Nach über 40 Jahren hängt Bruno die Polizeimütze an den Nagel

7. Februar 2021

Er ist das, was man einen Polizisten der alten Schule nennt und er ist an der Müritz bekannt, wie der sprichwörtliche bunte Hund: Nach mehr als 40 Jahren im Polizeidienst hängt Bruno Krafzik die Uniform jetzt an den Nagel. Für ihn beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt – im Ruhestand, der aber sicher gar nicht so ruhig wird.
Die meiste Zeit seines Dienstlebens hat der Polizeioberkommissar an der Müritz für Recht und Ordnung gesorgt. Und sich dabei viel Respekt und Anerkennung verschafft. Nach Möglichkeit immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen und ganz viel Menschlichkeit. Und so ist es kein Wunder, dass ihn ein Einsatz besonders mitgenommen hat und wohl auch nach dem aktiven Dienst begleiten wird: Bruno Krafzik war es, der die tote Sarah im Horrorhaus Alt Rehse gefunden hat – eingewickelt in eine Tüte und schon stark verwest.

„So etwas vergisst man nie. Da hatte ich wirklich sehr lange mit zu tun“, erzählt der 60-Jährige, der seinerzeit gemeinsam mit einem Ordnungsamtsmitarbeiter wegen einer gemeldeter Ruhestörung in Alt Rehse im Einsatz war und schließlich die schreckliche Entdeckung machte. Ein Fall, der mehrere Jahre für deutschlandweite Schlagzeilen sorgte und schließlich genauso tragisch endete, wie er begann: Der Mann, der für den Tod seiner damaligen Lebensgefährtin verantwortlich gemacht wurde, starb im vergangenen Jahr bei einer Verpuffung in seiner Neustrelitzer Wohnung.

Ein Polizist zum Anfassen

Doch solche Fälle sind eine Ausnahme im Leben eines Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern. Das war zum Glück kein Alltag im Dienstleben von Bruno Krafzik. Ein Dienstleben, das 1980 begann. Schon als Kind stand für den in Grüssow bei Malchow aufgewachsenen Bruno fest: Ich werde Polizist. Und er ist es geworden. Zunächst bei der Bereitschaftspolizei in Berlin, anschließend dort im „normalen“ Polizeidienst und seit 1985 in Waren. Zwischenzeitlich lernte er seine Frau, eine Berlinerin, kennen, die sich mit ihm gemeinsam für den Arbeitsort an der Müritz entschied. Bis auf sieben Jahre in Penzlin schob der 60-Jährige Dienst in Waren.

Und davon ganz viele Jahre zusammen mit seinem Kollegen Ingo Dahnke. Die beiden, so erzählt man in der Stadt, gab’s fast nur im Doppelpack. Richtig losgelegt hat das Duo 1994, als die so genannten Kontaktbereichsbeamten eingeführt worden. Das waren sozusagen sie DDR-Abschnittsbevollmächtigten (ABV) des Westens – meistens zu Fuß auf Streife, immer im Kontakt mit den Bürgern und vor allem jederzeit ansprechbar. „Ich kenne Bruno bestimmt seit 20 Jahren, nicht privat, sondern als Polizisten. Einer, mit dem man reden kann, auch mal rumalbern. Nicht abgehoben, aber eine Respektperson. So stelle ich mir Polizisten vor“, schätzt ein Geschäftsmann aus Waren ein.

Einsätze mit Kindern besonders schlimm

Große Feste in Waren? Bruno und Ingo waren eigentlich immer dabei. Sorgten bei der Müritz-Sail genauso für den reibungslosen Ablauf wie beim Müritzfest oder auch Demonstrationen – ruhig, besonnen und so ganz ohne Machtgehabe. Zwei von uns, wenn man so will. „Ohne die Beiden geht so ein Fest doch gar nicht erst los“, heißt es deshalb auch in Waren.

Doch diese Fest müssen künftig ohne Bruno starten. Denn der 60-Jährige widmet sich ab sofort mehr seinen Hobbys: Der Hundezucht und der Jagdhundeausbildung. Denn auch damit hat er sich in der Vergangenheit einen guten Namen gemacht. Außerdem will der Ruheständler mit seinen beiden Enkelkindern – 5 und 8 Jahre alt – viel mehr Zeit verbringen.

