Kaum Vertreter von der Seenplatte in der AfD-Spitze
Der Neubrandenburger Enrico Komning ist der aussichtsreichste Vertreter der Mecklenburgischen Seenplatte bei der Alternative für Deutschland (AfD). Der Rechtsanwalt, der früher schon bei der Schillpartei und bei der FDP sein Glück versuchte, wurde am Wochenende in Demmin auf Platz fünf der Kandidatenliste des AfD-Landesverbandes gewählt.
Die von anderen Parteien als rechtspopulistisch eingeschätzte AfD rechnet sich gute Chancen für die Landtagswahl im September 2016 aus. Sollte sie wirklich 16 Prozent erreichen, wie eine letzte Umfrage ergab, wären das zwölf Sitze, hatte ein Parteimitglied schon errechnet. Auch in Röbel und Waren hat die AfD schon um Mitglieder geworben.
Der 47 Jahre alte Komning ist auch einer der Direktkandidaten seiner Partei an der Seenplatte, ihm werden aber gegen Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) – die aus Waren stammt –und den Neubrandenburger Stadtwerkechef Holger Hanson (CDU) kaum Chancen auf ein Direktmandat eingeräumt.
Grundsätzlich war der Optimismus bei den AfD-Leuten am Wochenende in Demmin groß – aber auch gleich so groß, dass deutlich mehr Mitglieder möglichst weit vorn auf die Kandidatenliste wollten als konnten.
So waren sich auch die AfD-Leute von der Seenplatte nicht einig. Gegen Komning trat nämlich mit Andreas Rösler aus Burg Stargard auch ein Mann von der Seenplatte an, scheiterte aber. Insgesamt sind die Regionen Schwerin, Rostock und Greifswald/Stralsund aber bei der AfD deutlich stärker vertreten. So wurde Landessprecher Leif-Erik Holm – ehemaliger Radiomoderator von Antenne MV – ohne Gegenkandidaten zum Spitzenkandidaten gewählt. Der studierte Volkswirt und ehemalige Rundfunkmoderator erhielt 130 von 173 Stimmen. „Wir werden in die Opposition gehen“, sagte der 45-jährige Schweriner.
Auf Platz zwei kam der andere Landessprecher und Greifswalder Familienrichter Matthias Manthei. Danach wählten die AfD-Leute die Schweriner Stadtvertreterin Petra Federau, die Bundeskanzlerin Angela Merkel als „Totengräberin von Deutschland“ bezeichnete. Sie selbst sei eine „aufrechte Patriotin“, wolle eine „Umvolkung“ in Deutschland verhindern und sich für die „Bewahrung der deutschen Lebensweise einsetze“n, sagte Federau, die eine vorbereitete Rede verlas. Nachfragen waren nur wenige erlaubt.
Auf Platz vier kam der wegen „Volksverhetzung“ rechtskräftig verurteilte frühere Landeschef Holger Arppe aus Rostock. Am Rande des Parteitags demonstrierten Linke und junge Leute gegen „Rassismus“.
Der unglaubliche Niveau-und Qualitätsverfall der etablierten Parteien (wie CDU, SPD und Grüne) ist ursächlich für das Erstarken extremer Entwicklungen rechter und linker Parteien. Weshalb das insbesondere in den neuen Bundesländern weit überdurchschnittlich zutage tritt, muß genau untersucht, analysiert und öffentlich gemacht werden. Nur eine baldige, ja unverzügliche und selbstkritische Auseinandersetzung mit den Gründen für diese beängstigende Entwicklung kann zu einem dringend notwendigen Neubeginn kultivierter und verantwortungsbewußter Politik führen. Und das mus von unten nach oben beginnen …. also zunächst auf der kommunalen-, dann auf der Landes- und danach auf der Bundesebene.
Wie notwendig eine qualifizierte Erneuerung der sog. etablierten Parteien ist, zeigt schon die bereits erfolgte und deutlich zunehmende Wahl von parteilosen Bürgern/innen in das Amt des Bürgermeisters. Das ist zunächst gut so, ersetzt jedoch auf Dauer nicht den politischen Auftrag der Parteien. Ein ebenso deutliches Zeichen ist jedoch auch das Erstarken der AfD und der Rechten. Diese Entwicklungen drücken zweifelsfrei die Unzufriedenheit der Menschen mit den Vertretern der etablierten Parteien aus. Und das müssen diese, offenbar in Selbstgefälligkeit ruhenden, Parteipolitiker nun endlich selbstkritisch zur Kenntnis nehmen. Wir dürfen die zunehmend stärker werdende politische Schieflage nicht weiter schweigend hinnehmen. Sonst dürfen wir uns über das Erstarken extremer Richtungen nicht wundern. Die etablierten Parteien werden eine positive Korrektur der bereits eingetretenen Schieflage aus eigener Kraft und Erkenntnis wohl nicht mehr erreichen. Jedes größere Unternehmen würde sich in einer solchen Situation von anerkannt qualifizierten und unabhängigen Experten beraten lassen. Das kostet letztlich erheblich weniger Geld als die Aufrechterhaltung unqualifizierter Parteien aus Steuergeldern. Ein Umdenken ist zwingend erforderlich.
….. es eilt!
Lieber Heinz-Peter Schifflers,
ich gebe Ihnen Recht, dass der Frust über die etablierten Parteien groß und zum Teil auch gerechtfertigt ist, aber sollten sich diese Parteien populistische Parolen zu eigen machen, um „Protestwähler“ an sich zu binden? Die Gründe für das Erstarken der AfD nur im Versagen der etablierten Parteien zu suchen, greift meiner Meinung zu kurz. Leider scheint es doch wohl so zu sein, dass es viele Menschen gibt, die herzlos und voller Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und allem was ihnen fremd erscheint sind. Ich hoffe aber, dass die Mehrheit aufwacht und sich gegen populistische und rechtextreme Parteien richten wird.
Lieber Herr Schröder,
ich denke, daß meine Einlassung nicht zu dem Schluß führen kann, daß sich die etablierten Parteien „populistische Parolen“ zu eigen machen sollten. Ansonsten stimme ich mit Ihnen überein.
Wirklich traurig, was für erbärmliche Figuren allein unsere kommunalen Volksvertreter abgeben. Hier in „Wir sind Müritzer“ sind sie nicht ersoffen, kriegen nur zuweilen sachliche, unverblümte Kritik. Was tun sie damit? Ignorieren, Wegducken, Aussitzen, Wehgeklage übers Amtsblatt, Schuld den Medien geben, weil nicht immer nett.
Es fehlt einfach an Mut. Wird man an die Spitze gewählt, dann nicht, um Gehalt und Einfluss mit Heimlichtuerei solange wie möglich zu halten, sondern um lutherisch „Ich stehe hier, ich kann nicht anders“ für Überzeugungen zu stehen, dabei auch mal gerecht oder ungerecht einzustecken. So jemand wird, auch nach einem Fehltritt, wieder gewählt – oder auch nicht. Aber was erleben wir? Stellung nehmen? Fehlanzeige. Verhaltensänderung? Nicht sichtbar. Transparenz bei den Entscheidungen? Nur soweit vorgeschrieben. Bürgerbeteiligung? Stört nur.
Das ist der Grund, warum Menschen den Gewählten nicht trauen, auf Populisten reinfallen, die simpel eine festgelegte „deutsche“ Kultur verteidigen, wie immer sie sich diese vorstellen und es denen, die nach Eigendefinition nicht dazu gehören, das Leben schwer machen wollen. Eins ist sicher: Die werden erst recht nichts zum Guten bewegen aber ebenso fest in ihren Sesseln kleben.