Warum der Eisverkauf die Mecklenburger Backstuben gerettet hat

5. April 2016

Torte1In Erinnerungen schwelgen ist eigentlich nicht so sein Ding, doch heute hat Günther Neumann allen Grund dazu: Die Mecklenburger Backstuben GmbH feiert ihren 25. Geburtstag. Und wenn Geschäftsführer Neumann deshalb ausnahmsweise einmal 25 Jahre zurück blickt, fallen ihm mit als erstes die vielen wichtigen Männer mit Hüten, Mänteln und großen Koffern ein, die mit dem Hubschrauber neben dem alten Firmensitz landeten und sich die damalige „Großbäckerei“ einverleiben wollten.
Sie haben das einstige volkseigene Unternehmen nicht bekommen, sondern vier mutige Mitarbeiter, die im April 1991 über das so genannte „Management by out“, die Mecklenburger Backstuben GmbH gründeten. Einer von ihnen war Günther Neumann.

Der 66-Jährige kennt die Mecklenburger Backstuben GmbH, die 1981 als Großbäckerei zur Versorgung des Landkreises gegründet wurde, aus dem FF. Und zwar nicht nur die Führungsetagen, denn im November 1984 startete er seine Karriere zunächst als Lagerarbeiter, nach drei Monaten hatte er aber bereits bewiesen, dass man ihm mehr zutrauen kann – er wurde Leiter Absatz.
„Auch in der Produktion habe ich gearbeitet, Eier aufgeschlagen, Brötchen geformt, und, und und. Meine beiden Töchter, die mit mir gemeinsam in der Geschäftsführung sind, übrigens auch. Wir wissen also sehr genau, was unsere Leute leisten und haben allerhöchsten Respekt vor ihrer Arbeit“, erzählt der Unternehmer.

TorteNach der Wende begann für die Mitarbeiter der Firma zunächst eine sehr unsichere Zeit, denn auch die Banken trauten ihnen ob des fehlenden Knowhows, des nicht vorhandenen Geldes und der veralteteten Technik kaum etwas zu. Also wurden von der Treuhand zunächst Käufer gesucht. Die besagten mit den Hüten und Mänteln.
Darunter beispielsweise auch Vertreter von Coppenrath und Wiese, Interessenten aus Frankreich und der Schweiz. Doch wenn’s ans Bezahlen ging, zerschlugen sich die Geschäfte auch schnell wieder.

Schritt für Schritt statt Fünf-Jahres-Pläne

Also wagten die vier Mitarbeiter den Schritt, übernahmen die Großbäckerei, retten viele Jobs, und gingen zunächst einen ungewöhnlichen Weg, um an Geld zu kommen. „Die Banken wollten Sicherheiten“, so Günther Neumann. Neben der normalen Produktion verkauften die Bäcker fortan Eis, und zwar aus zwei Eiswagen in Waren heraus. „Das lief bombastisch“, erinnert sich der Geschäftsführer. Letztendlich hatten sie damit so viel Geld verdient, um Kredite für Investitionen zu bekommen.

Schritt für Schritt ging’s dann zu dem Unternehmen, das heute mit mehr als 600 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern des Landes zählt, mehr als 60 eigene Backstubencafés in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg betreibt und im Tiefkühlbereich auch ins Ausland, vor allem die skandinavischen Länder exportiert.

„Wir haben aber nicht über Jahre hinweg geplant, sondern sind Schritt für Schritt vorwärts gegangen, entwickelten immer neue Ideen, haben Nischen gesucht und vor allem den Kopf nicht in den Sand gesteckt, wenn mal etwas daneben ging“, verrät der 66-Jährige seine Unternehmensphilosophie, die seine Töchter Kathrin Rossa und Christina Neumann – beide sind heute auch Geschäftsführerinnen – ebenfalls leben. Und nicht zuletzt Bärbel Neumann als „Mutter der Companie“, die nicht nur viele Fäden zusammenhält, sondern auch für das Design der Backstubencafès verantwortlich zeichnet.

Ein Familienunternehmen also, wie es im Buche steht. Und wenn alles klappt, bleibt die Firma auch in Familienhänden. Denn die nächste Generation steht mit Moritz fast schon in den Startlöchern. Zumindest in den schulischen.

Fotos ganz oben: So sah das Firmengelände 1990 aus.
Foto oben links: Blick in die alte Sahnetorten-Produktion
Foto unten: Günther Neumann ist trotz der Größe des Unternehmens ein Firmenchef zum Anfassen.

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