Warener Amtsgericht weist Klage von Bürgermeister Putzar gegen „Wir sind Müritzer“ ab
Es ist überaus schwierig, einen Artikel zu verfassen, wenn es darin um die eigene Person, das eigene Unternehmen geht. Deshalb haben wir uns entschlossen, über den Rechtsstreit zwischen Malchows Bürgermeister René Putzar und „Wir sind Müritzer“ nicht selbst zu berichten.
Stattdessen veröffentlichen wir einen Artikel, der zum Prozess heute von einem unabhängigen Journalisten für den Deutschen Journalistenverband (DJV) verfasst wurde. Außerdem verweisen wir auf einen Beitrag des Nordkurier, der zur heutigen Urteilsverkündung erschienen ist.
„Der Bürgermeister der Stadt Malchow, Renè Putzar, ist mit einer Klage wegen „Schmähkritik“ gegen das Netzwerk „Wir sind Müritzer“ gescheitert. Der Richter am Amtsgericht in Waren an der Müritz – Andrè Weiß – wies die Klage des Verwaltungschefs der Inselstadt auf „Unterlassung und Widerruf“ heute in vollem Umfang ab. Putzar hat nun – nach Zustellung des schriftlichen Urteils – vier Wochen Zeit, Rechtsmittel einzulegen. Die Betreiberin des Internetportals, Antje Rußbüldt-Gest, zeigte sich erleichtert über das Urteil.
Hintergrund des Rechtsstreites war ein Artikel vom April 2018, der auf „Wir sind Müritzer“ immer noch zu lesen ist. Darin ging es um eine Stadtvertretersitzung in Malchow, in der über einen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Grüne und Linke diskutiert worden war. Diese wollten, dass im Sommer 2018 die Regenbogenfahne am Stadthafen wehen sollte. Sie gilt unter anderem als Zeichen für die Vielfalt von Lebensweisen und wird auch oft von Schwulen- und Lesbenverbänden genutzt.
In dem Beitrag hieß es unter anderem, Putzar habe sich damals „mächtig im Ton vergriffen“. Er habe Beobachtern zufolge geäußert, dass er nichts gegen „solche Menschen“ habe. Aber die Antragsteller wollten „nur ihr Ego pflegen“ und er sehe nicht ein, dass eine Fahne für 2-3 Leute gehisst werden solle. Zudem seien die Antragsteller „Betroffene“ und deshalb befangen.
Putzar sah das seinerseits als „Schmähkritik“, fühlte sich verunglimpft, verlangte Unterlassung und drohte per Anwalt mit dem Einklagen einer sechsstelligen Summe. „Die Grenze zur Schmähkritik ist weder erreicht, noch überschritten“, erklärte Richter Weiß bei der Verkündung deutlich. Im Presserecht müsse man zwischen „Tatsachen“ und „Werturteilen“ unterscheiden. In diesem Fall handele es sich um „Werturteile“ „Und da muss man sich relativ viel gefallen lassen“, sagte Weiß in Bezug auf den Kläger.
In solchen Fällen könne man nur von „Schmähkritik“ sprechen, „wenn es keine Auseinandersetzung mehr mit der Sache gegeben hätte, sondern nur eine Herabsetzung der Person.“ Das sei in diesem Fall nicht passiert.
Und wie ging die Stadtvertretersitzung aus? Der Antrag auf Hissen der Regenbogenfahne bekam eine Mehrheit, auch das stand in dem Artikel. Zur heutigen Verkündung war nur die Beklagte, die vom DJV MV unterstützt wurde, am Gericht erschienen – aus Malchow kam niemand.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger, in diesem Fall die Stadt Malchow.
Hier der Artikel, um den sich der Rechtsstreit drehte: https://www.wir-sind-mueritzer.de/allgemein/malchower-politiker-sorgen-mit-ihren-aeusserungen-fuer-entsetzen/
Und hier der heutige Artikel des Nordkurier: https://www.nordkurier.de/mueritz/amtsgericht-weist-klage-gegen-blog-betreiberin-ab-1635199304.html
Dem Herrn liegt ein Pfurz quer und deswegen zieht er vor Gericht. Schade, dass das Gericht nicht so reagiert hat, wie er es gegenüber Bürgern handhabt, nämlich die Angelegenheit einfach ignorieren. Anstatt Rechtsstreitigkeiten wegen Nichtigkeiten anzukurbeln, sollte er sich um sein Kerngeschäft, die Anliegen der Bürger, kümmern. Im konkreten Fall habe ich eine einfache Anfrage an das Ordnungsamt gestellt, die selbst nach zwei Monaten nicht beantwortet wurde. Darauf hin habe ich obigen Herrn angeschrieben. Außer dass die angeforderte Lesebestätigung der Mail quittiert wurde, ist nichts passiert. Für mich ist diese Ignoranz gottgleiches Gehabe und Arroganz pur. Dafür, dass ich als Steuerzahler letztendlich dieses, aus meiner Sicht, total überbezahlte Klientel finanziere, finde ich es erschreckend, wie es seine Aufgaben erledigt, oder, eben wie in meinem Fall, nicht. In der freien Wirtschaft hätte so etwas disziplinarische Konsequenzen. Es scheint sich bei Ämtern um eine Art Parallelwelt zu handeln. Wenn dem nicht so wäre, könnte der Bürger, dem gegenüber sie eigentlich verpflichtet sind, zur Rechenschaft ziehen und bei Verfehlungen kurzerhand entlassen. Abschließend würde mich brennend interessieren, wer die Kosten für seine Klage trägt.