Trotz Krise: Waren kann auch 2023 kräftig investieren

11. Februar 2023

Es sind schwierige Zeiten: Krieg in Europa, Inflation, Energiekrise, hohe Baukosten und große Ungewissheit: Dennoch kann die Stadt Waren mit einem ausgeglichenen Haushalt – Einnahmen und Ausgaben halten sich die Waage – auch in diesem Jahr ordentlich investieren. Wenn denn alles so klappt, wie geplant.
Rund 7,8 Millionen an Investitionen enthält der Haushalt für 2023. Und so haben Warens Stadtvertreter dem Haushalt auch einstimmig ihren Segen gegeben. Kritik an der Verwaltung gab es aber trotz der Einmütigkeit. Vor allem zu den Investitionen. Die gehen vielen Politikern viel zu schleppend voran – Stichwort Schulen und Steinmole.

Zu den Investitionen, die Bürgermeister Norbert Möller während der Haushaltsdiskussion präsentierte, zählen der Ausbau der Rosa-Luxemburg-Straße, die schon im Gange ist, die Sanierung der Regionalschule Waren/West, die schon seit Jahren nicht voran kommt, die Erschließung des neuen Wohngebietes auf dem Papenberg, die Erweiterung des Gewerbegebietes Rothegrund, die Digitalisierung der Schulen, der Neubau des Radweges von Falkenhagen nach Jägerhof, weitere Umstellung von Straßenlampen auf LED sowie ein großes Notstromaggregat (WsM berichtete).

Außerdem findet sich im Stellenplan jetzt ein Klimaschutzmanager, der aber nur eingestellt werden kann, weil die Stadt eine andere Stelle nicht nachbesetzt. Über die Einstellung eines Klimaschutzmanagers wurde viele Jahre in Waren diskutiert. Sie scheiterte bislang an der Mehrheit der Stadtvertreter, nur durch den gefundenen Kompromiss kann er jetzt ausgeschrieben werden.

Auch die Vereine werden in diesem Jahr wieder bedacht, und zwar mit gut 2,2 Millionen Euro.

CDU-Politiker Christian Holz, einst selbst Bürgermeister-Kandidat, war der erste, der die fehlenden Investitionen in Waren beklagte. „Nicht investieren ist auch keine Lösung, es wird alles nur teurer.“ Als Beispiel nannte er den seit langem geplanten Ausbau der Steinmole. Für den waren einst bis zu 90 Prozent Förderung zugesagt, jetzt sind es lediglich 40 bis 50 Prozent, die das Land dazu geben möchte – und das bei gestiegenen Baukosten. Darüber hinaus seien Fördermittel in Größenordnungen bei der nötigen Sanierung der Schulen in Warens Westen „verschenkt worden“. Trotz aller Schwierigkeiten machte Holz deutlich, dass seine Fraktion Steuererhöhungen nicht zustimmen werde, solange es andere Möglichkeiten gebe. 

Ganz im Gegensatz zu Heiko Seifert, Fraktionschef der Linken. Der erklärte, dass man auf der Einnahmeseite etwas tun müsse. Dafür müsse man bei ehrlicher Diskussion auch über Steuererhöhungen reden.

Jeden Tag 5000 Euro futsch

Hart ins Gericht mit der aktuellen Stadtpolitik ging wie erwartet FDP/MUG-Chef Toralf Schnur. Er rechnete vor, dass jeder Tag, an dem Waren mit 30 Millionen Euro auf der hohen Kante durch die Inflation täglich 5000 Euro verliere. Auch er hält die Vorgänge rund um die Sanierung der Steinmole für ein Desaster, das Ergebnis seien weniger Fördermittel und wahrscheinlich ein Projekt, das deutlich kleiner als geplant ausfallen müsste. 

Ein Dorn im Auge sind Schnur zudem die 200 000 Euro, die Waren als ein Gesellschafter jetzt im Jahr für die Betreibung des Müritzeums zuschießen muss. Als einen Grund dafür sieht er die Bezahlung der Mitarbeiter, die nun nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes entlohnt werden. „Warum“, fragte der Liberale, ohne darauf eine Antwort zu bekommen. 

Den noch nicht in Angriff genommenen, aber dringend nötigen Ausbau der Regionalen Schule Waren/West bezeichnete Toralf Schnur als „an den Baum gefahren“ und kritisierte zugleich die komplette Schullandschaft in Waren: „Kinder unserer Stadt fahren freiwillig nach Röbel in die Schule, Gymnasiasten lieber nach Neustrelitz. Wir brauchen endlich etwas Vorzeigbares, deshalb ist für uns ein Neubau noch nicht vom Tisch.“

Zugleich stellte der FDP/MUG-Fraktionschef die Bibliothek in Frage. Die koste jährlich 215 000 Euro. Nicht verstehen könne er zudem die Verdoppelung der Kosten für die beiden Jugendzentren in den vergangen zehn Jahren – ohne, dass sich dort mehr Jugendliche aufhalten würden.

