Waren: Ein Land erinnert sich an mutige Menschen

16. Oktober 2019

Nein, es war nicht so wie vor 30 Jahren. Beim heutigen Gang von der Georgenkirche zur Marienkirche in Waren und bei den Kundgebungen auf dem Neuen Markt waren zwar auch wieder sehr viele Menschen dabei, teilweise mit Kerzen und Lichtern, aber es fehlte etwas Entscheidendes: Die Angst. Jene Angst, die damals mitging mit den Demonstranten. Denn sie wussten vor 30 Jahren nicht, ob sie abends wieder zu Hause bei ihren Familien sein werden oder im Stasi-Knast landen.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat heute an die friedliche Revolution vor 30 Jahren erinnert – und zwar in Waren mit mehreren Veranstaltungen. In Waren deshalb, weil in der Müritzstadt vor 30 Jahren die erste Demo in Mecklenburg-Vorpommern stattfand – trotz der Ängste der Menschen, die am 16. Oktober 1989 und auch in den Wochen danach teilgenommen haben.

Einer von ihnen war Christoph de Boor. Er schilderte eindrucksvoll, wie es war vor 30 Jahren, als viele Menschen die Veränderung wollten, sich aber zunächst nur wenige trauten, etwas dafür zu tun. „Manchmal kam ein Ehepartner, der andere blieb zu Hause, um sich um die Kinder zu kümmern, falls der andere verhaftet wird“, erinnerte sich Christoph de Boor, der zu jenen Warenern gehörte, die sich als erste trauten und für Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Reisefreiheit, Demonstrationsfreiheit und freie Wahlen auf die Straße gingen. Und er hat auch nach der Wende mitgearbeitet, um alte DDR-Strukturen umzuwandeln.

Die Festrede hielt heute Markus Meckel (SPD). Er war von 1982 bis 1988 evangelischer Gemeindepastor in Vipperow und später einige Monate lang DDR-Außenminister. Und er gehörte zu jenen, die im Bereich Röbel für die Freiheit auf die Straße gingen.

„Am Anfang stand der Mut der Menschen, selbstbewusst aufzustehen. Das Bild der Menschen mit ihren Kerzen, die friedlich und mit großer Kraft demonstrieren – das ist für immer mit dem Herbst 1989 verbunden. Daran wollen wir heute erinnern“, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig – zur Wende 15 Jahre alt – in ihrem Grußwort. Bald nach der ersten Demonstration in Waren hätten auch an vielen Orten im Land Bürger ihre Stimme erhoben.

„Ich habe allergrößten Respekt vor allen, die im Herbst 1989 und erst recht – unter noch viel größeren persönlichen Risiken – in den Jahren zuvor für Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Reisefreiheit, Demonstrationsfreiheit und freie Wahlen eingetreten sind. Sie haben auch für uns, die wir damals noch Kinder waren und für alle nachfolgenden Generationen Freiheit und Demokratie erkämpft. Unser Leben wäre anders verlaufen, wenn damals nicht so viele so mutig gewesen wären. Wir haben allen Grund, den Bürgern zu danken, die damals auf die Straße gegangen sind und mutig Veränderungen eingefordert haben“, bekundete Schwesig.

Vor dem Festakt gab es einen ökumenischen Gottesdienst in der St. Georgenkirche. Die Landesbischöfin der evangelisch-lutherischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte in ihrer Predigt, die Menschen hätten sich und anderen Freiheit und Menschenwürde unter hohem persönlichen Einsatz erkämpft.

Und obwohl das Wetter heute nicht mitgespielt hat – die friedliche Revolution von vor 30 Jahren zog die Menschen in die Stadt – mit und ohne Schirm, mit und ohne Kerzen.  Hauptsache dabei. Wie vor 30 Jahren.

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