Wenn die Armut plötzlich ein Gesicht bekommt

12. Mai 2016

Aus9Jeder vierte Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns lebt in Armut. Das geht aus einem Forschungsbericht, in Auftrag gegeben von der AWO, hervor.

In Waren haben die Betroffenen seit gestern Gesichter. Denn in einer sehr beeindruckenden und genauso bedrückenden Ausstellung werden 30 dieser Schicksale öffentlich.

Zu sehen sind die Bilder des Fotografikers Bernd Lasdin an den Wänden des AWO-Seniorenzentrums auf dem Papenberg.

„Während der Interviews mit in Armut lebenden Menschen entstand die Idee, daraus eine Ausstellung zu machen, und zwar mit dem Ziel, die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren. Denn Armut ist nach wie vor ein Tabuthema, man spricht und schreibt lieber über erfolgreiche Menschen“, sagt Rudolf Borchert als AWO-Landesvorsitzender. Doch das Thema Armut zu verschweigen ist nach Meinung der AWO der falsche Weg. Dadurch grenze man die betroffenen Menschen  weiter aus und stelle sie an den Rand der Gesellschaft.

Aus5Mit der Ausstellung soll der Finger ganz bewusst in die offene Wunde gelegt werden – auch wenn’s mitunter weh tut.
Und einige der Bilder, vor allem aber die dazu selbst geschrieben Texte der Befragten, schmerzen richtig. Wie beispielsweise die Zeilen von Margot Batz, die da schreibt: „Mein 17-jähriger Sohn muss mich ab September 2015 ernähren, da wir in einer Bedarfsgemeinschaft sind und er eine Ausbildung beginnt. Ich bin stolz auf meine fünf Kinder.“

Apropos Kinder: Sie spielen sowohl in dem Forschungsprojekt als auch in der Ausstellung eine große Rolle. Leider, denn es scheint, als ob Familie mit Kindern oder auch Alleinerziehende trotz der vorhandenen staatlichen Hilfen viel schneller in die Armut abrutschen als andere.

Auch Warens Bürgermeister Norbert Möller zeigt sich von den Bildern und vor allem den Geschichten dahinter betroffen. Aber gerade deshalb hält er es für wichtig, dass die Fotos auch in Waren gezeigt werden. In einer Stadt also, in der der Tourismus boomt und in der man Armut nicht unbedingt zeigen möchte. Doch es gibt sie eben auch in der Vorzeigestadt.“Wir zeigen, wie es ist, ohne etwas zu beschönigen“, so Möller.

Wer die Ausstellung „Gesichter der Armut“ sehen möchte ist dazu bis zum 15. Juni täglich von 9 bis 18 Uhr im AWO-Seniorenheim am Godower Weg herzlich willkommen.


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