„Inklusion“ ist ein Fehler

Die Bibliothek und ihre hohen Kosten monierte auch Frank Müller als Chef der AfD-Fraktion: „Für uns sind die Schulen wichtiger, zumal die Bibliothek wirklich nicht sehr intensiv genutzt wird. Was brauchen wir eine Bibliothek, wenn die Kinder nicht mehr lesen können?“ Den Klimamanager hält die AfD ebenfalls für überflüssig: „Wer sich über diese Einstellung freut, ist mit dem Klammerbeutel gepudert“, sagte Müller und monierte wie fast alle Fraktion die Schulproblematik. Die jetzt veranschlagte Förderung von 2,7 Millionen Euro sei noch nicht sicher, für das eingeplante Geld erhalte man lediglich eine kleine Sanierung, und auch das vorgesehene Geld aus dem Verkauf der Grundstücke auf dem Papenberg stehe noch nicht zur Verfügung. Die Inklusion und die damit einhergehende Schließung der Förderschule halte seine Fraktion für falsch.

Die SPD-Fraktion zeigte sich froh über die geplante Festeinstellung von zwei Rettungsschwimmern. Die sollen zunächst Arbeitsverträge für zwei Jahre erhalten. „So können wir hoffentlich den Personalbedarf in unseren Bädern decken“, meinte Petra Klebba. Auch ihre Fraktion zweifle an dem Konzept der Inklusion und am Erfolg des neuen Wohngebietes auf dem Papenberg. Bei 12,7 Millionen Euro Erschließungskosten sei zu befürchten, dass sich Familien mit Kindern die Grundstücke wieder nicht leisten könnten, sondern nur gut betuchte Senioren, die hier ihren Ruhestand verbringen wollen. Zum Ausbau der Steinmole stehe die Fraktion der SPD nach wie vor. 

KOMMENTAR

War es der übliche Schlagabtausch, der zu jeder Haushaltsdiskussion gehört? War es das Gedöns der Oppositionspolitiker, das in keiner Stadtvertretersitzung fehlen darf? Oder war es nur Kritik um der Kritik willen?
Nein, fast alle Fraktionen haben zu einem ganz wichtigen Thema ziemlich klare Worte gefunden: Die fehlende Investitionsfreudigkeit der Stadt Waren, ja die Schlafmützigkeit, mit der Waren seit einiger Zeit daher kommt. Und damit haben sie leider Recht.

In Waren ist in den vergangenen Jahren nicht sonderlich viel passiert. Die Bilanz des Bürgermeisters, der gerade in seiner zweiten Amtszeit auf dem Chefsessel in der Verwaltung sitzt, ist mehr als dürftig. Zugegeben: Es gab hier und da einen neuen Spielplatz, ab und zu konnte Möller auch ein Bändchen zur Straßeneinweihung zerschnippeln – wenn auch mit Verzögerungen, und ja, die Kurtaxe wurde ordentlich angehoben, um die Kasse zu füllen.
Aber alle größeren Projekte scheiterten oder verstauben irgendwo in Verwaltungsschubladen. Angefangen vom Aqua Regia Park, den ein windiger Geschäftsmann auf den Nesselberg setzen wollte und der die Stadt eine Ewigkeit an der Nase herumgeführt hat. Trotz aller Warnungen hielten Möller und seine Mitarbeiter viel zu lange an dem Projekt fest. Und so ist auf dem Nesselberg nach wie vor keine Urlaubseinrichtung mit Schwimmbad, Wellness und Co. in Sicht – eine Anlage, die Waren gerade außerhalb der Saison dringend bräuchte.

Über das Wirrwarr um die Schulen in Waren/West könnte man eigentlich lachen, wenn’s denn nicht so traurig wäre. Denn die Bedingungen, unter denen die Mädchen und Jungen gerade in der Regionalschule West lernen müssen, sind alles andere als ideal. Da hilft es auch nicht, dass die Lehrer alles dran setzen, es den Schülern trotz der Umstände so angenehm wie möglich zu machen. Seit Jahren wird um An-, Neubau und Sanierung diskutiert, eine Planung nach der anderen vorgelegt. Zwischenzeitlich sieht’s mit einer Förderung ziemlich mau aus. Weil, ja weil die Trödelei ordentlich Förderung gekostet hat.

Das gleiche Trauerspiel bei der Steinmole. Jahrelang freuten sich der Bürgermeister und seine Leute auf zugesagte 90 Prozent Förderung, priesen einen großen Ausbau für die touristische Weiterentwicklung an. Doch auch hier dauert alles viel zu lange Die Bummelei hat die Stadt inzwischen Millionen gekostet und wird wahrscheinlich eine mächtig abgespeckte Variante zur Folge haben. Ein Ende ist weder bei den Schulen noch bei der Steinmole in Sicht. 

Und da gibt es noch viele weitere Beispiele, wie das hoch und heilig von Bürgermeister Möller vor der Wahl versprochene Parkhaus. Pustekuchen! Nicht mal zusätzliche Parkplätze sind in Waren entstanden. Eher verschwunden. 

Die Liste der nicht umgesetzten Vorhaben ist lang. Die Amtszeit von Norbert Möller auch noch. Er könnte also noch beweisen, dass er doch nicht der Bremsklotz- oder Stillstand-Bürgermeister ist, wie er in Waren schon genannt wird. Wenn, ja wenn er und seine Verwaltung endlich in die Puschen kommen.

                                                                                                                                              Antje Rußbüldt-Gest

 


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