Mecklenburg-Vorpommern: Krankenstand auf Rekord-Hoch
Der Krankenstand in Mecklenburg-Vorpommern hat mit 5,2 Prozent ein neues Rekord-Hoch erreicht. Jeder Erwerbstätige fehlte im vergangenen Jahr durchschnittlich 18,8 Tage – so viel wie seit Jahren nicht mehr. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Sucht 4.0 – Trinken, Dampfen, Gamen in Mecklenburg-Vorpommern“. Danach hat das Suchtrisiko von hunderttausenden Beschäftigten hierzulande gravierende Folgen für die Arbeitswelt. Betroffene Arbeitnehmer fehlen fast doppelt so häufig am Arbeitsplatz. Ferner sind sie häufig unkonzentrierter im Job oder kommen zu spät. Auf Grundlage der Ergebnisse fordert die Kasse deshalb eine breite gesellschaftliche Debatte zur Suchtproblematik. Die Kasse startet auch ein neues Präventionsangebot bei Alkoholproblemen.
Laut DAK-Gesundheitsreport 2019 haben Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern mit Hinweisen auf Substanzstörungen, wie beispielsweise eine Alkoholabhängigkeit, deutlich mehr Fehltage im Job als ihre Kollegen ohne auffällige Probleme. Der Krankenstand der Betroffenen ist mit acht Prozent fast doppelt so hoch. Sie fehlen aber nicht nur im Job, weil sie wegen ihrer Suchtproblematik krankgeschrieben werden. Vielmehr zeigen sich bei ihnen in allen Diagnosegruppen mehr Fehltage. Besonders deutlich ist der Unterschied bei den psychischen Leiden. Hier sind die Fehltage mehr als dreimal so hoch. Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gibt es ein Plus von rund 64 Prozent, bei Atemwegserkrankungen sind es 38 Prozent. Insgesamt gibt es nach der DAK-Studie unter den Erwerbstätigen in Mecklenburg-Vorpommern 142.000 abhängige Raucher, knapp 7.000 erfüllen die Kriterien einer Social Media-Sucht.
Jeder Zehnte mit riskantem Alkoholkonsum
Der Großteil der Krankmeldungen bei Suchtproblemen ist in Mecklenburg-Vorpommern auf Alkohol zurückzuführen (81 Prozent). 80 Prozent der Erwerbstätigen hierzulande trinken Alkohol. Laut Studie der DAK-Gesundheit hat bundesweit jeder zehnte Arbeitnehmer einen riskanten Alkoholkonsum. Mit ihrem Trinkverhalten setzen sich bundesweit rund vier Millionen Erwerbstätige Risiken aus, krank oder abhängig zu werden. „Die Zahl der Betroffenen macht uns Sorgen. Der riskante Umgang mit Alkohol bleibt ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft, das auch gravierende Folgen in der Arbeitswelt hat“, sagt Sabine Hansen, Leiterin der DAK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern. „Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. Wir wollen eine breite und offene Debatte anstoßen. Wir müssen hinsehen, hinhören und handeln, um Betroffene nicht allein zu lassen. Ist es Genuss, Gewohnheit oder bereits Sucht?“ Beim Thema Alkoholprävention fehlen auch in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckende und wirksame Angebote. Die DAK-Gesundheit schließt diese Versorgungslücke ab sofort mit einem neuen Online-Selbsthilfeprogramm bei Alkoholproblemen.
Der hohe Alkoholkonsum wirkt sich auch auf den Arbeitsalltag aus. So gab bundesweit jeder zehnte Arbeitnehmer mit riskantem Trinkverhalten an, in den letzten drei Monaten wegen Alkohol abgelenkt oder unkonzentriert bei der Arbeit gewesen zu sein; bei Arbeitnehmern mit einer möglichen Abhängigkeit sogar fast jeder Zweite (47 Prozent). Je höher der Alkoholkonsum, desto häufiger kommen betroffene Mitarbeiter deshalb auch zu spät zur Arbeit oder machen früher Feierabend. Mehr als jeder vierte Mitarbeiter mit einer möglichen Abhängigkeit gab das bei der DAK-Analyse an (27,2 Prozent).
Spielen während der Arbeitszeit
Erstmals untersucht der Report auch das Thema Gaming und seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Demnach spielen rund 55 Prozent der Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern Computerspiele. Bundesweit gelten 6,5 Prozent der Erwerbstätigen als riskante Gamer. Das heißt: sie zeigen ein auffälliges Nutzungsverhalten. Bundesweit spielt jeder vierte riskante Gamer während seiner Arbeitszeit Computerspiele. Bei den Computerspielsüchtigen ist es sogar fast jeder Zweite (47 Prozent). Jeder elfte Mitarbeiter mit riskantem Spielverhalten kam wegen des Spielens zu spät zur Arbeit oder machte deshalb früher Feierabend. Von den Erwerbstätigen mit einer Computerspielsucht war jeder Dritte (34,1 Prozent) abgelenkt oder unkonzentriert.
