Gut acht Monate ist es her, dass Jens Christen bei einem Großbrand alles verloren hat: Seine Firma, seine Wohnung, alle Erinnerungsstücke. Nichts blieb ihm nach dem verheerenden Feuer im Kameruner Wald. Und dennoch stand für den 54-Jährigen Warener schon wenige Stunden später fest: Ich baue die Bootswerft wieder auf – auch für die Mitarbeiter und Auszubildenden. Mut gemacht haben ihm die riesige Anteilnahme und die große Unterstützung, die er erfuhr. Da waren Freunde zur Stelle, die ihn auffingen, da gingen viele Spenden ein und da standen ihm Menschen zur Seite, die einen Neustart erleichterten. Heute rollen die ersten Baufahrzeuge auf dem Gelände der Traditionswerft, die Baugenehmigung liegt vor, die Firmen sind gefunden. Aber auch nach über acht Monaten fällt es Jens Christen nicht leicht, über das Erlebte zu sprechen. Man merkt ihm nach wie vor an, wie sehr ihn der Großbrand mitgenommen hat und man spürt im Gespräch mit ihm eine große Dankbarkeit.
„Nein, wir wollen auf gar keinen Fall in eine andere Firma, wir wollen bei Jens bleiben“, sagte Azubi Ole einen Tag nach dem Feuer gegenüber „Wir sind Müritzer“. Er ist im dritten Ausbildungsjahr, kommt aus einer Potsdamer Bootsbauerfamilie und konnte seine Tränen im Oktober des vergangenen Jahres nicht zurückhalten. Heute erzählt Ole ganz begeistert von seinem tollen Beruf, den er lernt, von der Zeit nach der Brand-Katastrophe und seinen Plänen für die Zukunft.
Eine Zukunft hat auch die Bootswerft Christen. Unternehmer Enno Möller stellte dem Unternehmen nach dem Feuer eine Halle in der Isenbahnstrat zur Verfügung. Die war allerdings zunächst alles andere als eine geeignete Werkstatt. Doch Dank der enormen Spendensumme von rund 98 000 Euro, die rasend schnell zusammengekommen ist, konnten Jens Christen, seine Jungs und die vielen Helfer, die Halle innerhalb von nur drei Wochen in eine kleine Werft umbauen. Die nötigen Maschinen wurden zum größten Teil gebraucht gekauft. Und so entstehen in dieser Halle jetzt die begehrten Boote, die nicht nur in Deutschland gefragt sind. Alles Handarbeit.
„Die Spenden haben uns gerettet, sonst hätte ich meine Lehrlinge und Mitarbeiter nicht behalten können und die Firma aufgeben müssen“, erzählt der 54-Jährige gerührt. Von den vier Auszubildenden sind noch drei bei ihm im Betrieb.
Große Dankbarkeit
Die Baugenehmigung lag für deutsche Verhältnisse ziemlich schnell vor, die Politiker, die nach dem Brand zum Ort des Geschehens kamen, habe ihre Versprechen gehalten. Wie bei Bauprojekten üblich, hakt es hier und da auch bei diesem Vorhaben ein bisschen, doch Jens Christen hofft, dass der Rohbau bis Ende des Jahres steht. Vom alten Objekt am Müritzufer in Kamerun steht nur noch der vor dem Brand gerade errichtete Büroteil. Das neue Gebäude wird fast so aussehen, wie das alte – mit Büro, Gaststättenbereich, Wohnung und natürlich großer Halle.
Die Werft in Kamerun besteht seit 1946, die Eltern von Jens Christen übernahmen sie 1979, er selbst lernte im elterlichen Betrieb und musste ihn nach dem plötzlichen Unfalltod seiner Eltern 1995 von gleich auf jetzt übernehmen. Die präzise Qualitätsarbeit, die seine Boote so besonders machen, hat das Unternehmen über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gemacht. Sechs bis zwölf Monate dauert der Bau eines bestellten Bootes, auch Restaurierungen von alten Modellen brauchen ihre Zeit. Hier ist nichts von der Stange, alles individuelle Fertigungen und Restaurierungen. Die Kunden bekommen Unikate und Liebhaberstücke, die sie ein Leben lang begleiten.
Wie sehr die Kunden die Arbeit der Bootswerft Christen schätzen, hat sich nach dem Feuer-Inferno gezeigt: Sie spendeten und griffen dem Inhaber auch in anderen Bereichen unter die Arme. „Das war wirklich unglaublich.“
In der Öffentlichkeit steht der 54-Jährige nicht so gerne, den Termin mit „Wir sind Müritzer“ und dem NDR macht er trotzdem. Aus einem wichtigen Grund: „Ich bin nach wie vor sehr überwältigt von der enormen Hilfe, die meine Mitarbeiter und ich bekommen haben. Dafür möchte ich einfach einmal Danke sagen.“
Sein besonderer Dank gilt Esther Blum, einer Freundin der Firma, die selbst geholfen, aber auch Hilfe organisiert hat. Unter andere rief sie die Spendenaktion ins Leben – die bislang wohl größte in Waren. Danke sagt Jens Christen auch der Familie Stock/Schulz – Nachbarn der Werft. Sie haben ihn aufgefangen und nach dem Feuer ein vorübergehendes Zuhause gegeben. „Ich kann hier natürlich nicht alle Menschen aufzählen, die mich unterstützt haben, jeder Einzelne war sehr wichtig für mich“, erzählt der Warener mit Tränen in den Augen, die ihm unangenehm sind, ihm aber gar nicht unangenehm sein müssen. Denn das, was er erleben musste, steckt man nicht einfach so weg.
Auch für Warens Feuerwehrleuten war dieser Brand kein „normaler“ Einsatz. Nicht nur wegen des Ausmaßes, sondern weil ein Kamerad von ihnen bei den Löscharbeiten schwer verletzt wurde. Jens Christen gehörte zu den ersten, die den Verletzten im Krankenhaus besucht haben. Dass ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz an seiner Immobilie verletzt wurde, nagt noch immer an ihm. „Ich hoffe sehr, dass er nichts zurückbehält und möchte auch den Freiwilligen, die hier im Einsatz waren, danken. Sie haben es geschafft, dass kein Nachbarobjekt Schaden genommen hat. Nicht die Bootsschuppen und nicht die Nachbarhäuser. Wir haben wirklich professionelle Feuerwehrleute hier in Waren“, sagt Jens Christen.
Und auch wenn der 54-Jährige noch nicht alles verarbeitet hat, schaut er jetzt optimistisch nach vorne und freut sich mit seinen Mitarbeitern auf die Zeit, in der er mit ihnen wieder direkt am Ufer der Müritz an den besonderen Booten feilen, schleifen und streichen kann.
Einen Bericht über Jens Christen und sein Team gibt’s heute Abend um 19.30 Uhr auch im NDR-Nordmagazin
Wir gratulieren Dir, unserem Lieblingsbootsbaumeister Jens, und Deinem Team zum Neuaufbau der Werft!
Toi, toi, toi! Deine Freunde und Holzbootsegler vom Warener Seglerverein
Gratulation auch vom Berufsschullehrer für die erfolgreiche Aufbauleistung der Werft nach der Katastrophe, auch die der Auszubildenden.
Ganz tolle Nachricht, dass der Neuaufbau der Werft beginnt. Viel Glück und gutes Gelingen.
Danke, Frau Rußbüldt-Gest für den schönen Artikel.
jens Respekt und Anerkennung.
Aber gute Menschen sind nie alleine .
Viel Erfolg weiterhin dein Schulkamerad.
Ja super, dass es weiter geht!
Ich bin begeistert von dem Durchhaltevermögen