Spendenscheck bringt Ärger für den Bürgermeister

29. September 2023

Wo kommt denn das Geld plötzlich her? Diese Frage haben sich nicht nur Warener Stadtvertreter gestellt, als sie vor rund zwei Wochen in verschiedenen Medien ein Bild von Bürgermeister Norbert Möller sahen, der einen Scheck über 9992 Euro an die Georgenkirche übergab. Und zwar für die Sanierung der Orgel des Gotteshauses. Soweit, so gut. Oder auch nicht. Denn die Georgengemeinde hat bereits einmal 10 000 Euro für die Restaurierung der Orgel bekommen – auf Beschluss der Stadtvertretung. Für die jetzt überreichten 9992 Euro gibt es keinen Beschluss. Muss es auch nicht, meint der Bürgermeister auf Nachfrage. Doch einige Stadtvertreter sehen das anders und hätten das Geld – wenn schon was übrig ist – gerne anders ausgegeben, unter anderem für den Kinder- und Jugendsport in der Stadt.

Alles in allem kostet die Restaurierung der 167 Jahre alten Lütkemüller-Orgel etwa 340 000 Euro, ein Drittel davon muss die Gemeinde selbst aufbringen. So bemühte sich die Gemeinde redlich und sammelte mit verschiedenen Aktionen, einen ordentlichen „Batzen Geld“ gab es zudem von der Sparkassenstiftung – wieviel? Streng geheim.Da die Restaurierung wie so vieles teurer geworden ist, fehlte noch Geld, und da kam der Scheck von Norbert Möller zu Beginn der Arbeiten genau richtig.

Aber woher kommen die 9992 Euro, wenn die Stadt doch an allen Ecken und Enden knausern muss? Aus so genannten „Haushaltsresten 2022“, wie Norbert Möller auf Nachfrage erklärt. Es handelt sich also um eingeplantes Geld, das im vergangenen Jahr eingeplant, aber nicht gebraucht wurde. Die Summe stammt aus zwei verschiedenen „Töpfen“. Der finanzielle Rahmen, über den er alleine entscheiden könne, sei nicht überschritten worden und die Stadtvertreter wolle er auch noch informieren. Außerdem komme die Restaurierung der Orgel der gesamten Stadt zugute, und man habe die Mariengemeinde seinerzeit zur Restaurierung des Bildes auch 15 000 Euro erhalten. Das sei dann auch eine Art Gleichbehandlung.

„Mehr als ein Geschmäckle“

Diese Gleichbehandlung sieht FDP/MUG-Fraktionschef Toralf Schnur nicht. „Jeder Verein in Waren muss um 200, 300 Euro für Projekte für Kinder und Jugendliche regelrecht kämpfen, und hier wird das Geld im fast fünfstelligen Bereich mal eben so aus der Kasse gezogen. Wir haben damals die 10 000 Euro Unterstützung beschlossen, weil die Restaurierung wichtig ist, aber nicht die weiteren 9992 Euro. Wir sollten uns darauf konzentrieren, Projekte für Kinder und Jugendliche zu unterstützen“, so Schnur. Seine Verärgerung kann er auch mit einer Zahl belegen: Für den Kinder- und Jugendsport gibt die Stadt Waren in diesem Jahr 75 000 Euro aus. Aber eine Kirchgemeinde erhält mal eben alle fast 20 000 Euro. 

Dass die eigenmächtige Entscheidung des Bürgermeisters rechtens gewesen ist, zweifelt der Liberale an und will dieses Handeln auch überprüfen lassen. Zumal Norbert Möller auch als Schirmherr der Restaurierung agiere, sein Parteikollege und Vorgänger Günter Rhein Vorsitzender des Fördervereins Kirchenmusik und sein ehemaliger Bauamtsleiter Gunter Lüdde im Kirchgemeinderat engagiert ist. Das alles habe schon mehr als ein Geschmäckle.

Foto: Stadt Waren/Stefanie Schabbel


7 Antworten zu “Spendenscheck bringt Ärger für den Bürgermeister”

  1. Suwi sagt:

    Das ist wiedermal typisch für Herrn Möller, eine Fehlentscheidung nach der anderen! Der Kind- und Jugendsport hätte es nötiger gehabt!!! Wann sind endlich Wahlen?

  2. Christine Bülow sagt:

    Also ich weiß nicht, ob sich alle Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter diese Frage gestellt haben. Laut Artikel wird nur einer genannt. Es gibt immer einen kurzen Weg zur Klärung, indem man den Bürgermeister einfach anruft und nachfragt. Aber das ist natürlich wenig medienwirksam. In jedem Fall ist die Summe für einen guten Zweck angelegt. Es sind bisher auch alle Anträge für den Kinder und Jugendsport bewilligt worden.
    Das letzte Konzert in der Georgenkirche hat gezeigt, wie groß das Interesse an der Restaurierung der Orgel ist.

