Von Vorurteilen gegenüber „Ossis“: Feliks Büttner „trifft“ Ringelnatz in Teterow

20. Mai 2019

Ob wir es wollen oder nicht, es gibt Klischees. Zum Beispiel solche, nach denen „Wessis“ vielfach „Ossis“ bewerten, leider meist immer noch abwerten. Einer der diesem Klischee widerspricht, ist der Maler und Zeichner Feliks Büttner aus Rostock. Und das kann man an seiner Ausstellung „Büttner trifft Ringelnatz“ ablesen, die jetzt unter großem Interesse im Kulturbahnhof Teterow eröffnet wurde. Die Kombination des 79-jährigen Büttner mit dem Dichter Ringelnatz ist „eine stimmige Symbiose aus flotten Strichen des Grafikers und frechen Sprüchen des Dichters“, sagte Galerieleiterin Sylvia Henschel.

Der 79-Jährige ist einem großen Publikum bekannt, weil er hintersinnig, mit Witz und Humor zeichnet – und so auch das Erscheinungsbild der Aida-Kreuzfahrtflotte prägte. Büttner schuf den „Kussmund mit Augen“. Mit diesem Logo reisen Tausende um die Welt, „Wessis“ wie „Ossis“, „Nordis“ wie „Südis“.

Doch zurück zum Klischee: Als die Ausstellung in Teterow angekündigt wurde, war es wieder da. Für Medien, in denen im Westteil Deutschlands Entscheidungen über Berichtsthemen im Osten getroffen werden, hieß es: Ost-Künstler sind ja eigentlich zusammen mit den SED-Machthabern untergegangen. Da braucht man auch nicht mehr größer über sie zu berichten. Wer die westliche Art scheut, PR zu machen, nicht in Talkshows geht, keine Skandale verursacht oder sonst medial auffällt, wird lieber negiert. Lieber über Royals schreiben, heißt da eher das Motto.

Das wollten wir nicht. Dabei wird verkannt, dass ein Großteil der „Ost-Künstler“ schon lange gesamtdeutsch oder gar international denkt und arbeitet. Und das kommt auch „Wessis“ zu Gute. So werden die Aida-Kreuzfahrtschiffe in Niedersachsen gebaut und es fahren „Ossis“ und „Wessis“ als Crew und Betreuer darauf. Und es gibt immer noch enge Verbindungen nach Rostock, wo Aida seinen Sitz hat. Und nach Teterow, wo Künstlern wie Büttner oder Malte Brekenfeld Raum gegeben wird, die die Kunst auf Aida-Schiffen prägen. Auch der Rostocker Wissenschaftler Horst Klinkmann, der lange Jahre die MV-Regierung beriet und großen Anteil am Erfolg der Gesundheitsbranche im Nordosten hat, kam zur Eröffnung. In Teterow beim Medizin-Unternehmen Miltenyi arbeiten auch etliche Müritzer.

Wie Büttner war auch Ringelnatz (1883-1934) eng mit Warnemünde verbunden. Der Dichter, der aus dem sächsischen Wurzen stammt, kam als kaiserlicher Matrose an die Warnow, wo er viele seiner Texte verfasst. Daran erinnert noch heute das Cafe Ringelnatz am alten Strom. Büttner hat nun den Texten „Gesichter“ gegeben. Dem „Komiker“ ebenso wie dem „Liebesnachtwörtchen“ oder den Frauentypen „Sprotte“, „Süße“, „Krasse“ oder „Leiche“. Das Ganze lief unter der Regie eines Verlages, so dass es die Kombination Büttner/Ringelnatz auch gedruckt gibt. „Clowneske Bravourstücke“ oder „Kritisch durchschaute gesellschaftliche Wirklichkeit“, wertet der Kunstwissenschaftler Ulrich Kavka die mehr als 70 Bilder Büttners zu den Texten des Dichters.

Die gesellschaftliche Wirklichkeit will Büttner auch weiter aufs Korn nehmen. „Ich arbeite an einem Plakatprojekt, dass den Titel ‚Reich scheißt auf Arm‘ trägt“, sagte er. Er habe innerhalb einer internationalen Gesellschaft für Plakatschaffende und Künstler etwa 55 Kunstschaffende dazu angesprochen und bereits 40 Antworten erhalten. Man wolle sich der Spaltung der Gesellschaft annehmen, die international zu sehen sei. „Einige haben schon gesagt, dass sie sich mit den Aussagen Donald Trumps befassen wollen.“ Die gesamte Ausstellung soll noch 2019 eröffnet werden – als erstes in Rostock.
Und da wird nicht nach „Ossis“ oder „Wessis“ unterschieden.

In der Teterower Galerie musiziert unterdessen Thomas Putensen. Der Greifswalder Pianist und Sänger improvisiert, spielt unter anderem Manfred Krugs Lieder. Viele Gäste haben ein Lachen auf dem Gesicht, man weiß nicht, ob es von Ringelnatz, Büttner oder den Erinnerungen an Krugs Jazzmusik kommt. Sie begeistert heute noch Ost und West – ohne Vorurteile.


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