Es umfasst etwa 250 Seiten und ist in Interviewform geschrieben. Diestel hat den Kulturjournalisten Michael Hametner, der lange beim MDR arbeitete, dafür gewonnen. Und dieser stellt Fragen, die viele Menschen immer noch an den streitbaren Anwalt haben dürften. Schließlich fiel in seine Amtszeit von März bis Oktober 1990 die Auflösung der DDR-Staatssicherheit, der Übergang der politisch SED-dominierten Ex-Volkspolizei in ihre heutige Struktur sowie die Enttarnung der RAF-Terroristen aus dem Westen, die im Osten Unterschlupf gefunden hatten.
Und was man von Diestel nicht so gewöhnt ist: Es enthält auch sehr private Einzelheiten. So berichtet der mehrfache Vater und sechsmalige Großvater davon, wie er als junger Mann auch ein Kind verlor, dass sehr früh den plötzlichen Kindstod starb. Und Diestel beschreibt, was er empfand, als ihn seine zweite Ehefrau – eine Frau, die er unendlich liebte – verlassen hat. Er habe sie an eine andere Frau verloren. Inzwischen ist der Anwalt zum dritten Mal verheiratet, und einer seiner Trauzeugen war Gregor Gysi, den er seinen Freund nennt.
In dem Buch kommt auch der „Lieblingsitaliener“ des prominenten Ex-Politikers vor: Das Restaurant „Don Camillo“ in Malchow, das er mit dem SPD-Politiker Egon Bahr und dem Schriftsteller Stefan Heym besucht hatte, die beide nicht mehr leben.
Hauptthema von Diestel bleibt aber der Einsatz für die Ostdeutschen insgesamt. Diese sieht er 32 Jahre nach dem Fall der Mauer immer noch, oder sogar stärker als früher, aus vielen Ebenen in Deutschland hinausgedrängt – vor allem aus den Führungsebenen. Schauen Sie mal in Politik, Wirtschaft oder in die Gerichte und Staatsanwaltschaften, sagt Diestel. Dort sind Ostdeutsche in verantwortlichen Positionen immer noch viel zu selten.
Seinen 70. Geburtstag will der sportliche Mann, der in Prora geboren wurde, in Rostock und Leipzig aufgewachsen ist und schließlich in Zislow seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat, wie immer in Dresden verbringen. Dann denkt er an die Zerstörung am 13. Februar 1945 und wie sich die Stadt seither zu einer wahren Perle entwickelt hat. Gefeiert wird erst im Mai an der Mecklenburgischen Seenplatte in Zislow. Und dann will er möglichst noch zehn Jahre arbeiten und streiten – vor allem für die Ostdeutschen.
„Ruhe gebe ich nicht“ hat 280 Seiten, kostet 20 Euro in gedruckter Form, (als E-Book günstiger)