Ganzheitliche Anti-Mobbing-Strategie für Schule in MV

20. Mai 2021

Mecklenburg-Vorpommern stärkt die Präventionsarbeit gegen Gewalt und Mobbing an den Schulen und legt dafür eine ganzheitliche Strategie vor. Eine neue Handreichung „Kein Platz für Mobbing!“ gibt Lehrkräften, Schülern und Eltern wichtige Hinweise an die Hand. Sie zeigt auf, wie Mobbing im Schulalltag erkannt werden kann, wie Schulen dem vorbeugen können und liefert praktische Hilfestellung zum Umgang mit Gewalt- und Mobbingvorfällen in der Schule. Gleichzeitig schafft das Land mit Mitteln aus dem 200-Millionen-Euro-Schulpaket neue Unterstützungsstrukturen, die mit einer Leitstelle für die Ersthilfe bei Vorfällen und mobilen Teams für die Intervention vor Ort konkrete Hilfe für die Schulen zur Verfügung stellen. Bildungsministerin Bettina Martin hat die Anti-Mobbing-Strategie in dieser Woche im Kabinett vorgestellt.

„Mobbing ist kein Kavaliersdelikt. Mobbing ist eine Ausprägung der psychologischen Gewalt, die nicht nur für die betroffenen Schülerinnen und Schüler, sondern auch für das gesamte Umfeld furchtbar ist. Mobbing in der Schule darf kein Tabu sein und wenn Mobbing auftritt, darf das nicht unbeantwortet bleiben. Wichtig ist eine Strategie des Hinschauens“, sagte Bildungsministerin Bettina Martin. „Mit der fortschreitenden Digitalisierung ist es leider für viele zum Alltag geworden, online persönlich angegriffen und beleidigt zu werden – nicht selten anonym und für alle öffentlich sichtbar. Diese Entwicklung macht auch an unseren Schulen nicht halt: Wo früher verbale oder gar physische Übergriffe vor allem auf dem Schulhof zu beobachten waren, verlagert sich die psychologische Gewalt nun in das Internet“, erläuterte Martin.

Für fairen menschlichen Umgang

Die Handreichung nimmt diese gesellschaftliche Entwicklung auf und liefert umfangreiche Informationen zum Phänomen und der schwerwiegenden Folgen von Mobbing. Sie liefert eine klare Definition zu Mobbing und hilft damit, das Phänomen zu erkennen. Außerdem werden konkrete Schritte aufgeführt, wie Mobbing vorgebeugt bzw. beendet werden kann. Darüber hinaus liefert die Handreichung wichtige Informationen zu Unterstützungs- und Fortbildungsangeboten auf Landes- und Bundesebene. Enthalten sind zudem Anti-Mobbing-Aktivitäten für Schulen in weiteren Ressorts der Landesregierung wie dem Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung und dem Ministerium für Inneres und Europa. Die Handreichung listet zudem Angebote von Vereinen und Institutionen auf. Außerdem wurden Mobbingleitfäden anderer Bundesländer ausgewertet und einbezogen.

„Schulen sind Orte, an denen Kinder und Jugendliche ein soziales Miteinander und einen fairen menschlichen Umgang lernen und einüben sollen. Dabei haben Mobbing und Gewalt nichts zu suchen“, betonte die Bildungsministerin. „Lassen Sie uns gemeinsam genauer hinschauen und mithelfen, dass alle Kinder und Jugendlichen ein Umfeld erleben, das ihre Entwicklung positiv gefördert und sie dabei unterstützt werden, zu starken und selbstbewussten Menschen heranzuwachsen. Die Handreichung ist ein wichtiges Instrumentarium, dieses Ziel zu erreichen. Wir setzen damit auch einen landesweiten Standard, um insbesondere Lehrkräfte besser im Umgang mit Mobbing und in der Präventionsarbeit zu unterstützen“, sagte Martin.

