Mit architektonischen Kniffen DDR-Bürokratie umgangen
Dank ihres Notsicherungsprogramms stellt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) 20.000 Euro für die Instandsetzung und Sanierung der Fensteranlage an der Westseite der St. Josef/St. Lukas-Kirche im Katharinenviertel in Neubrandenburg bereit. Die katholische Pfarrkirche St. Josef / St. Lukas wurde von 1977 bis 1980 nach Plänen der Architekten Dietrich Otto und Erhard Russow durch das Bauunternehmen von Ulrich Müther vom VEB Spezialbetonbau Binz als zweischiffiges Hyparschalen-Gebäude errichtet. Die beiden von Müther entworfenen Hyparschalendächer überspannen auf besonders filigrane und elegante Art den Kirchenbau und die angeschlossenen Gemeinderäume bei einer Stärke von nur sieben Zentimetern.
Der Kirchenbau ist gemeinsam mit der Messehalle in Rostock ein Hauptwerk des international anerkannten Pioniers der Betonschalenbauweise.
Die Hyparschalen liegen auf zwei Pfeilern auf und werden durch Zugbänder gesichert. Die Dacheindeckung in Form eines Foliendämmdaches auf beiden Hyparschalen stammt aus der Bauzeit und hat mit über 40 Jahren die normalerweise für derartige Dächer prognostizierte Standzeit weit überschritten. Daher wird in diesem Jahr auch die Dachhaut saniert. Die Kunststoffbahn ist versprödet und verhärtet und muss entfernt und ersetzt werden, während die Dämmung bleiben soll. Die Kupferabdeckung am Rand muss nach dem Aufnehmen wohl ebenfalls ersetzt werden. Eine Betonsanierung am Gesimsband wird geprüft.
Müther prägte wie kaum ein anderer die Nachkriegsmoderne der DDR. Ihm ist es zu danken, dass diese ein eigenständiges Gesicht erhielt, das seinen Ort in der Architekturgeschichte behauptet. Interessant ist die anstehende Maßnahme auch im Zusammenhang mit der Betonsanierung an Nachkriegsbauten. Im Übrigen kommen in Neubrandenburg architektonische Kniffe hinzu, mit denen die strengen Vorgaben der DDR-Bürokratie für den Kirchenbau umgangen wurden.
Das moderne Denkmal gehört zu den über 580 Objekten, die die DSD dank Spenden, der Erträge ihrer Treuhandstiftungen sowie der Mittel der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, allein in Mecklenburg-Vorpommern fördern konnte.