Günther Neumann: Ein „strafversetzter“ Mitarbeiter schreibt eine Warener Erfolgsgeschichte

9. April 2019

Den Rummel um seine Person mag Günther Neumann eigentlich nicht so gerne. Viel lieber spricht der Geschäftsführer der Mecklenburger Backstuben GmbH über sein Unternehmen und seine Mitarbeiter. Und noch viel lieber über seine Familie. Doch gestern stand er alleine im Mittelpunkt, denn Günther Neumann feierte vor wenigen Tagen seinen 70. Geburtstag. Klar, dass ihm viele Freunde, Bekannte, Geschäftsleute, Politiker und Weggefährten gratulieren wollten.
Damit hat der 70-Jährige natürlich im Vorfeld gerechnet und gleich klar gemacht: Keine Geschenke für mich, dafür lieber Spenden für die Waldorfkita „Nesthäkchen“ in Waren und die Peeneschule in Groß Gievitz. Für beide Einrichtungen ist ordentlich Geld zusammengekommen, wie viel genau, steht noch nicht fest.

Für den Jubilar gab es während des gestrigen Empfanges noch eine ganz besondere Überraschung: Seine beiden Töchter Kathrin Rossa und Dr. Christina Kohn – beide auch Geschäftsführerinnen – haben gemeinsam mit Ehefrau Bärbel ein Buch über Günther Neumann und die Backstuben initiiert – Journalist und Moderator Norbert Bosse aus Schwerin hat’s verfasst. Das Ganze klammheimlich, was nicht so leicht war, denn auch wenn Günther Neumann jetzt 70 Jahre alt geworden ist, arbeitet er weiterhin in der Geschäftsführung und will seinen „Mädels“ auch künftig zur Seite stehen.

Entstanden ist ein Buch namens „Brotzeit“ – auf dem Titel ein Bild der einheimischen Künstlerin Daniela Friederike Lüers. Ein Buch mit vielen persönlichen Abschnitten, aber auch ein Buch, das Warener Geschichte wieder gibt. Die Geschichte der Mecklenburger Backstuben, die 1981 als Großbäckerei zur Versorgung des Landkreises in Waren gegründet wurde.

Im November 1984 stieß Günther Neumann ins Team – allerdings nicht so ganz freiwillig. Wegen „Westkontakten“ wurde der Diplom-Ingenieur seinen Job als Chef des Fernmeldeamtes Malchin los und strafversetzt in das Warener Unternehmen. Dort startete er seine Karriere zunächst als Lagerarbeiter, nach drei Monaten hatte er aber bereits bewiesen, dass man ihm mehr zutrauen kann – er wurde Leiter Absatz.
„Auch in der Produktion habe ich gearbeitet, Eier aufgeschlagen, Brötchen geformt, und, und und. Meine beiden Töchter, die mit mir gemeinsam in der Geschäftsführung sind, übrigens auch. Wir wissen also sehr genau, was unsere Leute leisten und haben allerhöchsten Respekt vor ihrer Arbeit“, erzählt der Unternehmer.

Nach der Wende begann für die Mitarbeiter der Firma zunächst eine sehr unsichere Zeit. Die Treuhand suchte zunächst Käufer für den Betrieb am Alten Bahndamm. Es „flogen“ zahlreiche Interessenten mit Hüten und Mänteln sowie wichtig aussehenden Koffern ein.
Darunter beispielsweise auch Vertreter von Coppenrath und Wiese, Interessenten aus Frankreich und der Schweiz. Doch wenn’s ans Bezahlen ging, zerschlugen sich die Geschäfte auch schnell wieder.

Also wagten vier Mitarbeiter den Schritt, übernahmen die Großbäckerei, retten viele Jobs, und gingen zunächst einen ungewöhnlichen Weg, um an Geld zu kommen. „Die Banken wollten Sicherheiten“, so Günther Neumann. Neben der normalen Produktion verkauften die Bäcker fortan Eis, und zwar aus zwei Eiswagen in Waren heraus. „Das lief bombastisch“, erinnert sich der Geschäftsführer. Letztendlich hatten sie damit so viel Geld verdient, um Kredite für Investitionen zu bekommen.

Nach und nach ging’s dann zu dem Unternehmen, das heute mit mehr als 600 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern des Landes zählt, rund 60 eigene Backstubencafés in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg betreibt und im Tiefkühlbereich auch ins Ausland, vor allem die skandinavischen Länder exportiert.

„Wir haben aber nicht über Jahre hinweg geplant, sondern sind Schritt für Schritt vorwärts gegangen, entwickelten immer neue Ideen, haben Nischen gesucht und vor allem den Kopf nicht in den Sand gesteckt, wenn mal etwas daneben ging“, verrät der 70-Jährige seine Unternehmensphilosophie, die seine Töchter Kathrin und Christina ebenfalls leben. Und nicht zuletzt Bärbel Neumann als „Mutter der Companie“, die nicht nur viele Fäden zusammenhält, sondern unter anderem auch für das Design der Backstubencafès verantwortlich zeichnet.

Ein Familienunternehmen also, wie es im Buche steht. Und wenn alles klappt, bleibt die Firma auch in Familienhänden. Denn die nächste Generation steht mit den Enkeln Moritz und Emelie fast schon in den Startlöchern.

Foto ganz oben: Die Knirpse der Kita „Nesthäkchen“ begeisterten mit einem niedlichen Ständchen.
Foto rechts im Text: Bärbel und Günther Neumann
Foto links im Text: Perfekter Tortenanschnitt
Foto unten: Günther Neumann ist ein Familienmensch: Hier zusammen mit Ehefrau Bärbel, Tochter Kathrin Rossa und Ehemann Achim sowie Tochter Dr. Christina Kohn und Ehemann Tobias.


Kommentare sind geschlossen.