Mutter belastet Stiefvater im Leonie-Prozess – Angeklagter will endlich aussagen

5. Dezember 2019

Der Prozess um den gewaltsamen Tod von Leonie steuert auf seine Entscheidung zu. Gestern hat die Mutter des Mädchens ihre letzte Aussage vor dem Landgericht Neubrandenburg gemacht und den Stiefvater nach Aussage ihres Anwaltes Axel Vogt stark belastet. Ohne Einzelheiten aus der nicht öffentlichen Verhandlung zu verraten, sprach Vogt von einer „Spirale der Einschüchterung und Gewalt durch den Stiefvater“ in der Familie im vorpommerschen Torgelow. „Klar ist, dass Leonie eines gewaltsamen Todes starb, und dies nicht durch die Hand der Mutter.“

Damit bleibt nur der Stiefvater übrig, der mit den beiden Stiefkindern und der 25-Jährige Mitte 2018 von Wolgast nach Torgelow gezogen war. Angeblich wollte er dort Arbeiten gehen. Aber wo, wurde während des gesamten Prozesses nicht klar: Mal habe er Bekannten erzählt, er könne bei der Bundeswehr arbeiten, ein andermal sprach er von der Gießerei, wieder ein andermal war es ein Job bei einer Entsorgungsfirma.

Der 28-Jährige, dem Mord und Misshandlung Schutzbefohlener vorgeworfen wird, hat einmal eine Ausbildung begonnen, aber nicht beendet, und lebte von „Hartz IV.“ Er hatte auf der Insel Usedom als Hilfskraft in einem Lokal gearbeitet, wo er den damaligen Mann der 25-Jährigen und Vater von Leonie kennenlernte. Schließlich ging der echte Vater weiter arbeiten, der 28-Jährige kam nicht mehr und war schließlich „der Neue“ an der Seite der Mutter.

Um mehr Ruhe zu haben, wollte die Familie nach Torgelow bei Pasewalk, wo Mitte 2018 auch ihr gemeinsamer Sohn zur Welt kam. Dort soll der Stiefvater die Kinder aber mehrfach misshandelt haben, wie aus den Aussagen der Mutter hervorging, und das schon mindestens seit November 2018. Das Ganze soll auch im Zusammenhang mit einem regelmäßigen Drogenkonsum stehen, denn die Substanzen holte er aus Anklam – woher seine eigene Familie auch stammte.

Die Mutter habe mehrfach in den letzten Monaten versucht, Hilfe zu holen, sei aber nicht stark genug gewesen, nannte es ihr Anwalt.
Vor Gericht wurden nun auch Anruflisten aus einem Handy der Familie vorgelesen. Daraus ging hervor, dass schon am 8. Januar – Leonie starb am 12. Januar – jemand mehrfach die 110 gewählt hatte. An jenem Tag soll Leonie erneut schwer misshandelt worden sein, was Fotos aus der Familie vom 11. Januar belegen. Der Notruf sei aber nicht lang genug gewählt gewesen. Es hatte bei der Leitstelle nicht geklingelt. Irgendjemand hatte kurz vorher wieder aufgelegt.

Nun wird es am 9. Dezember weitergehen. Dann will sich der 28-jährige Angeklagte erstmals in dem Prozess äußern – auch zu einem angeblichen Treppensturz, den viele bezweifeln. Unklar ist aber noch, auf welche Weise sich der Stiefvater äußert.

Die Mutter machte dafür jedenfalls den Weg frei: Sie will nichts weiter mehr sagen, erklärte ihr Anwalt. Das müsse sie auch nicht, da sie sich selbst nicht belasten müsse. Gegen die junge Frau wird auch separat ermittelt. Sie habe den Tod ihres Mädchens noch lange nicht verarbeitet, sagte Vogt.


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