Kunst für den zweiten Blick: Denkmalschutz für DDR-Mosaik

18. Dezember 2022

Manche Kunstwerke erschließen sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick – oder noch später. Das umfangreiche Wandmosaik in der Hochschule Neubrandenburg ist so ein Fall. An drei Seiten eines Schachtes im Inneren des Hauptgebäudes sind 3200 kleine fliesenartige Platten angeklebt, an denen ein Treppenaufgang und die Flure vorbeiführen. Täglich gehen Hunderte dort vorbei – kaum jemand hält inne. Das soll sich nun  ändern: Das Wandmosaik, das mecklenburgische Heimat künstlerisch darstellen sollte,  ist 33 Jahre nach seiner Errichtung unter Denkmalschutz gestellt worden. Es gilt als eines der letzten und authentischen Beispiele für „Kunst am Bau“ in der DDR der achtziger Jahre.

Das ist auch kein Wunder, denn die Bildungseinrichtung war der letzte DDR-Hochschulbau überhaupt. Geplant war der Bau schon ab 1976, gebaut wurde die Pädagogische Hochschule unter Leitung von DDR-Volksbildungsministerin Margot Honecker von 1986 bis 1989, kurz vor dem Mauerfall also. Die in der DDR wenig beliebte Politikerin war zur Eröffnung Anfang Oktober 1989 – also rund zwei Wochen vor dem erzwungenen Rücktritt ihres Mannes Erich Honecker als Staatschef, sogar selbst nach Neubrandenburg gekommen.

Bezeichnung soll folgen

Da Neubrandenburg als Bezirksstadt ein Zentrum Bildende Kunst hatte, wurde dort die künstlerische Gestaltung geplant, auch das Wandmosaik. So bekamen vier Künstler – die Keramikerin Barbara Löffler, Bildhauer Uwe Maroske sowie die Maler und Zeichner Falko Behrendt und Andreas Homburg – den Auftrag. Sie gestalteten die terrakottaartigen Wandfliesen, die durch unterschiedliche Brandzeiten und Materialmischungen verschiedene Farben und Nuancen bekamen.

Wer nun die sechs Seiten mit insgesamt 128 Quadratmeter Fläche betrachtet, stellt schnell fest, dass auf den 18 mal 18 Zentimeter-Fliesen sehr unterschiedliche Motive zu finden sind. Zum einen die Blätter-Motive und -farben von Löffler, die sanft geschwungenen Frauenkörper des Bildhauers Maroske sowie die linear-geometrischen Motive der beiden Maler. Insgesamt sollen sich alle irgendwie zu einem Gesamteindruck vereinen und auch an Backsteinkunst erinnern.

Was fehlt, ist aber immer noch eine Bezeichnung, die jeder, der vorbeikommt, auch wahrnimmt. „Das wollen wir noch ändern“, kündigte Rektor Gerd Teschke an. Es soll in Kürze auch moderne Art der Beschilderung geben. Diese muss dann dafür sorgen, dass das „volkstümlich soziale Kunstwerk dieser Zeit, das kein Propagandawerk mehr war“, etwas genauer erläutert wird. Teschke freut sich auch darüber, dass die Kinder der Keramikerin, die 2018 gestorben ist, in ihrem Nachlass  noch originale Fliesen von damals gefunden und der Hochschule überlassen haben.

Die Hochschule wurde nach 1990 von einer Pädagogischen zu einer Fachhochschule umgewandelt, an der unter anderem Geoinformatik, Soziale Arbeit, Lebensmitteltechnologie, Landwirtschaft und Landschaftsplanung studiert werden kann.


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