Ein tragischer Nachmittag im Warener Volksbad

26. Juni 2022

Ein unbeschwerter Sommertag endet in einer Tragödie: Am Warener Volksbad haben sich heute Nachmittag dramatische Szenen abgespielt. Badegäste entdeckten plötzlich eine Frau leblos mit dem Gesicht im Wasser treibend. Die anwesende Rettungsschwimmerin war sofort zur Stelle, zog die Frau ans Ufer und begann mit der Reanimation. Notarzt und Notfallsanitäter übernahmen wenig später. Doch für die 67-Jährige kam leider jede Hilfe zu spät. Und während ganz viele Helfer – DRK, Notarzt, Wasserwacht, Rettungsschwimmer und Feuerwehr – fast zwei Stunden lang mit vereinten Kräften um das Leben der Frau kämpften, ging der Badetrubel ringsherum fröhlich weiter. Teilweise sehr dicht am Ort des Geschehens. Zwar haben zunächst andere Badegäste die Rettungsaktion mit ihren Handtüchern abgeschirmt, doch immer wieder versuchten Schaulustige dichter an das Geschehen heran zu kommen – teilweise vom Wasser aus. Letztendlich rückte Warens Feuerwehr mit Sichtschutz an. Aber auch das störte einige nicht.
Deshalb an dieser Stelle ein paar persönliche Eindrücke.

Sonntag, mehr als 30 Grad im Schatten – hunderte tummeln sich im Volksbad. Dann der Notfall, der sich schnell herum sprach und natürlich Neugierige immer dichter zog. Zugegeben, räumen lassen kann und muss man so ein großes Freibad sicher nicht. Doch was jeder einzelne kann: Respekt zeigen! Muss man direkt neben dem Rettungswagen auf der Badedecke liegen, rauchen, essen und neugierig beobachten, was da um einen herum passiert? Muss man mit gezücktem Handy die Retter während der Reanimation fotografieren? Muss man solange warten, bis man von anderen Menschen dazu aufgefordert wird, endlich ein Stück wegzugehen?

Bevor jetzt entsprechende Bemerkungen kommen – Ja, wir waren vor Ort. Beruflich. Wir haben uns zurückgehalten, konnten das, was um die vielen Einsatzfahrzeuge herum passierte, aber gar nicht fassen. Da versuchen erwachsene Menschen, denen man eigentlich mehr Grips zutrauen sollte, vom Wasser aus doch noch einen Blick auf die unermüdlich um das Leben der Frau ringenden Helfer zu werfen. Sie nähern sich schwimmend oder sogar auf dem Standup-Board. Da setzt man sich in die Hocke, um Fotos oder Videos unter den Tüchern hindurch mit dem Handy zu machen. Und immer wieder Grüppchen, die sich Schritt für Schritt „anschleichen“.

Die Retter forderten zur Unterstützung schließlich Warens Feuerwehr an. Und damit kommen wir zu positiven Bemerkungen dieses Einsatzes, die es trotz der Dramatik gibt. Innerhalb kurzer Zeit eilten Retter verschiedener Organisationen zum Volksbad – alle, um das Leben der Frau zu retten. Neben der Rettungsschwimmerin, dem Rettungsdienst und dem Notarzt auch die DRK-Wasserwacht, die Feuerwehr mit drei Fahrzeugen und die Polizei. Sie alle waren da, um EIN Leben zu retten. Sie alle gaben ihr Bestes. Ein beruhigendes Gefühl, wenn man weiß, dass im Notfall so viele Helfer zur Stelle sind.
Warens Feuerwehrleute kümmerten sich zunächst um professionellen Sichtschutz, der leider nötig war, sie besorgten Getränke für die Sanitäter, die in der glühenden Sonne bei der Reanimation körperlich an ihre Grenzen gingen. Kurzerhand borgten sie sogar einen Sonnenschirm von Badegästen aus, ehe sie einen Pavillon organisierten. Selbst bei der Reanimation halfen die Feuerwehrleute. Hochachtung!

Eine Angehörige der verstorbenen Frau, die alles mit ansehen musste, ist ebenfalls medizinisch versorgt worden. Und sie hatte Menschen um sich, die sie liebevoll in den Arm nahmen, sie trösteten und nicht alleine ließen. Ein Notfallseelsorger wurde angefordert. Die genauen Umstände des Unglücks müssen noch geklärt werden.