Anti-Mobbing-Strategie im Überblick:

Raus aus der Tabuzone
Die Handreichung „Kein Platz für Mobbing!“ gibt Lehrkräften grundlegende Informationen zum Thema Mobbing/Cybermobbing, zu Definitionen, Begriffen, Erscheinungsformen und Merkmalen von Mobbing. Unterschiedliche Rollenverteilungen im Mobbingprozess und der charakteristische Ablauf von Mobbingprozessen werden beleuchtet sowie Vorurteile dargestellt. Lehrkräfte erhalten Hilfestellung, wie sie Mobbing erkennen, wie Mobbing abläuft und was sie dagegen unternehmen können.

Leitprinzipien zur Erarbeitung eines Schutzkonzeptes
Die Handreichung zeigt Schulen Schritte zur Erarbeitung eines Schutzkonzeptes oder Maßnahmenkatalogs zur Prävention und Intervention gegen Mobbing auf. Ein Schutzkonzept oder ein Maßnahmenkatalog gegen Mobbing erleichtert allen Beteiligten den Umgang mit Mobbing und schafft Verbindlichkeit. Das neue Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet alle Schulen, den Schutz vor sexualisierter Gewalt und Mobbing im Schulprogramm festzuschreiben (§ 39 a Absatz 2).

Rechtliche Grundlagen
Die „Verwaltungsvorschrift für den Umgang mit Notfällen an den öffentlichen Schulen Mecklenburg-Vorpommerns“ bildet auch für den Umgang mit Mobbing eine rechtliche Grundlage. Danach sind öffentliche Schulen verpflichtet, Notfälle der zuständigen Schulbehörde sowie dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur umgehend zu melden. Die Meldebögen sind unter besonderer Berücksichtigung der Kategorie „Mobbing“ überarbeitet worden und gelten bereits seit 1. Februar 2020. Alle gemeldeten Vorfälle werden in der obersten Schulaufsicht zur Kenntnis genommen, schulaufsichtlich und (sofern angezeigt) schulpsychologisch begleitet.

Pädagogische Intervention
Lehrkräfte haben eine entscheidende Verantwortung bei der Lösung von Mobbingfällen in ihrer Klasse und in ihrer Schule. Diese Verantwortung nehmen sie im Rahmen ihrer pädagogischen Intervention wahr. Anderes pädagogisches Personal und Fachpersonal kann und sollte dabei unterstützend mitwirken. Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendämtern zählt dazu. Programme, Methoden und Ansätze wie Mediation sowie polizeiliche und juristische Schritte sind möglich.

Hilfreiche Materialien und Anleitungen
Die Handreichung „Kein Platz für Mobbing!“ enthält eine Zusammenstellung von Fragebögen, Tests, Gesprächsleitfäden, Dokumentationsvorschlägen und Gestaltungshinweisen für schulinterne Lehrerfortbildungen (SchiLf), eine Klassenmediation, Muster für Klassenregeln, Anti-Mobbing-Vereinbarungen oder eine Elterninformation. Diese Unterlagen sollen Lehrkräfte unterstützen und handlungssicher machen.

Unterstützung durch fachliche und außerschulische Partner
Schulpsychologen, zuständige Schulräte und Schulrätinnen für Gewaltprävention sowie Gesundheitsbeauftragte in den Schulämtern können beraten und weiterhelfen. Außerdem baut das Land derzeit die Arbeit des Zentralen Fachbereichs für Diagnostik und Schulpsychologie (ZDS) aus. Über das 200-Millionen-Euro-Schulpaket stehen Mittel für 36 neue Stellen zur Verfügung. Eine zentrale Leitstelle mit Sitz im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur soll eingehende Anfragen der Schulen sofort aufnehmen, eine psychologische Erstversorgung sicherstellen und weiterführende Hilfe vermitteln. Zusätzlich wird es mobile schulpsychologische Teams geben, die bei akuten Problemen umgehend vor Ort unterstützen.

Lehrerfortbildungen
Fortbildungen sind ein wesentlicher Baustein, um Mobbing an Schulen entgegenzuwirken. Lehrkräfte und andere schulische Fachkräfte werden zu Hintergründen und Ausprägungen von Mobbing geschult, erhalten Methoden und Informationen zum Umgang mit Mobbing an die Hand und werden in Übungssituationen in ihrer Handlungskompetenz und Handlungssicherheit gestärkt. Das Institut für Qualitätsentwicklung (IQ M-V) bietet dazu regelmäßig zentrale Fortbildungsveranstaltungen an.

