Hat da etwa jemand gekniffen? Der jetzt partei- und fraktionslose Stadtvertreter Jens Becker ist der Stadtvertretersitzung in dieser Woche fern geblieben. Es wäre die erste Sitzung für ihn als Einzel-Stadtvertreter nach seinem Rückzug aus der FDP/MUG-Fraktion gewesen. Und die Mitarbeiter der Verwaltung hatten für ihn auch „eingedeckt“, sprich, ein Einzeltisch stand für ihn bereit. Doch der blieb leer.
Nach Auskunft des Präsidenten der Stadtvertretung Rüdiger Prehn (Linke) hat sich Becker einen Tag vor der Sitzung aus „dienstlichen Gründen“ entschuldigt. Das war dem Präsidenten allerdings zuvor entfallen, denn er hatte den zuständigen Sitzungsdienst nicht informiert und auf eine erste Anfrage zunächst auch erklärt, dass Jens Becker unentschuldigt gefehlt habe.
Zur Erinnerung: Jens Becker, der für die Liberalen in der Stadtvertretung arbeitete, ist im Sommer aus der FDP und der Fraktion ausgetreten. Er ist damit nach Aussage des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ingo Warnke einem Ausschluss zuvor gekommen. Die Fraktion wollte Mitte Juli über den Ausschluss von Becker entscheiden. Bei der Stadtvertretersitzung im Sommer hatte ihn die FDP/MUG-Fraktion bereits aus allen Ämtern abgezogen. Für Jens Becker, der gegen seine Ex-Fraktionskollegen, insbesondere dessen Vorsitzenden Toralf Schnur schwere Vorwürfe erhebt, ist es nicht der erste Parteiaustritt. 2014 kandidierte er noch für die SPD, nach internen Querelen verabschiedete er sich auch dort.
„Die Aussagen des ehemaligen Fraktionsmitgliedes Jens Becker zu seinem Austritt aus der FDP/MUG-Fraktion entbehren jeder Grundlage. Herr Becker hat sich aus Sicht der gesamten Fraktion ganz bewusst für den Austritt entschieden, um dem bevorstehenden Ausschluss zuvorzukommen”, so Ingo Warnke seinerzeit. Becker sei erst rückwirkend – nachdem ihm der drohende Ausschluss bekannt geworden sei – aus der FDP ausgetreten.
Grundlage für den anstehenden Ausschluss sei der Nachweis, dass Jens Becker gegenüber Dritten versucht habe, einzelne Fraktionsmitglieder zu denunzieren, deren Ruf zu schädigen und diese mit Hilfe der Weitergabe von internen Dokumenten anzuschwärzen. Ein solcher Zustand sei für die FDP/MUG-Fraktion nicht hinnehmbar.
Bisher keine Zusammenarbeit mit anderen Parteien
Die Fraktion habe dann einstimmig beschlossen, “die Lügen und Falschaussagen des einstigen FDP-Mannes richtigstellen zu lassen. Mit der Vertretung der Fraktion wurde Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim Radisch beauftragt.“
Jens Becker selbst schrieb öffentlich auf seinem Facebook-Account, dass er sich sehr “für diesen Menschen” schäme und meint damit den Fraktionsvorsitzenden Toralf Schnur. Gegen ihn gab es bekanntlich vor einiger Zeit den Vorwurf der sexuellen Belästigung, eine Anzeige dazu ist bis heute nicht bei der Polizei erstattet worden.
Becker selbst erklärte seinerzeit, dass er Gespräche mit anderen Fraktionen führe, um sich ihnen anzuschließen, denn als Einzel-Stadtvertreter hat er beispielsweise keine Chance, in irgendeinem Ausschuss mitzuwirken. Doch die anderen Parteien scheinen kein großes Interesse an einer Zusammenarbeit zu haben. „Schwer vermittelbar“ ist Becker, stellte deshalb der Nordkurier in dieser Woche fest, nachdem die SPD, die Grünen und auch die CDU erklärt hatten, dass sie keinen Wert auf eine Kooperation legen.
Nur von den Linken, also von der Partei des Stadtpräsidenten, gab es noch kein endgültiges Votum.
Eine Anfrage von „Wir sind Müritzer“, warum er zur Stadtvertretersitzung in dieser Woche nicht erschienen ist, ließ Jens Becker bis gestern Abend unbeantwortet.
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