  3. Toralf Schnur sagt:

    Stellungnahme der FDP/MUG-Fraktion:

    Zunächst ist festzustellen, dass die Sanierung der Orgel für die Kirchengemeinde St. Georgen bereits im Haushaltsjahr 2022 mit Haushaltsmitteln in Höhe von 10.000 durch alle Fraktionen der Stadtvertretung unterstützt wurde. Im Rahmen der Haushaltsberatungen für den Haushalt 2023, als auch den zuletzt beschlossenen Nachtragshaushalt, wurde trotz eines erneuten Antrages der Kirchengemeinde St. Georgen aus dem Dezember 2022 auf weitere Zuwendungen, mit den Stimmen aller in der Stadtvertretung vertretenen Fraktionen (einschließlich der SPD-Fraktion von Frau Christine Bülow), verzichtet.

    Die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen lassen lediglich einen Spielraum des Bürgermeisters für einzelne Aufwendungen in Höhe von bis zu 5.000 Euro zu, darüber hinaus entscheidet nach geltendem Recht der Hauptausschuss und somit die Stadtvertreter.

    Die Entscheidung des Bürgermeisters für eine weitere Zuwendung in Höhe von 9.992 Euro an die Kirchengemeinde St. Georgen verstößt somit zweifelsfrei nicht nur gegen die Beschlussfassungen der Stadtvertretung zum Haushalt, sie führt auch zu einer erheblichen Benachteiligung anderer kultureller Organisationen und Institutionen, denn die wussten ja nicht, dass dieses Geld überhaupt zur Verfügung steht und konnten daher keine Anträge stellen.

    Die Vertreter der FDP/MUG-Fraktion hätten gerne im zuständigen Ausschuss die Gelegenheit gehabt, verschiedene und vor allem auch andere Möglichkeiten zur Verwendung dieser Gelder zu diskutieren. Mit dieser Entscheidung wird der Stadtvertretung abschließend jedoch das Recht genommen unseren erfolgreichen Vereinen und Verbänden für ihre Jugendarbeit zusätzliche Zuschüsse zu gewähren, dies ist mehr als unfair.

    Im Übrigen ist es sehr befremdlich, wenn der Bürgermeister als Schirmherr des Projektes agiert und gleichzeitig das Geld der Steuerzahler für diese Schirmherrschaft nutzt. Wir fordern daher, dass über den Umfang von freiwerdenden Mitteln grundsätzlich öffentlich informiert wird, um allen Institutionen und Organisation die Gelegenheit zu geben, sich auf diese freigewordenen Gelder zu bewerben.

  4. Ilona sagt:

    Ja das finde ich auch, es hat einen schlechten Beigeschmack…und wenn es nach den Interessen der Warener geht, gibt es genug andere Institutionen, die nicht Zwangsbeiträge vom Gehalt kassieren, sondern mit sehr wenig Geld ihre Leistungen erhalten, auch mit viel Ehrenamt. Es ist sehr viel Geld, was da einfach verschenkt wurde

  5. Stefan sagt:

    Auch wenn die Frage komisch erscheinen mag, aber wie viele aktive Mitglieder hat die Kirchengemeinde?

    Ich persönlich bin Agnostiker.
    Ich glaube also nicht, dass es einen Schöpfer gibt, erkenne aber an, dass ich mich durchaus irren könnte.
    Sollte es dieses himmlische Wesen allerdings geben, so ist es garantiert eines nicht: ein Fan von Religion.

    Die Kirche hat in diesem Land immer noch einen Sonderstatus, bezieht öffentliche Gelder, lässt den Staat ihre Beiträge einsammeln, ist der größte private Grundbesitzer, verdient sich eine goldene Nase und kann die eigenen Gemeinden angeblich nicht unterstützen?
    Wären meine Zahlen derart rückläufig würde ich etwas mehr investieren.
    Religion ist für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Sie hilft nicht begreifbare Vorgänge einzuordnen, gibt emotionalen Halt und ab und an einen ganz brauchbaren ethischen Kompass ab, aber was die Religionsoberhäupter, übrigens egal welcher Konfession, daraus machen ist wirklich alles andere als heilig.

    In einer gerechten Welt würde die Kirche solche Sanierungen selbst, aus den Beiträgen ihrer Mitglieder und ihren sonstigen Einnahmen, zahlen und wir müssten uns nicht über Gelder, welche an vielen Stellen ebenfalls gut angelegt gewesen wäre, sprechen.

  6. Möwe sagt:

    Stefan , ein sehr guter Kommentar .

  7. ABC sagt:

    Es ist ja immer leicht zu schimpfen. Bin auch kein Freund vom BM. Er hätte das Geld aber auch der Flüchtlingshilfe oder für den Bau einer Moschee oder eines Tempels spenden können. Da könnten wir dann nicht mal meckern, gleich käme die Keule, dass wir hier alle eine rechte Gesinnung haben. Und die Geflüchteten die jetzt kommen sollen brauchen ja Versorgung.