Lenin wacht noch – Ausstellung über Fallschirmspringer-Schule, Jagdfugplatz und Riesen-Solaranlage in Wittstock

3. Februar 2020

Was kann man aus einem großen ehemals militärischen Flugplatzgelände machen? Vor dieser Frage stehen etliche Kommunen im Osten Deutschlands, darunter Parchim, Lärz, Neubrandenburg oder Neuruppin und Wittstock. Da hilft manchmal auch ein Blick über den Tellerrand: So hat das Museum in Wittstock jetzt eine Ausstellung eröffnet, die den Weg von der Fallschirmschule der NS-Luftwaffe über fast 50 Jahre sowjetischer Flieger-Besatzung zu einem Energiestandort zeigt.
Die Schau in der Bischofsburg heißt „Vom Kriegstraining zur Energieerzeugung“ und läuft bis Mitte April.

Der Ausgangspunkt war ähnlich wie in Lärz und Rechlin. Seit die russischen MIG-Flugzeuge – zeitweise lebten bis zu 8000 Soldaten auf dem Gelände im Wittstocker Ortsteil Alt Daber – weg waren, wurde lange überlegt. Die Rote Armee hatte in Wittstock eine Extra-Stadt, ähnlich wie in Neustrelitz, wo auch Deutsche im „Magasin“ einkaufen durften.

Anfangs wollte die Bundeswehr nach der Wende und dem Abzug der Russen 1994 ja das riesige „Bombodrom“ daneben weiter zum Schießen und Fliegen nutzen. Deshalb tat sich lange nichts Endgültiges, wie die Museumschefin Antje Zeiger sagte. Erst nach 2009, als nach jahrelangem Protest der Bombodrom-Verzicht des Bundes kam, tat sich viel.

Über Jahre hatte es mal Autorennen, mal psychedelische und andere Musikfestivals sowie Fahrschulübungen auf dem alten Flugplatz Wittstock gegeben. Aber immer wieder missachteten Gäste die Absperrungen, so dass es der Stadt zuviel wurde.

Mit dem Verzicht der Bundeswehr konnten die Eigentümer endlich eigene Wünsche umsetzen. Von den 410 Hektar gehören 176 der Stadt, 186 dem Land und 45 Hektar dem Bund. Die Stadt ging einen Vertrag mit einem privaten Solaranlagenbetreiber ein und erhält im Jahr rund 500 000 Euro an Pacht, Tendenz steigend. Der Betreiber ließ 850 000 Solarmodule aufstellen, inzwischen folgten schon weitere. Die 2,4 Kilometer lange Start- und Landebahn ist deshalb nicht mehr zu sehen.

Zwischen den eingezäunten Solarflächen erinnert im Vergleich zu früher nicht mehr viel an die Militärzeit, außer mehrere ruinöse Hangars, ein Uhren- und Haupttturm, ein paar Backsteingebäude sowie eine Lenin-Statue. Diese Bauwerke wären auch schon abgerissen worden, glaubt die Museumsleiterin, aber sie wurden unter Denkmalschutz gestellt und verfielen.

In der Fallschirmschule Wittstock hatten in den 1940er Jahren hunderte Männer das Fallschirmspringen trainiert, darunter der Boxer Max Schmeling und der Schauspieler Joachim „Blacky“ Fuchsberger. Auch daran wird in der Schau erinnert. Auf dem Flugplatzgelände steht inzwischen auch ein Gedenkstein. Der erste Kommandant – ein Österreicher – war 1940 beim Training ums Leben gekommen und auf dem Flugplatz beigesetzt worden. Heute erinnert ein Gedenkstein daran.

Weitere „Prominente“ mit Bezug zu Wittstock waren der Sohn Stalins, der hier 1948/49 diente sowie der Vater der Kosmonautin Swetlana Sawizkaja, die 1982 nach Valentina Tereschkow als zweite Frau ins All flog und als erste Frau das Raumschiff verließ und einen Ausflug unternahm. In Wittstock hält sich zudem hartnäckig die Information, dass die 1948 geborene Kosmonautin sogar in Wittstock das Licht der Welt erblickte. Ihr Vater war zu der Zeit Kommandant in Wittstock – wohl mit Familie.


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