Steht die hochwertige Versorgung im „Netzwerk Lunge Müritz“ auf der Kippe?

13. Dezember 2022

Wieder eine „Mindestmengen-Regelung“, die die Versorgung von Patienten in der Müritz-Region gefährden könnte: Ende 2021 beschloss der gemeinsame Bundesausschuss eine Mindestmengen-Regelung für die thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs. Ab 2025 sollen Einrichtungen jährlich mindestens 75 operative Tumor-Entfernungen durchführen, um diese Leistung noch mit den Krankenkassen abrechnen zu können.  „Das stellt eine Bedrohung der Patientenversorgung in ganz Mecklenburg-Vorpommern dar“, so Dr. Wolfram Klemm fest. Der Chefarzt für Thorax- und Gefäßchirurgie im MediClin Müritz-Klinikums erläutert: „Prinzipiell stellt eine Mindestmengenregelung ein sinnvolles Steuerungsinstrument dar, um die Qualität zu steigern. Durch die dünne Besiedlung Mecklenburg-Vorpommerns wird es jedoch kaum möglich sein, die geforderten Zahlen voll zu erfüllen. Bisher hat es nach meinem Kenntnisstand noch kein Krankenhaus in Mecklenburg-Vorpommern geschafft, diese Zahlen zu erbringen. Dies dürfte auch der Grund sein, warum es hier bisher kein einziges zertifiziertes Lungenkrebszentrum gibt.“

Statt der neu festgelegten Mindestmenge verwirklicht die chirurgische Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie des MediClin Müritz-Klinikums bereits seit Januar 2014 eine enge Zusammenarbeit mit der Lungenklinik Amsee und der Evangelischen Lungenklinik Berlin, die ein zertifiziertes Thorax- und Lungenkrebszentrum vorhält. Das Müritz-Klinikum ist außerdem Mitglied im nationalen Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) und im deutschlandweiten Lungenemphysemregister e. V.

„Im Netzwerk Lunge Müritz dürfen wir auf die Erfahrungen und bewährten Strukturen dreier traditionsreicher Kliniken zurückgreifen und haben diese durch ambulante Kooperationspartner ergänzt. Das ermöglicht uns eine umfassende Diagnostik und vielschichtige Therapie aller Erkrankungen der Lunge auf Experten-Niveau nach internationalen Standards. Diese Strukturen sind neben der reinen Anzahl der anatomischen Resektionen zum Erreichen eines hohen Qualitätsniveaus mindestens ebenso wichtig“, erklärt Klemm.

Der Chefarzt fährt fort: „Wir sind qualitativ eng an die vorgegebenen Strukturen gebunden. Wir besitzen eine Teleradiologie, tauschen unser Wissen in gemeinsamen Tumor-Konferenzen aus und halten operative sowie weitere Behandlungsstandards ein. Patienten sowie zuweisende Ärzten haben uns vielfach bestätigt, dass wir eine hervorragende Vor-Ort-Versorgung aller Patienten mit Lungenerkrankungen vorhalten.“

Mit Blick auf die neu beschlossenen Mindestmengen betont Klemm: „Ich halte es für notwendig und sinnvoll, alle vorhandenen Thoraxchirurgien in Mecklenburg-Vorpommern sowie bestehende Netzwerke individuell zu betrachten anstatt rein auf die Regulierung des freien Marktes durch geforderte Mindestmengen zu setzen. Die politisch Verantwortlichen unseres Bundeslandes müssen die landesspezifischen Verhältnisse und die Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigen und dementsprechend regulierend eingreifen, damit auch nach 2025 eine flächendeckende chirurgische Versorgung von Lungenkrebspatienten gewährleistet ist.“

Das Leistungsspektrum des „Netzwerkes Lunge Müritz“ erstreckt sich sowohl operativ als auch konservativ auf sämtliche Lungenerkrankungen und nahezu alle Therapieverfahren. Behandelt werden alle gut- und bösartigen Erkrankungen der Lunge, der Atemwege, des Rippenfells, des Mittelfells, des Zwerchfells und des Brustkorbes, genauso wie Tochtergeschwülste oder Rippenfellergüsse von Tumoren, die ursprünglich nicht von der Lunge ausgingen, sowie Verletzungen der Lunge und des Brustkorbes.


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