Nach über 20 Jahren wieder zurück in der Arbeitswelt

10. Juli 2022

Nach über 20 Jahren wieder eine Arbeit – dieser Wunsch ist für Ines T. in Erfüllung gegangen. Möglich gemacht hat das eine Förderung des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd für besonders langzeitarbeitslose Personen. Seit März 2022 ist Ines im Restaurant „per see“ in Feldberg als Küchenhilfe beschäftigt.
Aber warum war sie überhaupt so lange arbeitslos?

Zu DDR-Zeiten hat Ines eine Berufsausbildung als Technikerin Elektrotechnik bei der Post absolviert, nach der Wende aber nie wirklich Fuß auf dem Arbeitsmarkt fassen können. Bereits im September 1990 musste sie sich arbeitslos melden. Auf dem ersten Arbeitsmarkt fand sie nur kurze, befristete Beschäftigungen im Helferbereich und Nebenjobs. Das Jobcenter förderte sie in Arbeitsgelegenheiten und im Rahmen der Bürgerarbeit – alles nur Beschäftigungen auf Zeit und über den 2. Arbeitsmarkt.

Zwischenzeitlich zog Ines T. in den Speckgürtel von Berlin. Seit 2001 pflegte sie zudem den erkrankten Ehemann, und gemeinsam entschieden sie sich, im Oktober 2016 wieder zurück nach Mecklenburg-Vorpommern zu ziehen. Seitdem wurde sie im Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd betreut.

Ihr Mann, den sie lange Jahre aufopferungsvoll gepflegt hat, starb im Frühjahr 2017. Mit dem Verlust des Ehemannes fiel Ines in eine tiefe Lebenskrise und war mit vielen scheinbar alltäglichen Dingen überfordert.

Beim Jobcenter fand sie Hilfe. Ihre Fallmanagerin half bei der Beantragung der Witwenrente und war behilflich bei der Klärung von Wohnungsproblemen mit der Wohnungsgesellschaft. Die Konten mussten nach dem Todesfall umgestellt werden, und um finanzielle Probleme zu lösen, wurde die Schuldnerberatung der Caritas eingeschaltet. Auch bei psychischen Problemen stand die Fallmanagerin beratend zur Seite und knüpfte Kontakte zu externen Beratungsstellen.

Nachdem all das geklärt bzw. in gute Bahnen gebracht war, wurde gemeinsam besprochen, welche Schritte zur weiteren Stabilisierung und Heranführung an den Arbeitsmarkt erforderlich waren. Zu lange hatte Ines T. nicht mehr gearbeitet und zu groß waren die Probleme der jüngeren Vergangenheit. Sie nahm von Februar bis Mai 2019 an der Maßnahme „FiT – Förderung von individuellen Tätigkeiten“ beim Bildungszentrum Nordost in Neustrelitz teil. Die Teilnahme am Kurs tat ihr gut. Allerdings waren ihre eigenintiativen Bewerbungen und die Vermittlungsvorschläge des Jobcenters noch nicht von Erfolg gekrönt.

Inzwischen schrieben wir das Jahr 2020, und das Coronavirus überlagerte alles. So halfen auch in dieser Zeit alle Bewerbungen nichts. Die Betriebe mussten ihr Personal in Kurzarbeit schicken oder sich sogar von langjährigen Mitarbeitern trennen. An eine Einstellung war nicht zu denken.

So blieb Ines T. weiter arbeitslos. Pandemiebedingt waren auch seitens des Jobcenters über längeren Zeitraum keine Aktivierungen in der Arbeitsvermittlung möglich. Die geplante Teilnahme in einem weiteren Kurs zur Heranführung an den Arbeitsmarkt mit psychologischer und sozialpädagogischer Begleitung konnte auch aus Pandemiegründen erst ab November 2021 realisiert werden.

In diesem Lehrgang konnte sich Ines in verschiedenen Bereichen ausprobieren. Sie war schnell gut integriert, und ihre anfänglichen Ängste waren schnell abgebaut. Sie verfolgte während der Teilnahme am Kurs sehr geradlinig ihr Ziel, eine Arbeitsaufnahme zu erreichen. Durch ihre Offenheit und Flexibilität war sie recht breit aufgestellt und konnte sich unterschiedliche Beschäftigungen vorstellen.

Ab Januar 2022 war es ihr möglich, an zwei Tagen pro Woche ein Praktikum in der Gastronomie als Helferin in der Küche zu beginnen. Corona bedingt hatte das Restaurant nur an den Wochenenden geöffnet, sodass das Praktikum jeweils freitags und samstags durchgeführt wurde, wozu Ines  – sehr motiviert – gern bereit war. Die Einschätzung durch den Praktikumsbetrieb fiel nicht zuletzt auch deshalb positiv aus.