Das Rauchen von Zigaretten ist laut DAK-Report auch in Mecklenburg-Vorpommern die verbreitetste Sucht, die auch die Arbeitswelt betrifft. 20,7 Prozent der Erwerbstätigen sind zigarettenabhängig. Hochgerechnet sind das 142.000 beschäftigte. Bundesweit gilt: Unter den jungen Erwerbstätigen zwischen 18 und 29 Jahren gibt es mit 16,3 Prozent den geringsten Anteil. Bei den 60- bis 65-jährigen Berufstätigen raucht fast jeder Vierte (23,7 Prozent). Fast jeder zweite Raucher raucht auch während seiner Arbeitszeit, also außerhalb der Arbeitspausen.
Derzeit dampfen in Mecklenburg-Vorpommern rund 2,5 Prozent der Arbeitnehmer E-Zigarette. Zum Vergleich: Bundesweit greifen doppelt so viele zur elektronischen Rauch-Variante. Raucher von E-Zigaretten konsumieren oft parallel herkömmliche Zigarette, belegt der DAK-Report. Dampfer finden sich deshalb fast ausschließlich unter Rauchern und Ex-Rauchern. Bundesweit konsumiert mit 85 Prozent die deutliche Mehrheit der Dampfer Liquid mit Nikotin. „Dampfen mit Nikotin oder Tabak führt in die Abhängigkeit, genau wie herkömmliche Zigaretten“, warnt Sabine Hansen. „Deshalb brauchen wir endlich ein umfassendes Werbeverbot für Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten. Diese Forderung unterstützen auch die Fachgesellschaft der Lungenärzte sowie die Deutsche Krebshilfe mit Hinweis auf die Gesundheitsrisiken. Weil E-Zigaretten gesundheitsgefährdende Suchtmittel sind, dürfen sie nicht vom geplanten Tabakwerbeverbot der Bundesregierung ausgenommen werden.“
Rückenleiden weiterhin an der Spitze
Der Krankenstand in Mecklenburg-Vorpommern ist 2018 erneut gestiegen. Die Ausfalltage aufgrund von Erkrankungen nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte – auf 5,2 Prozent – zu. Mehr als jeder fünfte Ausfalltag (21,7 Prozent) erfolgte aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen wie beispielsweise Rückenleiden. Nur 45 Prozent der Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern meldete sich im vergangenen Jahr gar nicht krank. Damit sind die Beschäftigten mit Krankmeldung – anders als im Bundesdurchschnitt – in der Mehrheit.
Mit Blick auf die Ergebnisse des Reports bietet die DAK-Gesundheit ab sofort ein neues präventiv ansetzendes Hilfsangebot bei Alkoholproblemen an – und schließt damit eine Versorgungslücke in Deutschland. Bislang fehlen flächendeckende und wirksame Angebote. Versicherte der Krankenkasse können das kostenlose Online-Coaching „Vorvida“ nutzen, um ihren Alkoholkonsum zu reduzieren. Eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) belegt die Wirksamkeit: Bei den Teilnehmern sank das riskante Trinkverhalten um bis zu 75 Prozent. Die DAK-Gesundheit ist die erste Krankenkasse, die das Programm der Hamburger GAIA AG ihren Versicherten anbietet. Das Online-Coaching „Vorvida“ ist auf Smartphones und Tablets mobil voll nutzbar. Es kann auch über die digitale Gesundheitsplattform „Vivy“ genutzt werden. Alle Daten werden vertraulich behandelt und nicht weitergegeben. Eine Anmeldung ist auf www.dak.de/vorvida möglich.
Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Sucht 4.0 in Mecklenburg-Vorpommern“ untersucht umfassend die krankheitsbedingten Ausfalltage sowie ärztliche Behandlungen bei Suchterkrankungen und wirft einen Blick auf die Auswirkungen in der Arbeitswelt. Für die Untersuchung wurden Daten zur Arbeitsunfähigkeit von 71.500 erwerbstätigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern durch das IGES Institut in Berlin ausgewertet – flankiert von Analysen der ambulanten und stationären Versorgung. Eine repräsentative Befragung von 5.600 Beschäftigten sowie eine Expertenbefragung geben Aufschluss über die Verbreitung und den Umgang mit den verschiedenen Suchtmitteln und Verhaltensweisen.