Ein Vorfall sorgt für Unruhe an der Käthe-Kollwitz-Schule in Waren: In einer WhatsApp-Gruppe, in der sich nach Informationen von „Wir sind Müritzer“ vorrangig Schüler einer vierten Klasse, also Zehnjährige, austauschen, sind jugendpornografische Videos mit eindeutigen sexuellen Handlungen verschickt worden. Die Polizei ermittelt, die Schulleitung hat die Eltern der betroffenen Kinder umgehend informiert, das Schul- und Jugendamt sowie die Sozialarbeiterin kümmern sich um die Kinder. „Die Schulleiterin hat wirklich sehr gut reagiert und alle relevanten Institutionen informiert. Sie ist sehr transparent mit dem Sachverhalt umgegangen und hat unserer Einschätzung nach alles richtig gemacht“, so Claudia Tupeit als Sprecherin des Polizeipräsidiums Neubrandenburg auf Nachfrage von „Wir sind Müritzer“.
Ans Tageslicht gekommen ist der Sachverhalt eher zufällig. Ein Zufall, der aber zeigt, wie wichtig die Präventionsarbeit der Polizei ist.
Eine Präventionsbeamtin der Polizeiinspektion Neubrandenburg war in dieser Woche an der Schule und hat zum Thema Cyber-Kriminalität mit Viertklässlern gesprochen. Dabei hat ihr ein Schüler anvertraut, dass in einer WhatsApp-Gruppe eben jene jugendpornografische Schriften verbreitet worden sind. Die Beamtin hat sofort die Schulleitung informiert.
Die Polizei nahm sofort entsprechende Ermittlungen auf. Beamte des Warener Reviers sind für Befragungen und zur Sicherstellung von dem Material aus dem Chat in der Schule gewesen. Im Weiteren werden die Ermittlungen von der Kriminalpolizeiinspektion Neubrandenburg übernommen. Das auf Sexualdelikte spezialisierte Fachkommissariat 1 ist bereits über den Fall informiert.
Die örtlich zuständigen Präventionsbeamten werden in der kommenden Woche mit den Eltern der betroffenen Klasse zusammentreffen und über den Fall und über präventive Möglichkeiten sprechen.
„Die Polizei nimmt den Fall sehr ernst. Leider gibt es seit einigen Jahren immer häufiger derartige Fälle, bei denen selbst Drittklässler mit kinder- und jugendpornografischen Bildern und Videos zum Beispiel durch Mitschüler oder in Chat-Gruppen konfrontiert werden. Aber auch die Anzahl von Kindern und Jugendlichen, die über soziale Netzwerke oder bei Online-Games in Sex-Chats verwickelt werden und von sich selbst Nacktbilder oder sogar mehr verschicken, ist drastisch angestiegen. Und wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen“, so Claudia Tupeit.
Appell an die Eltern
Für die Polizei im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte würden solche Anzeigen durch Eltern oder Schulen mittlerweile leider zum Alltag gehören. Daher wird der Fokus von Präventionsveranstaltungen in Schulen immer mehr auf das Thema Cybercrime gelegt. Im Vordergrund steht zwar zunächst die Sensibilisierung der Schüler und Lehrer für solche schlimmen Inhalte, aber explizit wichtig sei auch die Mitarbeit von Eltern.
„Wir appellieren hiermit an Eltern: Kontrollieren Sie regelmäßig die Handys und Laptops der Kinder und Jugendlichen. Eine Überprüfung von Chats bzw. der Nutzung von Apps wie WhatsApp, TikTok, Instagram und Co. kann solche Fälle aufdecken und ggf. noch verhindern, dass die Kinder und Jugendlichen gar selbst Bilder oder Videos von sich verschicken oder welche weiterleiten“, sagte die Polizeisprecherin.
Doch nicht nur die Kontrolle sei wichtig, sondern auch Aufklärung von Beginn der Handynutzung an. Wer bestimmte Apps oder Chat-Möglichkeiten nicht von vornherein für seine Kinder sperre bzw. deren Nutzung nicht unterbinde, sollte den eigenen Kindern klar machen, dass sie sich Eltern sofort anvertrauen, wenn sie selbst Bilder oder Videos mit sexuellem Hintergrund erhalten. Kindern sollte klar gesagt werden, dass es in keinem Fall in Ordnung oder eine lapidare Angelegenheit ist, wenn sie zu Sex-Chats mit Unbekannten oder zum Weiterleiten von sexuellen Bildern aufgefordert werden.
„Auch das Weiterleiten von kinder- und jugendpornografischem Material zum Beispiel an Freunde oder in Chat-Gruppen ist kein Kavaliersdelikt, sondern gehört zum Straftatbestand der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Schriften. Zudem muss man Kindern immer vor Augen halten, dass sie im Zweifel missbrauchte Kinder und Jugendliche sehen, die ihr Leben lang traumatisiert bleiben. Auch die negativen seelischen Auswirkungen auf Kinder, die solche Bilder oder Videos während ihrer Entwicklung zum Erwachsenen sehen, sollten nicht unterschätzt werden“, erklärte Claudia Tupeit weiter.
Die Kinder, die es betreffe, werden ihren Angaben zufolge immer jünger. Bereits in Grundschulklassen sei das regelmäßig ein Thema. „Oftmals merken wir als Polizei, dass neun-, zehn- oder elfjährige Kinder gar nicht so recht wissen, was sie da eigentlich auf diesen pornografischen Bildern sehen. Sie können das nicht einordnen, sind verwirrt, beschämt, aber auch amüsiert. Zudem besteht natürlich immer die Gefahr, dass Kinder sexuelle Darstellungen ’nachmachen‘ wollen, weil sie das Gesehene neugierig macht. Wir haben bei Ermittlungen schon erlebt, dass Kinder im Grundschulalter sogar total verroht mit solchen Darstellungen umgehen und es als ’normal‘ empfinden, dass auf Bildern der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu sehen ist.









Neueste Kommentare