Wohnträume an der Seenplatte platzen derzeit in Serie

21. September 2023

Schlechte Chancen auf ein Wohnen in den eigenen vier Wänden: Vom Einfamilienhaus über das Reihenhaus bis zur Eigentumswohnung – im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gibt es rund 57.700 Wohnungen, für die keine Miete bezahlt werden muss. Denn ihre Eigentümer nutzen sie selbst. Die Wohneigentumsquote im Kreis Mecklenburgische Seenplatte liegt damit bei rund 41,2 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt hervor, die das Pestel-Institut (Hannover) gemacht hat. 
Darin geben die Wissenschaftler eine eher düstere Prognose, wenn es um das Wohneigentum im Kreis Mecklenburgische Seenplatte geht: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es nach Angaben des Pestel-Instituts im gesamten Landkreis Mecklenburgische Seenplatte lediglich 121 Baugenehmigungen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser. Aber nicht nur das Bauen wird schwieriger – viele Immobilienbesitzer – auch an der Müritz – die ihre Häuser oder Wohnungen derzeit verkaufen wollen, müssen ihre Preisvorstellungen deutlich nach unten schrauben.
Das Institut hat zudem berechnet, wie viel Einkommen nötig ist, um sich den Traum von den eigenen Wänden zu erfüllen.

Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 134 Baugenehmigungen. „Damit ist der Eigenheimbau innerhalb von nur einem Jahr um 10 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Der Leiter des Pestel-Instituts sieht „das Wohneigentum weiter auf der Rutschbahn“. Um eine Kehrtwende zu erreichen, müsse der Staat dringend ein effektives Wohneigentumsprogramm auf die Beine stellen.

„Der Traum vom eigenen Haus, von der eigenen Wohnung – er platzt gerade in Serie. Wenn es um das Anschaffen von Wohneigentum geht, ist auch der Kreis Mecklenburgische Seenplatte quasi in eine Schockstarre verfallen“, sagt Katharina Metzger vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der die Wohnungsmarkt-Untersuchung beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat. Nur wenige Menschen könnten sich die eigenen vier Wände heute noch leisten. „Hohe Zinsen, hohe Baulandpreise, hohe Baukosten, die vor allem auch durch hohe Klimaschutz-Auflagen nach oben getrieben werden: Wohneigentum scheitert am Geld“, so Metzger.

Forderung nach Startkapital

Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut sprechen sich in ihrer Untersuchung deshalb für ein „Bundes-Baustartkapital“ aus. „Wer heute neu bauen will, der braucht vor allem eines: günstiges Geld. Notwendig ist deshalb ein Bundes-Baudarlehen mit höchstens 1,5 Prozent Zinsen als Startkredit fürs Wohneigentum. Der Staat sollte den Menschen den festen Niedrigzins für 20 Jahre bieten – und das für einen Kredit in Höhe von bis zu 4.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche“, fordert Wohnungsmarktforscher Matthias Günther. Dadurch ließe sich der Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern, von Eigentumswohnungen und Reihenhäusern auch im Kreis Mecklenburgische Seenplatte wieder pushen. „Mit der Garantie eines langfristig kalkulierbaren und günstigen Kredits würde der Bund den Menschen die Chance geben, zu ‚Neubau-Startups‘ zu werden“, so Günther.

Um mehr Wohneigentum möglich zu machen, sei deshalb ein mehrere Milliarden Euro schweres Darlehenspaket des Bundes notwendig. Die bestehende, erst in diesem Jahr neu eingeführte Wohneigentumsförderung des Bundes erklärt das Pestel-Institut für gescheitert: Mit 350 Millionen Euro ließe sich bestenfalls der Neubau von 2.000 Eigenheimen anschieben. Das Ziel des Bundes sollte es aber sein, 100.000 neu gebaute Eigenheime pro Jahr zu schaffen und damit an frühere Kapazitäten bei der Bildung von Wohneigentum anzuknüpfen. „Außerdem geht die aktuelle Wohneigentumsförderung der Ampel völlig an der Lebensrealität vorbei: Wer sie in Anspruch nimmt, braucht ein niedriges Einkommen. Er muss aber gleichzeitig genug Geld auf der hohen Kante haben, um sich bei hohen Grundstückspreisen und hohen Baukosten einen Neubau leisten zu können“, so Institutsleiter Matthias Günther.

