Verwechslung? AfD-Politiker muss nicht zahlen

15. Juli 2022

Bei Bußgeldbescheiden sollte man ganz genau hinsehen. Das dürfte jedenfalls die Lehre für das Ordnungsamt des Kreises Vorpommern-Greifswald aus einem aktuellen Prozess sein. Vor dem Amtsgericht stand ein in der Region bekannter AfD-Mann – der Anwalt Enrico Komning aus Neubrandenburg. Komning war, wie alle Bundespolitiker im Sommer 2021 im heißen Wahlkampf, und eines seiner Fahrzeuge war dabei in Kavelpaß zwischen Friedland und Anklam geblitzt worden. Letztlich wurde der 53-Jährige nun vor Gericht wegen einer Verwechslung freigesprochen. Doch der Reihe nach: Der Fahrer war damals am Morgen etwas mehr als 60 Sachen mit dem Transporter durch Kavelpaß gefahren, wo 50 erlaubt sind. Nach Abzug aller Unwägbarkeiten blieben 10 Stundenkilometer zu schnell übrig.

Für die Beamten war der Fall klar: Komning sollte 110 Euro Bußgeld zahlen, weil er schon einen Eintrag wegen zu schnellen Fahrens hatte.

Der Bundespolitiker hatte nach seinen Angaben vor Gericht vor und nach der Wahl im September aber viel zu tun, konnte sich wohl nicht intensiv genug um den Fall kümmern.

Er legte Einspruch ein und wandte auch ein, dass ein Mitarbeiter, der ihm sehr ähnlich sehe, damals Wahlkampfutensilien aus Anklam nach Friedland geholt hatte und deshalb am Steuer gewesen war.

Das akzeptierte das Amt nicht, so kam es zum Prozess. Richter Gerald Fleckenstein, der solche Verfahren in Pasewalk reihenweise bearbeitet und auch schon andere Politiker vor sich hatte, lud diesmal beide Männer vor und machte es sich nicht leicht.

Er bat erst Komning zu sich nach vorn, verglich sein Konterfei genauestens mit dem Messfoto. Es weise Ähnlichkleiten auf, sei aber etwas dunkel, sagte der Richter. Danach musste der Mitarbeiter, der als Zeuge geladen war, nach vorn. Unter anderem anhand einiger markanter Falten im Gesicht des Zeugen urteilte der Richter dann zu Gunsten des Politikers. Das Bild ähnele dem Mitarbeiter mehr. Komning wurde freigesprochen.

„Ich hätte das auch bezahlt, wenn ich gefahren wäre“, sagte Komning darauf erleichtert. Im Endeffekt geht auch sein Mitarbeiter straffrei aus, denn der Fall ist inzwischen verjährt.


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