Lebensgefährtin gefesselt und gefoltert: Ab Dienstag neuer Anlauf im bizarren Todes-Fall Alt Rehse

16. April 2018

Wie bestraft man einen Mann, der seine 20 Jahre jüngere Lebensgefährtin nackt fesselt, misshandelt und im Haus sterben lässt? Sind fünf Jahre Freiheitsstrafe genug? Oder war der 52-Jährige IT-Fachmann vielleicht überhaupt „nicht schuldfähig“ zur Tatzeit?

Mit diesen Fragen muss sich ab 17. April das Landgericht Neubrandenburg zum zweiten Mal befassen. Es geht um die aufsehenerregende Geschichte, die im Sommer 2016 das Dorf Alt Rehse erschütterte und bundesweit für Schlagzeilen sorgte.

Der 52-Jährige, der aus dem Süden Deutschlands nach Alt Rehse gekommen war und im Dorf bereits als Sonderling gilt, muss sich vor Gericht verantworten. In seinem Haus, der früheren Dorfgaststätte Rethra, hatten Polizisten, die eigentlich wegen einer Ruhestörung gerufen worden waren, damals eine zum Teil bereits verweste Leiche gefunden. Die Tote war in Decken gewickelt auf eine Sackkarre geschnallt und soll etwa zwei Monate vorher gestorben sein.

Untersuchungen ergaben später, dass es sich um die 32 Jahre alte Frau aus Rheinland-Pfalz handelte, die durch eine Kuppelshow bei Sat.1 bekannt geworden war. Beide hatten sich über das Internet kennengelernt und waren ein Paar, wie sie zeitweise via Internet bekanntgaben.

Der Beschuldigte war vor etwa einem Jahr wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Dabei hatte der Mann selbst kaum etwas zur Aufklärung beigetragen. Im Gegenteil: Mehrfach versuchte er, den Richter zu belehren, was denn rechtlich erlaubt sei und auch mit seinem damaligen Verteidiger zerstritt sich der Verurteilte. Und obwohl er auch Gespräche mit einer Psychiaterin ablehnte, hielt ihm das Gericht am Ende damals eine „verminderte Schuldfähigkeit“ zu Gute.

Trotzdem legte die Verteidigung Revision ein und der Bundesgerichtshof ordnete eine neue Verhandlung an, die nun beginnt. Es müsse geprüft werden, ob der Mann zur Tatzeit überhaupt schuldfähig war. Davon hängt dann alles weitere ab. So könnte der 52-Jährige, wenn er „nicht schuldfähig“ war, sogar freigesprochen werden. Wenn die Kammer allerdings feststellen würde, der Mann sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, könnte er auch dauerhaft in eine psychiatrische Haftanstalt eingewiesen werden.

Vieles, so vermuten Rechtsexperten, werde davon abhängen, ob der Angeklagte diesmal wieder vor Gericht schweigt. Polizisten hatte er kurz nach seiner Festnahme damals erzählt, er habe die Lebensgefährtin gefoltert, weil sie vom „Bundesnachrichtendienst und den Dorfbewohnern auf mich angesetzt war“.

Im ersten Prozess schwieg er meist. Völlig überraschend hatte er sich aber damals beim „letzten Wort“ doch noch geäußert. Der Tod seiner Lebensgefährtin sei für ihn „überraschend gekommen“ und er könne sich nicht erklären, „warum ich nicht den Notarzt geholt habe.“ Er habe wohl das Vertrauen in den Staat schon verloren gehabt. Doch dieses „Geständnis“ darf im neuen Prozess nicht verwendet werden. Diesmal sind mehr als 20 Prozesstage geplant, mit einem Urteil wird erst im September gerechnet.


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