsexperten schätzen ein, dass die Strafe bei einem Revisionsprozess auf jeden Fall nicht höher als fünf Jahre sein wird. Der Bundesgerichtshof hatte ja angeordnet, dass geprüft werden muss, ob Axel-Ingo G. zur Tatzeit vielleicht auch psychisch so krank war, dass er nihct nur „vermindert“ wie bisher gedacht, sonden „ganz schuld- oder steuerungsunfähig“ war. In dem Fall könnte inzwischen sogar eine Freiheitsstrafe festgelegt werden, deren Restzeit dann zur Bewährung ausgesetzt wird.

Im Haus des Mandanten von Tabbert in Alt Rehse hatten Polizisten 2016  eine zum Teil bereits verweste Leiche gefunden. Sie waren wieder einmal wegen einer Ruhestörung gerufen worden. Die Tote war in Decken gewickelt auf eine Sackkarre geschnallt und soll etwa zwei Monate vorher gestorben sein. Untersuchungen ergaben, dass es sich um die 32 Jahre alte Frau aus Rheinland-Pfalz handelte, die durch eine Kuppelshow bei Sat.1 bekannt geworden war. Beide hatten sich über das Internet kennengelernt. Am Ende des ersten Prozesses hatte Axel-Ingo G. nach langem Schweigen doch noch bedauert, dass er seine Lebensgegfährtin habe sterben lassen.


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