Die Diskussion über ein generelles Handyverbot an Schulen, wie es aktuell in Schleswig-Holstein bis zur neunten Klasse geplant ist, lenkt den Blick auf den Umgang mit digitalen Medien im Schulalltag. Was vielerorts noch kontrovers diskutiert wird, ist am Privaten Internatsgymnasium Schloss Torgelow seit Jahren gelebte Praxis: Während der Schulzeit ist die private Handynutzung für alle Klassenstufen untersagt. Schüler bis einschließlich Klasse 8 geben ihre Handys im Internatsbereich ab und erhalten sie täglich nur am Abend für eine kurze, festgelegte Zeit. Ab Klasse 9 dürfen die Schüler ihre Handys zwar behalten, doch auch hier gilt: Im Unterricht und während der Schulzeit ist die Nutzung grundsätzlich verboten. Wird ein Handy dennoch unerlaubt verwendet, wird es für eine Schulwoche eingezogen.
Im Rahmen des pädagogischen Konzepts sollen Schüler sich mehr miteinander beschäftigen und sich weniger digital vereinzeln.
Für die Schüler der Klassen 5 bis 7 gibt es eine tägliche Handynutzung von 20.00 bis 20.30 Uhr im „Haus der Zukunft“, dem Internatsbereich für die Jüngeren. In dieser halben Stunde können die Kinder mit ihren Eltern telefonieren oder Nachrichten verschicken. Anschließend geben sie ihre Handys wieder bei den Internatsbetreuern ab. Die achte Klasse erhält ihr Handy nach dem Abendessen bis zur Bettgehzeit. In allen Internatshäusern stehen zusätzlich Festnetztelefone zur Verfügung, um jederzeit mit der Familie in Kontakt zu bleiben. Ab der neunten Klasse bis zur zwölften Klasse behalten die Schüler ihre Handys, dürfen sie aber in der Schule nicht nutzen.
Diese Begrenzung der Handynutzung wirkt sich spürbar positiv auf das Wohlbefinden der Schüler aus. Schulträger Mario Lehmann betont: „Wir erleben im Internat, wie sich mehr Ruhe, gesunder Schlaf und ein ausgeglichener Tagesrhythmus einstellen.“
Vielfältiger Alltag mit echten Erlebnissen
Der strukturierte Internatsalltag bietet wenig Raum für digitale Ablenkung. Über 75 außerschulische Angebote, von Fußball bis Kochen, von Robotik bis Angeln, laden dazu ein, Talente zu entdecken, Freundschaften zu pflegen und Gemeinschaft aktiv zu erleben.
„Besonders wichtig ist das echte Miteinander. Freundschaften entstehen nicht über Bildschirme, sondern durch gemeinsames Leben und Lernen. Die Schüler erfahren Unterstützung, Nähe und auch die Herausforderung, Konflikte zu lösen und Kompromisse zu finden – im direkten Kontakt, nicht über Chats oder soziale Medien. Auch der weitläufige Campus spielt eine wichtige Rolle. Die Nähe zum See und viele Bewegungsmöglichkeiten schaffen einen Gegenpol zur digitalen Welt und ermöglichen Erfahrungen mit allen Sinnen“, erläutert Mario Lehmann.
Internatspädagogen begleiten die Kinder individuell, unterstützen sie in ihrer persönlichen Entwicklung und stärken gezielt das soziale Lernen. Gerade nach den Einschränkungen der Corona-Jahre sei das eine zentrale Aufgabe.
Digitale Bildung mit System
Trotz begrenzter Handynutzung lernen die Kinder und Jugendlichen das Leben in einer zunehmend digitalisierten Welt. Ab Klasse 7 arbeiten die Schüler mit schulisch zentral gemanagten iPads. Am Anfang werden sie ergänzend zum Unterricht eingesetzt, ab Klasse 10 ersetzen sie weitgehend analoge Hefte und Schulbücher. Lehrkräfte begleiten den Einsatz eng und fördern Medienkompetenz gezielt.
„Wir halten nichts von der Nutzung privater iPads im Unterricht“, so Lehmann. „Die Ablenkung durch private Geräte ist einfach zu groß, wenn ständig Nachrichten sozialer Medien aufploppen. Die iPads unserer Schülerinnen und Schüler sind schulische Arbeitsgeräte, deren Nutzung zeitlich und inhaltlich begrenzt ist.“
Fazit: Die Erfahrungen in Schloss Torgelow zeigen: Eine begrenzte und sinnvoll eingebettete Nutzung von Handys und anderen digitalen Geräten kann zu mehr Ruhe, besserem Schlaf und gesunder Entwicklung beitragen.
Statt digitaler Dauerpräsenz erleben Kinder und Jugendliche echte Freundschaft, persönliche Entwicklung und eine lebendige Gemeinschaft. Das Internat setzt auf klare Strukturen, vielfältige Freizeitangebote und persönliche Begleitung und schafft damit ein Umfeld, in dem junge Menschen fern den psychischen Belastungen eines ständigen Medienkonsums aufwachsen können.
Das Internatsgymnasium Schloss Torgelow wurde 1994 von der Familie Lehmann gegründet. In Klassen mit höchstens 12 Kindern oder Jugendlichen erhalten sie eine leistungsorientierte Förderung, sammeln Erfahrungen im Ausland, engagieren sich in über 75 außerschulischen Angeboten und finden Freunde fürs Leben.
Fotos: Nikola Kuzmanic
Wunderbare Welt. Bei über 40.000 € privat zu zahlender Jahresgebühr (Extras noch nicht eingerechnet) für Internat und Schule darf man ein paar schuleigene iPads, interessante Freizeitangebote, maximal 12 Schüler pro Klasse, Auslandserfahrungen usw.sicherlich erwarten. Die „normalen“ Schulen unseres Landes sind doch schon mal mit dem Lernalltag bei 30 Schülern pro Klasse komplett überfordert, gar nicht zu sprechen vom vielerorts bedauerlichen Zustand der Schulen an sich. Es wäre zu schön, könnte das reiche Deutschland allen Kindern diesen Luxus bieten, aber es werden ja erstmal 100 Mrd€ zusätzlich für Rüstung benötigt… Ein Trauerspiel. Mit dem Handyverbot ließe sich vielleicht ein wenig was machen. Aber wenn man den Schülern schon nicht das Niveau des elitären und für Reiche zugeschnittene Schloß Torgelow bieten kann, dann sollen sie sich wenigsten mit ihren Smartphones vom elende Dasein ablenken dürfen. Auf jeden Fall machen die Kollegen in Torgelow es richtig.
Richtig klasse! Da ich in der betrieblichen Erwachsenenbildung tätig bin, weiß ich nur zu gut, wie groß der Drang nicht nur bei Kindern und Jugendlichen ist, das Smartphone in die Hand zu nehmen und im Unterricht gaaaaanz wichtige und unaufschiebbare Nachrichten zu schreiben. Zu Beginn jedes Unterrichts bzw. Seminars treffen wir mit den Teilnehmern gemeinsam verbindliche Regelungen und einigen uns auf Unterrichts- und Pausenmodus. Klappt recht gut, aber eben nicht immer. Ich finde die Torgelower Verfahrensweise richtig gut. Bleibt nur abzuwarten, wann sich hier die ersten Bedenkenträger zu Wort melden, die dabei eine Beschneidung der freiheitlichen Rechte sehen.