Zu hohe Klimaschutz-Anforderungen

„Ins Geld geht vor allem der Energiespar-Zwang. Hier muss der Bund einen Gang zurückzuschalten“, sagt die Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel, Katharina Metzger. Wer heute für sein Wohneigentum die Förderung vom Bund nutzen wolle, müsse nach dem „extrem ehrgeizigen Effizienz-Standard 40“ bauen. „Das ist aber auch extrem teuer. Also macht es kaum einer. Der Staat muss endlich davon wegkommen, nur ‚Super-Klimaschutzhäuser‘ zu fördern. Denn die hohen Standards machen das Bauen richtig teuer“, so Metzger. Und das bei einer Kosten-Nutzen-Relation, die schon rechnerisch nicht passe. „Das Geld, das zusätzlich beim Neubau in den Klimaschutz gesteckt werden muss, holt auf Jahre hinweg keiner beim Energiesparen mehr heraus“, sagt die BDB-Präsidentin.

Machbarkeits-Check zum Wohneigentum

Das Pestel-Institut hat in seiner Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt auch einen „Machbarkeits-Check Wohneigentum“ für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gemacht. Hierbei haben die Wissenschaftler den Fokus auf den Neubau eines Reihenhauses mit 95 Quadratmetern Wohnfläche gelegt – also auf das Zuhause für eine 4-köpfige Familie. Ökonom Matthias Günther erklärt, warum: „Das Reihenhaus punktet bei den Baukosten. Außerdem ist das Verhältnis von der Wohnfläche zur Grundstücksgröße erheblich besser als beim freistehenden Einfamilienhaus. Es ist damit eine attraktive Variante fürs Wohnen im Eigentum.“

Bei seinen Berechnungen zum Wohneigentum im Kreis Mecklenburgische Seenplatte hat das Pestel-Institut unterschiedliche Kriterien herangezogen. Entscheidende Faktoren waren dabei die Zinsen, die lokalen Baulandpreise sowie die aktuellen Baukosten. „Bei der Bewertung der Haushalte, die sich einen Reihenhaus-Neubau leisten können, ist die Zahl der Verdiener nicht entscheidend. Es kommt nur auf die Höhe des Nettoeinkommens an – egal, ob als Lohn, Gehalt, Rente oder Pension. Dabei liegt die angesetzte Grenze der monatlichen Belastung für die Finanzierung von Wohneigentum bei 40 Prozent vom Haushaltseinkommen“, erläutert Matthias Günther.

Nur für eine „Verdiener-Elite“

Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass für einen privaten Haushalt im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte die Grenze bei einem Nettoeinkommen von 4.700 Euro pro Monat liegt: „Wer ein Einkommen in dieser Höhe hat oder darüber liegt und außerdem noch über ein Eigenkapital von mindestens 36.000 Euro verfügt, der sollte sich auch unter den aktuellen Bedingungen den Neubau des eigenen Reihenhauses im Kreis Mecklenburgische Seenplatte leisten können.

Hier geht es allerdings um eine ‚Verdiener-Elite‘. Wirklich viele sind das nicht. Für alle anderen Haushalte ist Wohneigentum nur machbar, wenn der Staat den Menschen dabei unter die Arme greift – Familien genauso wie Partnerschaften, Singles oder Wohngemeinschaften, die sich die eigenen vier Wände bauen und darin wohnen wollen“, sagt Ökonom Matthias Günther.

Überzogene Bauvorschriften abschaffen

Der Leiter des Pestel-Instituts nennt dazu „Bauhilfen fürs Wohneigentum“, für die vor allem der Bund jetzt die Weichen stellen müsse: „Es geht in erster Linie um die nötige finanzielle Starthilfe. Also um ein staatliches Baudarlehen, das nicht nur fehlendes Eigenkapital ersetzt, sondern den Haushalten durch einen langfristigen Niedrigzins auch Sicherheit bietet.“ Konkret: Bei einem Bundes-Baudarlehen mit einem 1,5-Prozent-Zins würde sich das notwendige Einkommen für den Neubau eines Reihenhauses im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte nach Berechnungen des Pestel-Instituts auf 2.900 Euro netto im Monat reduzieren. „Außerdem muss politisch dringend dafür gesorgt werden, dass überzogene Bauvorschriften abgeschafft und Klimaschutz-Auflagen bezahlbar bleiben, also wieder gezielt gefördert oder zurückgeschraubt werden“, so Wohnungsmarktforscher Günther.

Das Pestel-Institut nimmt in seiner Untersuchung vor allem die 25- bis 40-Jährigen ins Visier: „Sie gehen beim Wohneigentum seit Jahren mehr oder weniger leer aus. Dabei wäre es dringend notwendig, gerade der Nestbauer-Generation wieder eine Chance auf die eigenen vier Wände zu geben. Denn das eigene Haus oder die eigene Wohnung ist eine wichtige Altersvorsorge. Oder anders gesagt: Altersarmut ist in erster Linie Mieterarmut – also Armut durch Miete“, so der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Es sei höchste Zeit für den Staat, „beim Wohnen politisch wieder in den ‚Eigentums-Modus‘ zu schalten“.


