Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt – so ging es Beobachtern jetzt beim Prozess wegen Kindesmissbrauch gegen einen 48 Jahre alten Mann aus Kargow. Gestern wollte das Landgericht Neubrandenburg das Verfahren eigentlich abschließen – aber so weit kam man gar nicht. Anfangs wurden noch zwei Zeugen angehört, darunter nochmals die Mutter von einem der mutmaßlich Geschädigten. Die Kammer von Richterin Daniela Lieschke konnte den Prozess auch erst später beginnen, weil vorher noch ein anderes großes Verfahren in dem Saal angesetzt war, was auch länger dauerte, als gedacht.
Somit war es schon mittags, als die Zeugenanhörungen vorbei waren. Wer nun dachte, jetzt wird die Beweisaufnahme bald geschlossen, und als Letztes kommen nun die beiden Gutachten an die Reihe, der sah sich getäuscht. Im Verfahren wurden neue Beweisanträge gestellt. Diese muss die Kammer sich anhören und darüber befinden, ob sie weitere Zeugen anhören oder Beweismittel einführen lässt. Das waren aber so viele Anträge, dass der Prozess vertagt wurde – auf den 18. Oktober.
Dann soll über die Beweisanträge entschieden werden. Da eine Gutachterin an dem Tag nicht kommen kann, kann dies Gutachten aber erst am 30. Oktober vorgestellt werden – alles wieder ohne Öffentlichkeit. Erst dann könnte die Beweisaufnahme geschlossen werden, so dass die Plädoyers folgen würden.
Doch wie das läuft, steht auch dann erst fest. Das Verfahren gegen den Angeklagten Stephan R. läuft wegen der „schutzwürdigen Interessen der mutmaßlich Geschädigten und auch des Angeklagten“ hinter verschlossenen Türen. Dem Mann wird sexueller Missbrauch von Jungen in mehr als 50 Fällen vorgeworfen, darunter ein Teil der Fälle als „schwerer sexueller Missbrauch“, der mit höheren Strafen belegt werden würde. Der Angeklagte hat sich laut Gericht bisher nicht zu der Anklage geäußert. Die Missbrauchsvorfälle sollen sich von 2018 bis 2021 im privaten Umfeld des 48-Jährigen ereignet haben. Bei dem Hauptgeschädigten – zum Tatzeitpunkt 11 und 12 Jahre alt – habe es sich um einen Freund des Sohnes des Angeklagten gehandelt.
Erst zur Urteilsverkündung soll die Öffentlichkeit wieder zugelassen werden.