Neue, schonende OP-Methode am Klinikum Karlsburg

3. September 2022

Ein neues OP-Verfahren wurde Ende August im Klinikum Karlsburg erfolgreich eingeführt: Die Neochord-Methode. Erstmals im Nordosten wurde ein Patient bei normal schlagendem Herzen an der Mitralklappe ohne Herz-Lungen-Maschine operiert. Es genügte ein kleiner Schnitt von sieben Zentimetern unterhalb der linken Brust, um ein Spezialgerät über die Herzspitze einzuführen und die filigranen Segel der Mitralklappe zu reparieren. „Mit Neochord haben wir bei speziellen Formen der Mitralklappen-Insuffizienz ein Verfahren, das für Patienten sehr schonend ist. Der Brustkorb wird nicht aufgesägt und die Herz-Lungen-Maschine kommt nicht zum Einsatz, was Nebenwirkungen bei Operationen enorm minimiert“, erklärte PD Dr. med. Alexander Kaminski, Chefarzt der Klinik für Herzchirurgie im Klinikum Karlsburg (Foto links). Das Verfahren eignet sich besonders bei einer Mitralklappen-Undichtigkeit infolge eines teilweisen Segelabrisses.

Die Mitralklappe, die die linke Herzkammer mit dem linken Vorhof verbindet und das Blut aus den Lungen kommend in den Körper weiterleitet, hat bei einer Mitralklappen-Insuffizienz ihre Funktion als Ventil verloren. Die Klappe ist undicht und das Blut staut sich zurück in die Lunge. Das führt zu Atemnot, enormen Leistungsabfall und Herzrhythmusstörungen.

Dr. Kaminski operierte die Mitralklappe gemeinsam mit seinem Kompetenzteam, zu dem die Karlsburger Herzchirurgen Dr. med. Maximilian Vondran und Dr. med. Maik Kubeile gehören. Der Eingriff dauerte nur 90 Minuten, deutlich weniger Zeit als bei herkömmlichen Operationen an dieser Herzklappe. Verwandt wurden zur Befestigung der Segel Goretex-Fäden. „Möglich ist das Verfahren nur durch die Live-Bilder per Echokardiographie“, betonte der Chefarzt. Dazu werde eine Sonde durch die Speiseröhre geführt, die die Aufnahmen für die Operateure liefert.

Mit am OP-Tisch stand in Karlsburg auch der Münchner Herzchirurg PD Dr. med. Ferdinand Vogt, der sich durch das Neochord-Verfahren im Süden Deutschlands einen Namen gemacht hat. Als erfahrener Spezialist, der die Methode im Artemed Klinikum München-Süd anwendet, gab er seine Erfahrungen in Karlsburg weiter.

Klappensegel wie „kaputte Gardine“ genäht

Inzwischen hat das Karlsburger Team zwei Patienten mit der Neochord-Methode erfolgreich behandelt. Eine Woche nach seiner Herzoperation lief der Neustrelitzer Wolfgang Jäkel (62/Foto unten) nahezu unbeschwert den Krankenhausflur im Klinikum Karlsburg entlang. Er konnte es kaum erwarten, die Heimreise mit dem Taxi anzutreten. Nur noch die Naht sei zu spüren. „Im Frühsommer hatte ich starke Atembeschwerden und war so richtig kaputt. Zunächst dachte ich an eine Allergie, aber mein Hausarzt hat schnell auf das Herz getippt“, erzählte Jäkel.

Die 71-jährige Gabriele Wiederänders aus Neubrandenburg (Foto links) erwartete ebenfalls eine Woche nach der Operation ihre Krankenhaus-Entlassung. Erleichtert und fit. „Vor dem Eingriff kam ich keine 20 Meter vorwärts, ohne kräftig durchatmen und stehenbleiben zu müssen.“ Nach einer Lungenentzündung im vergangenen Jahr war die Mitralklappen-Insuffizienz, die zu den häufigsten Klappenerkrankungen gehört, festgestellt worden. „Ich bin in Karlsburg gut auf die neuartige Operation vorbereitet worden. Ich habe genau gewusst, auf was ich mich einlasse und dem sehr schonenden Verfahren zugestimmt“, erzählte die Neubrandenburger Kulturwissenschaftlerin, die sich wieder auf Theater- und Kulturveranstaltungen freut. Ihren Enkeln hatte sie erklärt, dass ihre Klappe wie eine „kaputte Gardine war, die wieder befestigt werden musste“.

Das Verfahren sei ein wenig „tricky“, benötige viel Fingerspitzengefühl, meinte der 37-jährige Herzchirurg Dr. med. Vondran. Aber es sei von großem Vorteil, dass mit dieser Behandlungsmethode die Morphologie der Klappe und die Strukturen im Herzinneren bewahrt werden, so dass, wenn später ein weiterer Eingriff nötig werden würde, alle anderen OP-Methoden angewandt werden können.

Mit dem Neochord-Verfahren steht nun zur Behandlung der Mitralklappen-Insuffizienz im Klinikum Karlsburg ein noch umfangreicheres Spektrum an operativen Verfahren zur Verfügung: von der großen Operation am offenen Herzen bis zum minimalinvasiven Eingriff, mit und ohne Herz-Lungen-Maschine. „Alle Verfahren haben ihre Berechtigung, denn die Patienten bringen verschiedene Voraussetzungen und Klappenerkrankungen mit“, betonte Chefarzt Dr. Alexander Kaminski. Er werde auch weiter schauen, was sich in anderen Herzzentren bewähre, um die beste Medizin nach Karlsburg zu holen.


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