Projekte und Initiativen
Die Handreichung führt viele Projekte und Initiativen der Mobbingprävention auf und macht Lehrkräften viele Vorschläge, wie sie diese Angebote in den Unterricht oder das Schulleben integrieren können. Zudem nennt die Handreichung alle wichtigen Ansprechpartner.


4 Antworten zu “Ganzheitliche Anti-Mobbing-Strategie für Schule in MV”

  1. Betroffene sagt:

    Das ist seit Jahrzehnten überfällig. Wir erlebten das am eigenen Leib vor Jahren und nicht einmal das Jugendamt half uns damals, als ich dort um Hilfe bat. Ich hörte von dort nie wieder was. Nur die Klassenlehrerin sagte mir, dass das Jugendamt sich dort gemeldet hatte und sie hätte gesagt, sowas gibt es an der Schule nicht. Aber unser Kind litt ungemein und wir haben es letztendlich von der Schule nehmen müssen. Kinder zerbrechen daran völlig und haben jahrelang gelitten, bevor sie sich offenbaren und selbst dann ist es ein schwerer Kampf dagegen.

  2. Stefan sagt:

    Das ist ja alles ganz nett, aber solange es Eltern gibt, denen das Verhalten ihrer Sprösslinge egal ist, oder die absolut kein Einsehen haben was die Auswüchse dieser betrifft („Mein Kind macht sowas nicht.“), wird da keine Kampagne der Welt was retten.
    Und auch die Lehrkräfte müssten vielmehr in die Verpflichtung genommen werden. Es ist manch einem „Pädagogen“ herzlich egal was sich in seinem Klassenzimmer abspielt bzw. viel zu anstrengend sich damit zu beschäftigen.
    Ich kenne einen Fall indem den Eltern des gemobbten Kindes ans Herz gelegt wurde die Schule zu wechseln.
    Leider kein Einzelfall und definitiv nicht die Ausnahme.
    Bis es also keine ernsthaften Konsequenzen für alle Beteiligten gibt wird sich auch nicht viel tun.

  3. Simon Simson sagt:

    Stefan, das mit dem Schule wechseln, ist manchmal nicht mehr zu vermeiden, wenn das Kind nicht noch weiter geschädigt werden soll. Für Experimente bleibt oft kein Raum. Ein gemobbte Kind kann unbewusste Verhaltensweisen haben, die es den zentralen Tätern, eben auch noch Kinder, leicht machen, massenhaft Verbündete zu finden. Das ist dann an derselben Schule oft nicht mehr rückgängig zu machen. Manchmal beteiligen sich sogar Lehrkräfte an dem Mobbing, wenn auch nicht direkt, aber mit leicht negativem Unterton wegen unterbewusstem nicht-Mögen. Verheerend. Wie es ist, es bei einem Lehrer schwer zu haben, wissen wir alle. Im Zuge eines Schulwechsels kann das Kind fachkundig unterstützt oder wenn nötig, sogar therapiert werden. Ich kenne aber Beispiele hier in Waren, bei denen beim kleinsten Mobbinggeschehen vom Lehrkörper nachhaltig durchgegriffen wurde. Engagierte Pädagogen wissen: Es ist wie eine Kettenreaktion. Dabei gibt es keine Zeit zu verlieren, sonst ist das Ende dramatisch.

  4. A. G. sagt:

    Total sinnlos… Wenn nicht mal die Lehrer zusammen arbeiten… Alles unter den Tisch gekehrt wird… Die Klassenlehrin alles versucht… Doch weder von Eltern noch der Leitung Unterstützung kommt… Das ganze Schulsystem in MV ist eine Katastrophe… Und nichts darf in Arbeit ausarten… Und die heutige Gesellschaft ist doch nur egoistisch… Hilfe, Einsicht oder zusammen arbeiten für das Wohl der Kinder… Absolute Wunschvorstellung… Und es kommt nur noch darauf an was man hat und nicht wer man ist… Und das wird schon anerzogen… Da kann man Weiterbildungen soviel machen wie man will es wird sich nichts ändern… Viele Eltern sollten erstmal erzogen werden…