Frau mit Kabel gewürgt: Zwei Jahre und sieben Monate Haft

23. Mai 2023

Man braucht kein Prophet sein: Das Landgericht Stralsund hat im Fall eines Mannes aus Vorpommern, der seine Ex-Frau im Dezember attackiert und gewürgt hat (WsM berichtete) ein Urteil gefällt, das für viele Diskussionen sorgen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Freiheitsstrafe für versuchten Mord bei der ersten Attacke und versuchten Totschlag beim zweiten Angriff verlangt. Die Verteidigung wollte maximal eine Bewährungsstrafe, da sie nur zwei Körperverletzungen sah, ihr 46 Jahre alter Mandant schon fünf Monate U-Haft verbüßt habe und im Übrigen noch nie straffällig war. Heraus kamen am gestern zwei Jahre und sieben Monate Freiheitsstrafe für den ehemaligen Traktoristen, der seit 2019 arbeitslos ist. 

Dem 46-Jährigen wurde vorgeworfen, seine Ex-Frau in seiner Küche in einem Mehrfamilienhaus in Bad Sülze hinterrücks mit einem Ladekabel gewürgt zu haben. Die 43-Jährige, die wegen einer Behinderung eine Betreuerin hat, konnte sich befreien und fliehen, wurde aber verfolgt und nochmal draußen im Dunklen vom gleichen Mann misshandelt und gewürgt. Eine Nachbarin ging dazwischen – das war am 22. Dezember 2022 (WsM berichtete) 

Das Landgericht hob gestern auch gleich den Haftbefehl gegen den 46-Jährigen auf. „Wir sehen angesichts der verbüßten Strafe und der daraus erwachsenden Straferwartung keine Fluchtgefahr“, sagte Richter Kai Klingmüller. So kam es, dass der Mann das Landgericht in Fußfesseln betrat und dann frei nach Hause gehen konnte.

Wenn die Haftstrafe rechtskräftig wird, also keine der beiden Seiten  Revision einlegt, müsse der Verurteile seine Strafe zu großen Teilen aber noch verbüßen, sagte ein Gerichtssprecher. Klingmüller folgte auch nicht der Argumentation der Staatsanwältin. Die Kammer sah im ersten Fall eine „gefährliche Körperverletzung“, aber kein versuchtes Tötungsdelikt mehr, im zweiten Fall sei es lediglich eine Körperverletzung gewesen. Hier hatte die Staatsanwältin einen versuchten Totschlag gesehen. „Das konnten wir nicht feststellen“, sagte der Richter. Hierzu seien die Angaben der Geschädigten zu vage gewesen.

Letztlich hatte der Ruf einer Nachbarin dafür gesorgt, dass der 46-Jährige an dem Abend im Freien aufgehört hatte, seine Ex-Frau zu misshandeln. Das betonte die junge Frau vor Gericht als Zeugin auch. Auch die Einschätzung einer Rechtsmedizinerin, dass die Würgemale am Frauenhals auf eine „erhebliche lebensgefährdende Behandlung“ hindeuteten, stimmten das Landgericht nicht um.

Der Angeklagte hatte gegenüber Polizisten zwar das Ladekabel als „Tatwerkzeug“ beschrieben und später auch herausgegeben, vor Gericht schwieg der Mann aber von Anfang bis Ende. Dass er und seine neue Verlobte sich damals mit seiner Ex-Frau auf ein Bier getroffen hatte, um über das gemeinsame neunjährige Kind zu reden, sagte er auch nicht. Auch die Verlobte, die im gleichen Block wie der Mann wohnt,  wollte vor Gericht lieber nichts sagen. Die Frist für eine Revision läuft  nach einer Woche ab. 


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