Im Gespräch mit dem Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd erklärte sich der Praktikumsbetrieb, das Restaurant „per see“ in Feldberg, bereit, Ines  zum 1. März 2022 in ein über § 16i SGB II gefördertes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. So konnte sie – inzwischen 56 Jahre alt – im geschützten Rahmen wieder eine Beschäftigung aufnehmen.

Ines T. ist sehr froh, dass es eine Fördermöglichkeit gibt, die es Menschen mit vielfältigen Vermittlungshemmnissen wie den ihren ermöglicht, auch nach jahrelanger Arbeitslosigkeit und in fortgeschrittenem Alter auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Ihrem jetzigen Arbeitgeber ist sie für die ihr gegebene Chance sehr dankbar.


3 Antworten zu “Nach über 20 Jahren wieder zurück in der Arbeitswelt”

  1. ABC sagt:

    Wenn diese Frau von 2001 bis 2017 aufopferungsvoll ihren Mann gepflegt hat, dann HAT sie gearbeitet, und nicht zu knapp. Dass sie in irgendeiner Statistik zu den Nichtarbeitenden zählte, den Harzern, die die Gesellschaft aussaugen, ist gelinde gesagt ein Skandal. Durch solche Menschen spart das Gesundheits – und Pflegesystem jährlich MILLIARDEN Euro ein! Während sie selbst in ärmlichen Verhältnissen, und unter der Stigmatisierung des Hartz4 leben müssen, stellen pflegende Angehörige DIE Hauptsäule der Pflege in Deutschland dar!!! Das Pflegegeld ist da eher ein Witz. Zwei Drittel aller Pflegekosten werden in solchen Fällen von den Angehörigen getragen. So jemand sollte nicht angewiesen sein, zum Jobcenter zu „kriechen“, denn deren Art Hilfe ist hinlänglich bekannt und demütigend. Über diesen Boris Becker schreibt doch auch keiner „Nach …zig Jahren zurück in der Arbeitswelt.“ So jemand wie Ines T. sollte in einem solchen Artikel gar nicht auftauchen. Als Frau ist Ines T. sowieso in der Gesellschaft deutlich schlechter gestellt. Dass man sich bei der Pflege geliebter Angehöriger total verausgabt und hinterher die Trauer auf einen drauffällt wie eine Betonplatte, ist normal!!! Es zeigt wie engagiert jemand war. Lebenskrise? Es wird als normal angesehen, dass Frauen Pflege – und Sorgearbeit übernehmen, für lau. Lebenskrise? Man würde doch über eine Frau, die soeben entbunden hat, auch nicht sagen: Sie fiel in eine Krise und konnte wochenlang nicht arbeiten. Glaubt die Gesellschaft, dass wir Hornhaut auf der Seele haben?
    Hier liegt gewaltig was im Argen!!! Es sollte für solche Menschen wohlwollendere Hilfen geben, denn das Jobcenter gibt bekanntlich das Wenigste und das Kärgste. Wieso bekommt ein pflegender Angehöriger nicht das gleiche Geld das bei gleicher Leistung auch ein Pflegeheim bekommt?? Weil es hauptsächlich Frauen sind, die pflegen?? Sie haben den Artikel vielleicht positiv gemeint, aber mir sträubte sich da doch etwas das Fell.

  2. ABC sagt:

    Ich leg‘ noch einen nach: Irgendwelche Ministerinnen, die nach paar Wochen gezwungenermaßen zurücktreten müssen, die bekommen noch ewig das Geld nachgeworfen für ihr Unvermögen. Wer aber jahrelang aufopferungsvoll Angehörige gepflegt hat muss zusehen, dass er hinterher überhaupt nochmal den Kopf hochkriegt in seinem Leben!

  3. Petra sagt:

    Ja das stimmt, wenn alle,die Zuhause gepflegt werden, auch noch extern gepflegt werden müßten, wären nicht nur Kosten, sondern schon viel früher Personalprobleme entstanden. Warum die Unterschiede in der Bezahlung., die besonders Menschen, die Pflegezeit nehmen für ihren Angehörigen, in den Ruin treiben? Wenn auf einmal die Einkünfte fast halbiert sind, so sind das die Kosten noch lange nicht. Und auch bei Zuzahlungsbefreiung gibt es Zuzahlungen für Hilfsmittel und bestimmte Medikamente. Besonders jüngere Menschen, die durch schwere Krankheit aus dem Leben gerissen werden, verlieren oft alles…traurig