VIER PFOTEN: Zehntausende Tiere verenden weiter in deutschen Ställen

30. März 2023

Heute ist es zwei Jahre her, dass in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin mindestens 50.000 Sauen und Ferkel elendig in den Flammen verendeten. Die Brandursache ist bis heute unbekannt, die Verantwortlichen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen – stattdessen planen die Betreiber bereits den Wiederaufbau der Anlage in Mecklenburg-Vorpommern. Während die Politik weiter untätig bleibt, verbrannten nach Angaben der Initiative „Stallbrände“ allein vergangenes Jahr 90.000 Tiere in deutschen Ställen. Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN, die auch den Bärenwald Müritz betreibt, ist Mitunterzeichner eines von „Stallbrände“ initiierten Bündnisbriefes, in dem von der Politik gefordert wird, effektiven Brandschutz als Voraussetzung für den Bau von Tierhaltungsanlagen rechtlich festzuschreiben und umzusetzen.

„Der Megastall in Alt Tellin und ähnliche Anlagen hätten nie gebaut und genehmigt werden dürfen, wenn wir in Deutschland ein funktionierendes Rechts- und Verwaltungssystem hätten, das den Tierschutz ernst nimmt. Stattdessen hat sich über die Jahrzehnte ein System des institutionalisierten Rechtsbruchs etabliert, in dem der Tierschutz immer wieder ausgehebelt wird – und zwar auf allen Ebenen.  Es werden weiterhin Neubauten genehmigt, die weder Brandschutzauflagen erfüllen noch eine Tierrettung im Brandfall vorsehen. Das muss sich ändern, und zwar schnellstens. Ein Systemwechsel im Umgang mit Tieren und damit auch in unserem Rechtssystem ist daher längst überfällig und dringend erforderlich. Tierfabriken mit der Größe von Alt Tellin werden im Fall eines Brandes zur Todesfalle für fühlende Lebewesen“, sagt Rüdiger Jürgensen Mitglied der Geschäftsleitung VIER PFOTEN Deutschland.

Bündnisbrief

Die Initiative „Stallbrände“ fordert in einem Bündnisbrief an die zuständigen Minister zusammen die Weichen für einen besseren Brandschutz zu stellen. Die 20 Organisationen, zu denen auch VIER PFOTEN gehört, verlangen von der Politik, dass diese dem Brandschutz auf Bundes-, Länder- und regionaler Ebene konsequent Beachtung schenkt. Dafür müssen Beschlüsse gefasst werden, die zu einer merklichen Verbesserung des vorbeugenden baulichen Brandschutzes, der Möglichkeit effektiver Tierrettung sowie einer rechtzeitigen Branderkennung und Alarmierung der Rettungskräfte beitragen.

Hintergrund Brandschutz

Intensive Nutztierhaltung ist oft von riesigen Ställen ohne jeglichen Freilandzugang für die Tiere geprägt. Die großen Tierbestände in den Anlagen können bei einem Feuer kaum evakuiert werden und sind dabei auf Gedeih und Verderb der Technik ausgeliefert. Wenn etwa Lüftungsanlagen oder Alarmsysteme versagen, ersticken die Tiere elendig. Auch Brandschutzmaßnahmen werden immer wieder wissentlich ignoriert. Elektrische Defekte führen in den Anlagen oft zu Kabelbränden. Im Fall eines Feuers ist es für die Tiere fast immer zu spät, denn selbst wenn ein Alarm direkt auf das Handy des Tierhalters geleitet wird, ist eine Rettung der Tiere aufgrund der Bauart solcher Ställe und der schieren Masse an Tieren nicht möglich. Sie verbrennen bei lebendigem Leib. Wir brauchen endlich eine Reduktion der Tierzahlen pro Stall, denn durch die oben beschriebenen Faktoren sind Katastrophen wie in Alt Tellin sonst auch in Zukunft kaum zu vermeiden.  

Forderungen von VIER PFOTEN

  • Ausschließliche Genehmigung von Stallanlagen, die eine Rettung von Tieren im Brandfall ermöglichen
  • Rettungsmöglichkeiten wie angrenzende Ausläufe und mobile Rettungspferche
  • Strengere Brandschutzauflagen für Bau und Betrieb von Tierhaltungsanlagen
  • Tiere müssen grundsätzlich den Zugang zum Freiland kennen und die Nutzung von Ausläufen gewöhnt sein, um sie im Brandfall dorthin evakuieren zu können
  • Brandsichere Abschnitte, die ein möglicherweise ausbrechendes Feuer eingrenzen, in jedem größeren Stall
  • Umsetzung der Auflagen der Musterbauordnung bei Stallbauten zur Rettung von Mensch und Tier
  • Löschwasserversorgung muss für Betriebsgröße ausreichend sein

Foto: Aktivisten von VIER PFOTEN in Alt Tellin vergangenes Jahr.

© VIER PFOTEN | Daniel Müller


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