Neugierig stellt sich Lelya auf. Sie hat ein Geräusch gehört, das offenbar ihre Aufmerksamkeit erregt. Lelya und ihre Schwester Dasha sind Ende vergangener Woche im Bärenwald Müritz angekommen und erkunden seither ihre neue Heimat. Die beiden Braunbärinnen kommen aus der Ukraine. Dort haben sie bereits seit 2019 im Bärenschutzzentrum der Organisation „Vier Pfoten“ gelebt. Die meiste Zeit ihres Lebens verbrachten die 18 Jahre alten Tiere aber in einem kleinen Betonkäfig an einem Hotelrestaurant, wo sie zur Belustigung der Touristen gehalten wurden. Jetzt haben sie im Bärenwald Müritz ein weitläufiges Zuhause gefunden, in dem sie artgerecht, aber auch mit spannenden Entdeckungen, ihr Leben verbringen können.
„Die 1100 Kilometer lange Fahrt war für die Beiden natürlich anstrengend. Sie waren in speziellen, videoüberwachten Boxen untergebracht, eine Ärztin hat den Transport begleitet“, erzählt Bärenwald-Sprecherin Petra Konermann. Während sich Lelya und Dasha den ersten Tag noch im Stall von der Tour ausgeruht haben, zögerten sich am nächsten Tag nicht lange, als sich das Gitter öffnete. „Sie sind gleich auf Bäume geklettert und im Teich baden gegangen. Die Beiden sind sehr agil und neugierig“, beschreibt Petra Konermann die neuen Bewohner des Bärenwaldes. Auch das große Interesse an ihnen beim gestrigen Pressetermin meisterten sie mit Bravour. Nur hin und wieder scheinen sie bei bestimmten Geräuschen unsicher. Doch sie gewöhnen sich offenbar schnell, auch an die Stimmen ihrer neuen Tierpfleger.
Allerdings ist Lelya nicht ganz gesund. Sie leidet unter Scheinschwangerschaften, die unangenehme Auswirkungen haben können, und unter Hautproblemen. Doch ansonsten machen die Bärinnen einen fitten Eindruck und zeigen ordentlich Appetit. „Sie fressen gut, Möhren genauso wie gekochte Eier“, berichtet die Sprecherin und bittet die Besucher des Bärenwaldes zugleich um Verständnis, dass sie den beiden Neuen noch nicht so nahe kommen können. Nach einer kurzen Eingewöhnung ist aber auch das möglich.
Schreckliche Bedingungen
Dasha und Leyla hatten als „Restaurantbären“ keinen Zugang zu frischem Wasser und keine Beschäftigungsmöglichkeiten. Da die Eigentümer planten, das Gelände nach der Schließung ihres Geschäfts zu verkaufen, war Vier Pfoten von den ukrainischen Behörden gebeten worden, die Bären in fachkundige Obhut zu nehmen.
Restaurantbären werden in winzigen Käfigen in der unmittelbaren Nähe von Restaurants, Bars, Hotels und anderen öffentlichen Freizeit-Einrichtungen zum Anlocken von Besuchern gehalten. In den meisten Fällen wurden diese Bären als Jungtiere aus der Wildnis entnommen und/oder illegal gehandelt, bevor sie in schrecklichen Bedingungen untergebracht wurden. Vier Pfoten engagiert sich seit 1998 für Bären in Not und hat seither 36 Restaurantbären in Europa retten und in den eigenen Bärenschutzzentren und Partnerprojekten unterbringen können. Die Tierschutzstiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die illegale und nicht artgemäße Haltung von Bären in Europa zu beenden und wird sich auch weiterhin für Bären in dieser Haltungsform einsetzen. Der Fokus liegt hierbei auf der Rettung der letzten Restaurantbären in Slowenien und in der Ukraine.
Im Bärenwald Müritz leben jetzt 13 Braunbären, die aus katastrophalen Haltungsbedingungen gerettet wurden. Auf dem 16 Hektar großen Gelände in einem naturbelassenen Wald finden sie hier einen Lebensraum, der ihren Bedürfnissen entspricht, so dass sie ihr natürliches Verhalten wieder entdecken. Die Tiere können sich jederzeit zurückzuziehen und nach Belieben Parkbesucher und Artgenossen aus dem Weg gehen. Viele der Bären haben erst hier zu ihrem natürlichen Verhalten zurückgefunden und sind zum ersten Mal in Winterruhe gegangen.
Wir kennen den Bärenwald von vielen Besuchen. Man sieht den Bären an, dass sie sich dort wohlfühlen. Vielleicht besuchen wir die beiden Neuankömmlinge noch in diesem Jahr. Es ist eine tolle Arbeit, die dort für die Tiere geleistet wird.