Ein Nachmittag am Volksbad, der schön werden sollte, aber schrecklich endete.


8 Antworten zu “Ein tragischer Nachmittag im Warener Volksbad”

  1. Uns Uwe sagt:

    Leider hat man solche Schaulustigen Vollidioten immer dabei. Eben nichts im Kopf.

  2. Robert Warta sagt:

    Die sensationslüsternen Schaulustigen sollte man erfassen und zu Arbeitsstunden im Hospiz verdonnern. Unglaublich.

  3. Birgit Gest sagt:

    Im. Moment weint auch der Himmel, mein tiefstes Mitgefühl ??SN23

  4. Groß, Martina sagt:

    Die Gaffer müssten sofort raus gejagt werden und vorm Zaun eine saftige Geldstrafe bekommen oder sozialen Dienst leisten. Mein Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.

  5. Kathleen sagt:

    Leider nehmen solche „Gehirnlosen“ Mitmenschen immer mehr zu. Bin dafür, dass die Gaffer gefilmt und zur Schau gestellt werden, mit Gesichtserkennung.

  6. Anonym sagt:

    Danke für den wertschätzenden Artikel.

    Würde gerne noch ein Lob und Würdigung den Badegästen aussprechen die Zivilcourage gezeigt haben und vor Eintreffen der Rettungskräfte die Szene mit ihren eigenen Strandtüchern abgeschirmt haben.
    Diese Menschen werden leider zu wenig beachtet bei solch dynamischen Ereignissen.

  7. Michael Mundt sagt:

    Neugier ist eine Eigenschaft, die wir alle in uns tragen und die uns für gewöhnlich sogar antreibt unser Wissen zu erweitern. Gern bewundern wir die kindliche Neugier, die den meisten von uns beim Erwachsenwerden leider irgendwann verloren geht.

    Die permanente Verfügbarkeit von Bild- und Videoaufzeichnungsgeräten in Form von Mobiltelefonen hat Neugier in den letzten Jahren aber immer mehr zur Sensationslust verkommen lassen. Eine spektakuläre Schlagzeile ohne das dazugehörige Bild fühlt sich mittlerweile unvollständig an. Die großen schlagzeilenträchtigen Tageszeitungen werben mittlerweile ihre Leser zu Leser-Reportern an und versprechen ihnen für „IHR exklusives Foto oder Video bis zu 250 Euro zu zahlen“. Die Aussicht auf leicht verdientes Geld und etwas Ruhm lässt viele von uns Grenzen überschreiten, die eigentlich unstrittig sein sollten.

    Wenn wir uns über Gaffer und Schaulustige beklagen, dann ist das absolut legitim, aber neigen wir nicht alle dazu die Fotos und eventuell Videos von solchen Szenen ausgiebig zu begaffen, wenn sie uns in sicherer Anonymität zur Verfügung stehen? Wenn sie uns dann noch begleitend zu jeder spektakulären Schlagzeile präsentiert werden, hat sich eine neue Normalität der Berichterstattung herausgebildet, die womöglich eine Ursache solcher bedauerlicher Szenen sein kann.

    Bevor wir uns zu sehr über die anderen Gaffer und Schaulustigen empören, sollten wir auch uns selbst hinterfragen, wie viel davon doch tatsächlich auch in uns steckt. Schaffen wir es selbst noch dem Drang sensationslüsterne Bildern und Videos anschauen zu wollen ganz bewusst zu widerstehen? Oder würden wir uns sogar dabei ertappen enttäuscht zu sein, wenn uns eine spektakuläre Schlagzeile ohne das dazugehörige spektakuläres Foto unterkäme?

    Vielleicht käme es ja weniger zu solchen bedauerlichen Szenen, wenn gezielt Bilder solcher oder ähnlicher Ereignisse nicht mehr gezeigt würden? Aber wahrscheinlich lassen sich viel mehr Argumente für das Weitermachen finden, während wir uns weiterhin über damit verbundenen Symptome aufregen.

  8. Kathleen sagt:

    Gaffer vermehren sich auch ohne Dokumentationen. Neugier sollte sich tatsächlich ein jeder bewahren, denn dadurch werden Lernprozesse angetrieben und die Neugier verlangsamt das Altern. Gaffern fehlt ein rechtsbewusstes Handeln, haben kein Verantwortungsgefühl und sie leiden unter Wahrnehmungsstörungen. Das sind nur Syntome. Die Ursachen liegen in unserer Gesellschaftform.