Seenplatte: 2,4 Mio. Überstunden – 920.000 für „umsonst“

2. November 2023

Es ist der „Fleiß-Pegel“ vom Kreis Mecklenburgische Seenplatte: Rund 2,43 Millionen Überstunden haben die Menschen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 920.000 Arbeitsstunden zum Nulltarif – ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ vom Pestel-Institut hervor. Die Wissenschaftler haben dabei die „Plus-Stunden im Job“ im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) untersucht.

Ein pikantes Ergebnis aus dem „Überstunden-Monitor“: „Alle Beschäftigten zusammengenommen haben den Unternehmen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte durch unbezahlte Mehrarbeit rund 13,25 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, sagt Jörg Dahms von der NGG Mecklenburg-Vorpommern. Außerdem sei der Überstunden-Berg auch ein Gradmesser für den „massiven Fachkräftemangel“.

„Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte rund 55.000 Überstunden. 19.000 davon ohne Bezahlung – quasi für umsonst“, so das Pestel-Institut. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung aktuelle Mikrozensusdaten ausgewertet. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Branchen-Durchschnittswerten auf die Beschäftigungsstruktur vom Kreis Mecklenburgische Seenplatte.

Mit Blick auf die Überstunden warnt die hiesige NGG: Hotellerie und Gastronomie könnten nicht dauerhaft auf die „Goodwill-Überstunden“ ihrer Beschäftigten bauen. „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat. Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen. Perspektivisch muss der Gastro-Startlohn für eine Köchin oder einen Restaurantfachmann nach der Ausbildung bei 3.000 Euro pro Monat für einen Vollzeitjob liegen“, so Jörg Dahms. Dieses „Lohn-Ziel“ müsse die Gastro-Branche Schritt für Schritt erreichen. Nur dann werde es gelingen, junge Menschen für eine Ausbildung im Hotel oder Restaurant zu gewinnen.

Das Gastgewerbe erlebe gerade einen regelrechten „Fachkräfte-Schwund und Mini-Job-Schub“. Ob in der Küche, im Service, an der Hotelrezeption oder an der Bar: „Die Branche versucht, fehlende Fachkräfte immer häufiger durch angelernte Beschäftigte zu ersetzen“, berichtet der Geschäftsführer der NGG Mecklenburg-Vorpommern. Mittlerweile seien 28 Prozent der Gastro-Beschäftigten im Kreis Mini-Jobber.

Der Fachkräfte-Mangel und eine faire Bezahlung in der Gastronomie, im Lebensmittelhandwerk und in der Ernährungsindustrie werden auch ein Schwerpunktthema auf dem Gewerkschaftstag der NGG Mitte November in Bremen sein, zu dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wird.


Eine Antwort zu “Seenplatte: 2,4 Mio. Überstunden – 920.000 für „umsonst“”

  1. Smentek sagt:

    es gibt auch immer noch Unternehmen bei uns, die die Pflicht zur Führung der Zeitkonten für die Mitarbeiter nicht einhalten, bzw. dies strikt verweigern. (Aktuell in meinem Bekanntenkreis der Fall, Infos als PN) Überstunden müssen aber geleistet werden, weil es fast täglich nicht anders geht (Kraftfahrer im Sanitätshaus) .So werden die Mitarbeiter noch zusätzlich betrogen und damit auch die Sozialkassen und das Finanzamt. Es müsste viel mehr Kontrollen geben. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat nicht umsonst, zum Schutze der Arbeitnehmer,die Pflicht der Arbeitgeber zum Führen von Zeitkonten an 13. September 2022 bestätigt.
    Das zudem aufgeführte Überstunden nicht bezahlt werden ist der Gipfel! Die Menschen dürfen sich das nicht bieten lassen!
    Meine obige Ausführung zeigt, dass die eigentliche Zahl der geleisteten Überstunden in der Mecklenburger Seenplatte wesentlich höher ist.