5 Antworten zu “Wohnträume an der Seenplatte platzen derzeit in Serie”

  1. M.Gericke sagt:

    Leider hat zumindest ein Teil der Regierung kein Interesse an der eigenen Bevölkerung. Man möchte ja gleich die Welt retten und da ist es besser Wohnblöcke zu bauen. Und selber gehören die Politiker ja zur Einkommens Elite, die sich das problemlos leisten kann.
    Mit dieser Regierung ist daher keine Besserung zu erwarten.

  2. Möwe sagt:

    Die regierenden Eliten haben kein Interesse daran , dass die normale Bevölkerung Wohneigentum anstrebt . Wohneigentum bedeutet Freiheit, Mieter dagegen können immer gemolken und drangsaliert werden.

  3. Holz sagt:

    Guten Tag,

    wir eine 6 köpfige Familie versuchen seit mehreren Jahren Wohneigentum zu erwerben doch obwohl wir beide Berufstätig sind bekommen wir nirgends ein Kredit.
    Nun sind die beiden großen Kinder Ausgezogen und wir wollten von unserer großen 6 Raum Wohnung in eine 4 Raumwohnung, doch die Mietpreise in MSE sind so hoch das wir trotz Einkommen auch dort keine Möglichkeiten bekommen. Unser netter Bürgermeister bot zwar in erster Instanz Hilfe an doch gekommen ist bisher nix. es ist schon traurig das man als Berufstätige Eltern keinen Wohnraum findet. wir denken tatsächlich über eine Auswanderung nach, den es gibt Länder wo Familien noch gern gesehen werden und Kinder geschätzt werden.

  4. Stefan sagt:

    @Möwe
    „Die regierenden Eliten“ sagt leider schon alles über Ihre bevorzugten Quellen.

    Ja der Preis für Wohneigentum ist enorm gestiegen und absolut nicht mehr an der arbeitenden Realität, aber als Mieter wird man definitiv nicht „gemolken“ oder „drangsaliert“.
    Ist etwas kaputt, ruft man den Vermieter an und dieser muss das schnellstmöglich klären und auch zahlen.
    Energetische Sanierung, Denkmalschutz, städtische Vorschriften… kann einem Mieter alles egal sein.
    Selbst eine Mieterhöhung darf nur in Maßen vorgenommen werden.
    Und wenn es einem zu bunt wird, die Liebe ruft, ein Berufswechsel ansteht, oder die Nachbarn nicht passen, dann kündigt man und ist binnen kurzer Zeit weg.

    @Holz
    Das es zwei Berufstätige gibt sagt leider gar nichts über Ihr Einkommen und Ihre Kreditwürdigkeit aus.
    In den 2010ern wurden Kredite an jeder Ecke vergeben.
    Hamburger Stadtrand, 500.000€, er Speditionsmitarbeiter, sie Kosmetikerin.
    Raten Sie einmal wie lange die Beiden ihr Haus noch haben nachdem die Bindungsfrist das erste Mal ausläuft und die Raten sich verdoppelt, verdreifachen, oder mehr…
    Es wurde wild spekuliert – auf Grundstücke. Einige Kreditgeber haben alles finanziert nur um sich die Immobilie für später zu sichern. Das dabei Existenzen leiden ist absolut irrelevant.

    Das Rechenbeispiel im Artikel ist korrekt.
    Sollten Sie also nicht in den entsprechenden Einkommensgruppen sein, dann ist es sogar zu Ihrem Besten, dass vor ein paar Jahren eine europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie beschlossen wurde und seit dem viel stärker auf Finanzierbarkeit geachtet werden muss.
    Wohneigentum ist nämlich nur dann eine Vorsorge, wenn sie auch vor dem Renteneintritt abgezahlt ist.
    Generationenkredite sind diesbezüglich absolut ungeeignet und auch unfair den Kindern gegenüber.

    Ganz nebenbei bin ich auch davon überzeugt, dass die Mietpreise in der Region definitiv zu hoch sind.
    Ein Umzug in eine kleinere Wohnung ist oft unsinnig, da teurer.
    „Im Osten ist alles günstiger“ ist schon lange nicht mehr wahr.

  5. Warener Oldie sagt:

    Dieses System ist doch krank ! Eine Bekannte vot mir wohnt alleinstehend (nach einem Todesfall) in einer großen 3-Raum-
    Wohnung (seit über 40 Jahren). Schicke Wohnung, mehrfach saniert usw. Auf Grund Ihres Alters würde Sie gerne in eine 2 – Raum Wohnung ziehen und damit den größeren Wohnraum freimachen. Da Sie noch einen alten Mietvertrag hat, würde Sie in der neuen 2-Raum-Wohnung mehr Miete zahlen als vorher. Hier wäre wohl etwas mehr Beweglichkeit seitens des Vermieters angebracht. Und dieses ist kein Einzelfall !