Richter bleibt hart: Fahrverbot bleibt – Vorsicht Richtung Stettin

18. Juli 2022

Wer von der Seenplatte zu einem Ausflug Richtung Polen fährt, sollte vor allem in Pasewalk vorsichtig fahren. Auf der Bundesstraße 104 Richtung Stettin wird etwas regelmäßiger als sonst die Geschwindigkeit überprüft und das kann teurer werden als der gesamten Ausflug. Und das Erlebnis im Nachbarland oder das günstigere Tanken oder Einkaufen wiegt diesen Ärger dann auch nicht mehr auf. Das zeigt ein Fall, der dort am Amtsgericht verhandelt wurde. Er zeigt auch, worauf es vor Gericht ankommt, wenn man ein Fahrverbot doch noch vermeiden will. Der Fall betrifft einen Handwerker aus der Region Güstrow/Teterow, der vor einem Jahr mit 88 Stundenkilometern im Stadtgebiet Oststadt Pasewalk – kurz vor dem Ausgang Richtung Osten – geblitzt wurde.
Die Stelle ist Einheimischen bekannt: Die Polizei steht an einer Hecke unweit des Ortsschildes und misst meist Richtung Stadt.

Die Kraftfahrer kommen an einer Tankstelle vorbei einen Berg hinunter, wähnen sich angesichts nicht vorhandener Bebauung schon außerhalb des Ortes und geben reihenweise Gas. Doch das Ortsschild kommt erst später.

Nach Abzug der üblichen Differenz blieben 85 km/h übrig für den Handwerker. Die Bußgeldstelle ordnete Fahrverbot an und verhängte das Bußgeld. Der Fahrer legte Einspruch ein. Vor Gericht erschien nur sein Anwalt. Sein Mandant aus der Einschalungsbranche habe wegen dringender Aufträge nach Hamburg gemusst, sagte der Jurist. Dieser versuchte dann alles: Dem Mandanten tue es sehr leid, er sei auch kein Raser und auf den Führerschein beruflich und privat angewiesen. So müsse er sich um die Eltern, die über 80 seien, auch kümmern.

An jenem Tag im Juni 2021 hatte er einen Auftrag in Pasewalk und musste erst die Baustelle suchen. Als er das Ganze mit Einschalung erledigt hatte, wollte er gegen 11 Uhr nochmal nach Osten fahren und da habe es geblitzt. Etwa 220 Meter vor dem Ortsausgang.

Richter Gerald Fleckenstein hätte die Möglichkeit gehabt, dem Mann das doppelte Bußgeld oder mehr aufzuerlegen und dafür das Fahrverbot aufzuheben. Dafür müsste aber ein bestimmter Aspekt vorliegen. So könne man bei „Augenblicksversagen“ darüber nachdenken, sagte der Richter. Das liege hier aber nicht vor, denn der Mann sei ja schon die ganze Zeit gefahren, ohne größere Probleme.

Der zweite Grund wäre, dass ein Fahrverbot „aus erzieherischen Gründen nicht nötig wäre, weil der Mann ansonsten immer vernünftig fährt und auch die Regeln des Straßenverkehrs verinnerlicht hat.“ Das hätte man überprüfen können –  wenn der Beschuldigte zum Gericht gekommen wäre. So kam er nicht und der Richter blieb beim Fahrverbot.

Der Verurteilte, der sein Einkommen mit 1700 Euro netto im Monat angab,  könne ja in der Zeit auch Urlaub nehmen, hieß es.

Ergo: Vorsicht beim Ausflug insbesondere über die B104 in Richtung Stettin.


Eine Antwort zu “Richter bleibt hart: Fahrverbot bleibt – Vorsicht Richtung Stettin”

  1. Tom sagt:

    Es wird am einer Stelle geblitzt, an der kaum noch Bebauung steht. Eigentlich sind nur an Unfallschwerpunkten oder besonders sensiblen stehen wir Schulen oder Seniorenheimen geblitzt worden, so die offizielle Lesart. Hier erscheint es doch so, dass geblitzt wird, um abzukassieren. Davon unabhängig ist auch klar: wer zu dieser Verhandlung nicht selbst erscheint, verliert seinen Führerschein zurecht. Nicht wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern wegen Dummheit.