IHKs in MV zur aktuellen Situation im Land

17. April 2021

In den  MV-Gipfel sind die Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg- Vorpommern mit einer klaren Botschaft gegangen. „Wenn es nach dreizehn Monaten Pandemie tatsächlich keine wirksameren Maßnahmen gibt als wieder das öffentliche Leben, Schulen, Kitas und weitere Teile der Wirtschaft herunter zu fahren, dann müssen genauso entschlossen auch Entschädigungen an die betroffenen Wirtschaftsbereiche gezahlt werden. Zudem ist es höchste Zeit, die Pandemie von ihrem Ende her zu denken. Wir brauchen eine klare Zieldefinition, auf deren Grundlage wir dann gemeinsam eine Strategie und wirksame Maßnahmen entwickeln, um dieses Ziel schnellstmöglich zu erreichen“, so Matthias Belke, Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwerin. „Die Wirtschaft in MV erwartet, dass zeitgleich mit den weiteren Beschlüssen zur Pandemiebekämpfung geklärt ist, wie ausreichende Entschädigungen schnell und unbürokratisch an die betroffenen Unternehmen ausbezahlt werden können.“

Hinsichtlich der Rolle der IHKs beim MV-Gipfel stellt Belke klar: „Die IHKs weisen noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass die Kammern die Landesregierung im MV-Gipfel seit März 2020 konstruktiv-kritisch beraten. Diese Teilnahme darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Interessen der Unternehmen vollumfänglich durchgesetzt wurden. Die Entscheidungen trifft schlussendlich die Politik und diese muss sie auch verantworten.“

Unternehmen brauchen Perspektive

Die Unternehmen in MV, die von den Pandemiemaßnahmen betroffen sind, müssen wissen, wann und wie sie ihre Tätigkeiten wieder aufnehmen können. Ein Springen von Shutdown zu Shutdown mit einer starken Verunsicherung in der Wirtschaft und Bevölkerung lehnen die IHKs in MV ab. Vielmehr muss Mecklenburg-Vorpommern endlich wieder an die Spitze der Bundesländer mit der höchsten Impfquote kommen, da nur schnelles Impfen die entscheidende Wirtschaftshilfe in dieser Zeit darstellt.

Ferner wird in Wirtschaftskreisen die Frage gestellt, ob die öffentliche Hand wirklich alle Maßnahmen zum Infektionsschutz bereits eingesetzt hat. Hier ist etwa an die Ausstattung von Bussen und Bahnen und die Schülerbeförderung zu denken.

In Bezug auf das auf Bundesebene im parlamentarischen Verfahren befindliche Bevölkerungsschutzgesetz ergänzt Matthias Belke: „Die dort geregelte ‚Bundes-Notbremse‘ bei Überschreitung eines Inzidenzwertes von 100 Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen je 100.000 Einwohner ist angesichts der bereits bestehenden Regelungen der Länder aus Sicht der Wirtschaft weder notwendig noch sinnvoll“, so Belke. „Der Entwurf des Bundes lässt die mit den Corona-Landes-Verordnungen gesammelten Erfahrungen und die herrschende Rechtsprechung der Gerichte der Länder zu den Beschränkungen völlig außer Acht.“

Keine Beschränkung auf Inzidenzwerte

Eine feste Inzidenzgrenze behandelt Großstädte oder dünn besiedelte große Landkreise gleich. Anstelle von bewährten Ausnahmen für regional abgrenzbare, nicht diffuse Geschehen erlaubt die Inzidenzgrenze keine Reaktion auf die Lage vor Ort. Große, aber lokale Ausbrüche würden daher stets Folgen für die gesamte Region haben. Durch die im Gesetzentwurf festgelegten Zeiträume drohen „Jo-Jo-Effekte“ mit immer wiederkehrenden Öffnungen und Schließungen in wöchentlichen Abständen.

Die Beschränkung auf den Inzidenzwert als einzigen Indikator entspricht unter anderem nicht mehr den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts in der „ControlCOVID-Strategie“ vom 24. Februar.

Alle Verkaufsstellen des Einzelhandels von Waren des täglichen Bedarfs dienen der Versorgung der Bevölkerung. Daher ist eine starre Aufzählung erlaubter Branchen wie etwa Lebensmittelmärkten aus Sicht der IHKs in Mecklenburg-Vorpommern eine unzulässige Ungleichbehandlung.

Zusätzlich müssen der Verkauf an Gewerbekunden und der Außer-Haus- Verkauf („Click & Collect“) in allen Geschäften des Einzelhandels möglich bleiben, um die Funktionalität von Wirtschaft und Waren für Endverbraucher zu erhalten.

Keine pauschalen Ausgangsbeschränkungen

Eine Ausgangsbeschränkung von 21 bis 5 Uhr in ganzen Regionen begegnet ernsthaften rechtlichen Bedenken, da eine derartige pauschale Beschränkung ohne Abwägung möglicher milderer Mittel die konkreten diffusen und lokal beschränkten Infektionsgeschehen in einem Landkreis bzw. einer kreisfreien Stadt außer Acht lässt. Der Erlass einschneidender Maßnahmen lediglich auf Verdacht lässt sich in diesem fortgeschrittenen Stadium der Pandemie jedenfalls nicht mehr rechtfertigen.

Die Entschädigungsregelungen im Infektionsschutzgesetz werden einer Pandemie nicht gerecht. Ansprüche können trotz identischer Lage nur individuell von Schließungs-Betroffenen adressiert werden, nicht für die auf Rechtsverordnungen oder Allgemeinverfügungen veranlassten präventiven Betriebsschließungen. Eine monatelange teilweise Kostenerstattung – selbst bis zu 90 Prozent – kann kein Betrieb wirtschaftlich durchhalten. Das Infektionsschutzgesetz muss Entschädigungsregelungen auch für Betriebe enthalten, die von präventiven Schließungen betroffen sind.

„Perspektiven für Wirtschaft und Bevölkerung schaffen und impfen, impfen, impfen: Mehr denn je muss sich erfolgreicher Infektionsschutz durch eine hervorragende Organisation auszeichnen“, so Belke abschließend.


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