Apropos Kinder: Einsätze, bei denen es um kleine Mädchen und Jungen ging – egal ob Unfall oder häusliche Probleme – sind ihm in seinem Berufsleben besonders an die Nieren gegangen. „Das steckt man nicht einfach so weg.  Wenn ich einen Einsatz in Familien hatte, wo sehr schnell klar war, dass die Kinder unter den Umständen leiden, habe ich immer versucht, das Beste für die Kleinen zu erreichen. Ich hoffe, das ist mir gelungen. Aber manchmal blieb ein ungutes Gefühl, denn hier und da sind uns auch die Hände gebunden“, berichtet der Polizeioberkommissar. Da hilft es dann, mit Kollegen zu reden.

Weniger Respekt vor den Beamten

Aber nicht nur diese Einsätze werden ihm ein Leben lang im Gedächtnis bleiben. Gerne erzählt er von einem Einsatz noch zu DDR-Zeiten. Da haben er und ein Kollege in einer Berliner Nebenstraße einen Einbrecher gestellt, der einen aus einer Wohnung gestohlenen Fernseher auf dem Buckel trug. Die Plackerei wäre auch umsonst gewesen, wenn die Polizei ihn nicht erwischt hätte, denn der Fernseher war kaputt… Der Einbrecher ging trotzdem in den Knast. „Damals wurden solche Vergehen noch härter bestraft“, weiß der Polizist, der auch keinen Hehl daraus macht, dass die tägliche Arbeit der Beamten erheblich schwieriger geworden ist. Statt auf Respekt treffen die Polizisten immer häufiger auf Beleidigungen, Beschimpfungen, ja sogar körperliche Angriffe. Und wenn sie einen Täter geschnappt haben, läuft er ihnen einige Tage später schon wieder fröhlich lachend über den Weg. Das zermürbt.

Auf Menschen schießen musste der Müritzer zum Glück nie in den über 40 Jahren als Schutzmann. „Ein Glück, denn das ist wohl das Schlimmste, was einem als Polizist passieren kann“, gibt er zu. Gefährlich ist es aber dennoch hin und wieder für ihn und seine Kollegen geworden.

„Man weiß nie, was einen erwartet, wenn man zu einem Einsatz fährt. Da kann eine gemeldete nächtliche Ruhestörung ganz schnell lebensgefährlich für Polizisten werden“, weiß der erfahrene Beamte, der während eines Einsatzes auch schon mal von einem Hund gebissen wurde. Damals wollte er einer betrunkenen Frau helfen, die hilflos in den Warener Kietzanlagen lag. Doch ihr Hund fand das gar nicht gut und schnappte zu.

Apropos Frauen. Da hat Bruno Krafzik auch so seine Erfahrungen gemacht. Mit autofahrenden Frauen, die sich betrunken ans Steuer gesetzt haben. „Wenn Frauen betrunken fahren, dann gleich mit ordentlich Promille“, ist seine Erfahrung und erzählt von einer Dame, die er in Waren gestoppt hat, die auch ganz normal aussteigen konnte, sich nur ein bisschen an ihrem Auto abstützen musste. Lediglich ein Glas Wein hatte sie nach eignen Angaben getrunken. Bei dem Ergebnis ihres Alkohltestes musste sich auch der erfahrene Schutzmann die Augen reiben: Weit mehr als drei Promille Alkohol hatte sie intus.

An diese und viele weitere Begebenheiten wird Bruno Krafzik ganz sicher auch im Ruhestand denken.Und natürlich an seinen Dienstpartner Ingo Dahnke, mit dem er seine erste Schicht und auch seine letzte Schicht schob.

Foto oben und unten: Bruno Krafizik (jeweils links) und sein Kollege Ingo Dahnke, mit dem er die erste und auch die letzte Schicht absolvierte.

Foto im Text: Bruno Krafzik und Kollegen bei einem Einsatz während einer Demonstration in Waren.


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