Im Prozess gegen die mutmaßliche Drogenschmugglerbande unter Führung eines 59-Jährigen aus einem Dorf bei Stavenhagen (WsM berichtete) hat die Beweisaufnahme begonnen – mit allen Problemen, die das so mit sich bringt. Die Verteidiger der vier Angeklagten versuchen immer wieder, zu belegen, dass die Schlussfolgerungen von Bundeskriminalamt und LKA aus den abgehörten „Encrochat“- Handy- und -Computerdaten aus Frankreich falsch seien, die Zeugen seitens der Polizei sind bisher anderer Meinung. Eines ist aber jetzt schon klar, es wird lange dauern: Die Termine reichen bis ins Jahr 2022 hinein.
Immerhin gab es erste vorsichtige Aussagen. Drei der vier Angeklagten haben etwas über ihre Anwälte erklären lassen. Den Anfang machte der fast 50-jährige Mann aus Wredenhagen, der als einziger nicht in Untersuchungshaft sitzt. Wenn man seine Wortwahl genauer betrachtet, hat er das zugegeben, was ohnehin nicht abzustreiten war – Fragen im Gericht wurden vom Anwalt nicht zugelassen. Diese sollten höchstens schriftlich gestellt werden.
Bei dem Mann handelt es sich laut Anklage um einen mutmaßlichen Drogenkurier. Dieser räumte also ein, den Hauptangeklagten – der in Waren im Zusammenhang mit der Disko im alten Kulturhaus bekannt ist – „seit 25 Jahren zu kennen.“ Der 59-Jährige sei ihm „freundschaftlich verbunden“ und habe ihn auch wegen Immobiliendingen beraten.
Er selbst arbeite als Kraftfahrer, sei viel unterwegs, vor allem in Hamburg, den Niederlanden und auch nach Italien. Einmal habe ihn ein Bekannter in Hamburg angesprochen, ob er sich nicht „etwas dazuverdienen will.“ Wie der Mann heiße, wisse er nicht, er soll „Aki“ genannt worden sein. Dieser habe ihm auch den VW Phaeton zur Verfügung gestellt, der sich später als „präpariert mit Drogenversteck“ herausstellte.
Doch er habe davon nichts gewusst. Im Gegenteil, er habe nur fahren müssen. Einmal lag eine Handtasche im Auto, die mit einem Zahlenschloss gesichert war. Diese sei vermutlich in Rotterdam ins Auto gelangt. Die Tasche habe ein anderer Mann dann herausgenommen, diesen kannte er aber nicht. Gleiches geschah mit einem Beutel, dessen Inhalt er auch nicht kannte.
Diese – zugegeben etwas schwammigen Aussagen – nötigten dann den Hauptverdächtigen und einen weiteren Angeklagten dazu, auch ihrerseits etwas vage Erklärungen abzugeben. So sagte der Anwalt des Hauptangeklagten, dass dieser „eine jahrelange freundschaftliche und mitunter berufliche Beziehung“ mit dem Mann aus Wredenhagen einräumte. Auch zu einem weiteren Angeklagten – dem Mann aus Stavenhagen, der der Ansprechpartner für Transporte und der erste Abnehmer und Verteiler des „Stoffs“ gewesen sein soll – räumte der 59-Jährige geschäftliche Verbindungen ein. Natürlich ohne Drogengeschäfte.
Ein weiterer Angeklagter – ein Mann aus Schwerin, der zeitweise ebenfalls als Drogenkurier mit einem VW Phaeton tätig gewesen sein soll – erklärte etwas, nämlich, dass er keinen der anderen Angeklagten bis zum Prozess je gekannt habe.
In etwas anderem Licht erschien das alles bei einer Aussage einer LKA-Ermittlerin. Diese sagte vor Gericht, dass man schon 2013 dem Hauptangeklagten und dessen Bekanntem aus Wredenhagen auf der Spur war. Sie sollen Rauschgift aus Holland geholt haben und in Mecklenburg vertrieben haben. Schon damals hätten diese über damals noch abhörsichere Technik und sehr konspirativ kommuniziert. So konnte man sie nicht – obwohl schwer verdächtig – eines Drogenhandels überführen.
Nun hoffen die Neubrandenburger Richter auch auf Hilfe aus Leipzig, Dort läuft ein weiterer Prozess in Sachen Encrochatdaten. Dort hat die Kammer bereits einen IT-Sachverständigen damit beauftragt, die vielen Daten aus Frankreich genauer zu analysieren. Anhand des geknackten Krypto-Handy-Netzes waren ja hunderte Verdächtige in Europa unter Drogenhandelsverdacht festgenommen worden (WsM berichtete). Nun hofft man auch in Neubrandenburg, von dem Gutachter in Leipzig vielleicht im Dezember zu profitieren. Denn auf mehr Schützenhilfe aus Frankreich kann man wohl nicht bauen – dort wurde das ganze in eine hohe staatliche Sicherheitsstufe eingeordnet.
Den vier Männern werde bandenmäßiger Drogenhandel vorgeworfen. Zwischen April und November 2020 sollen sie sich in Arbeitsteilung Kokain und andere Drogen in Holland besorgt haben, um das Ganze richtig gewinnbringend an der Seenplatte, also von Stavenhagen aus, weiterzuverkaufen. Insgesamt sind elf Fälle angeklagt.
Am 6. November 2020 hatten die LKA-Ermittler zuerst in Stavenhagen „zugeschlagen“, wo man auf einem Hinterhof den Fahrer und zwei Kilogramm Kokain sowie eine Menge Bargeld in seinem Wagen fand. Weitere Durchsuchungen und Festnahmen in Stavenhagen, dem benachbarten Dorf, in Schwerin und Wredenhagen schlossen sich an.








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