Jahresbilanz: Ausbildungsmarkt in der Seenplatte
Von Oktober 2020 bis September 2021 haben sich insgesamt 1.302 Jugendliche bei der Neubrandenburger Arbeitsagentur, den beiden Jobcentern im Landkreis und im JugendserviceMSE gemeldet und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz beraten lassen. Das sind 160 oder 11 Prozent weniger als im letzten Jahr. Im gleichen Zeitraum wurden 1.737 Lehrstellen gemeldet. Das sind 1 oder 0,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Aktuell sind noch 79 Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Demgegenüber stehen noch 194 freie Ausbildungsstellen; 19 weniger als im Vorjahr. Die rechnerischen Chancen auf eine Ausbildung haben sich damit gegenüber dem Vorjahr verbessert: Bis September 2021 gab es rechnerisch 435 mehr gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen als gemeldete Bewerber.
„Trotz Pandemie haben die Unternehmen an ihrem Ausbildungsengagement festgehalten und sogar mehr Ausbildungsplätze angeboten. Auf der anderen Seite gibt es viele unbesetzte Lehrstellen. Den Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Die zentrale Herausforderung bleibt, die angebotenen Ausbildungsplätze und die Ausbildungswünsche in Einklang zu bringen. Insgesamt stehen genügend Angebote zur Verfügung, um allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen einen Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen“, so bilanziert Agenturchef Thomas Besse.
Damit waren für junge Menschen die Chancen selten so gut wie jetzt. „Allerdings“ – so Besse weiter – wird es für Unternehmen zunehmend schwieriger, Auszubildende zu finden.“
Besse betont: „Der aktuelle Bewerberrückgang hat nichts mit einem sinkenden Interesse junger Menschen an einer beruflichen Ausbildung zu tun. Vielmehr gehen wir davon aus, dass viele Meldungen unterblieben sind, weil die gewohnten Zugangswege zur Berufsberatung, z. B. über die Kontakte in der Schule eingeschränkt waren und durch digitale Angebote nicht vollständig ersetzt werden konnten. Darüber hinaus vermuten wir, dass sich auch ein Teil der jungen Menschen in der aktuellen Lage vom dualen Ausbildungsmarkt zurückgezogen hat und von vornherein auf Alternativen wie weiteren Schulbesuch oder ggf. ein Studium ausgewichen ist. Insgesamt lässt sich einschätzen, dass die Corona-Pandemie den jungen Menschen die Berufsorientierung und die Suche nach einem Ausbildungsplatz erschwert hat.“
Auch die zunehmende Studierneigung der Abiturienten lässt die Bewerberzahlen – für eine Ausbildung – zurückgehen. „Der Anteil der Jugendlichen, die einen höheren Schulabschluss machen möchten, wächst seit Jahren beständig“, stellte der Agenturchef fest. „Das Studium wird für immer mehr Jugendliche zum Ziel. Ich rate unseren Jugendlichen, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Für die einen ist das Studium das Richtige, für die anderen die Berufsausbildung.“
40 Prozent der Bewerber (522) konzentrieren sich auf die zehn beliebtesten Ausbildungsberufe. „Genau wie vor zehn Jahren interessieren sich die Jugendlichen für die immer gleichen Berufe. Dabei gebe es so viele interessante Ausbildungsberufe – insgesamt weit über 300.
Immer noch eine Chance auf einen Ausbildungsplatz
„Auch die Bewerbenden um einen Ausbildungsplatz müssen mehr Flexibilität zeigen, sowohl was den Wunschberuf angeht, als auch die räumliche Mobilität. Viele Unternehmen haben ihre Anforderungsmerkmale schon deutlich gesenkt und investieren auch in Nachhilfe während der Ausbildungszeit.“ „Es ist allerdings zu befürchten, dass sich Unternehmen, die über Jahre keine qualifizierten Bewerber gefunden haben, aus der Berufsausbildung zurückziehen. Das gilt es zu verhindern“, so Besse
Und weiter: „Mir ist wichtig, dass jeder junge Erwachsene ihre und seine Chance für den Start in die berufliche Zukunft erhält. Dass so viele junge Menschen wie möglich ihren Start ins Berufsleben mit einer Ausbildung beginnen und auf der anderen Seite so viele Lehrstellen wie möglich besetzt werden können. Denn es gibt keine bessere Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel als eine Berufsausbildung. Und nicht zuletzt sind es unsere Unternehmen, die wissen, dass der Nachwuchs, den wir heute nicht ausbilden, der Wirtschaft in wenigen Jahren fehlt. Und darum ist die Ausbildungsbereitschaft auch ungebrochen hoch. Denn: Die eigene Ausbildung ist neben der externen Rekrutierung von Fachkräften über den Arbeitsmarkt auch in der Krise die wichtigste Möglichkeit für Betriebe, ihren Arbeitskräftebedarf zu decken.“
Auf dem Ausbildungsmarkt beginnt jetzt mit dem sogenannten 5. Quartal die in diesem Jahr entscheidende Phase.
Das Ende des Berufsberatungsjahres bedeutet nicht auch das Ende der Vermittlungsaktivitäten. Auch jetzt melden sich noch Jugendliche, die z. B. keinen Studienplatz erhalten haben oder eine weiterführende Schule abbrechen und nun doch eine duale Berufsausbildung anstreben. Gleichzeitig melden auch Betriebe noch freie Ausbildungsstellen für das bereits begonnene Ausbildungsjahr.
„Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass im so genannten „fünften Quartal“ von Oktober bis Dezember eine große Anzahl der derzeit noch unbesetzten Stellen mit Auszubildenden besetzt werden kann und im Gegenzug bislang unversorgte Bewerber einen Ausbildungsplatz oder eine Alternative finden,“ zeigte Besse die Perspektiven auf.
Denjenigen, die noch nicht in der Berufsberatung waren, legte Besse nahe: „Besorgen Sie sich einen (Video-)Beratungstermin. Das geht am schnellsten mit einem kostenfreien Anruf im Service Center der Arbeitsagentur unter 0800 4 5555 00.“ Das Service Center der Arbeitsagentur ist montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 18.00 zu erreichen.