Vom Hausboot-Urlaub, der hängend im Kran beginnt

26. Juli 2021

Urlaub auf der Müritz und den Seen der Region ist derzeit so beliebt wie nie. Die Charterunternehmen berichten, dass ihre Boote – egal in welcher Größe – bestens gebucht sind, und das mindestens bis in den September hinein. Doch wie ist es eigentlich, Hausboot-Urlaub in der Müritz-Region zu machen? Wie fühlt man sich als Urlauber bei uns? Ist es wirklich so toll, in einem Haus auf dem Wasser die Ferien zu verbringen?
„Wir sind Müritzer“ hat’s getestet: Eine Woche auf dem Hausboot in der Müritz-Region – zwei Erwachsene, zwei Kinder, ein Hund. Und – um es schon mal vorweg zu nehmen: Ja, Urlaub auf dem Wasser ist einfach herrlich – entspannend, erlebnisreich und vor allem völlig frei. Die Bootscrew entscheidet, wie der Urlaubstag aussieht und kein anderer. Naja, zumindest, wenn alles so läuft, wie es laufen sollte. Aber wann läuft schon mal alles nach Plan?
Ein unabhängiger Erlebnisbericht.

An der Müritz aufgewachsen, aber dennoch eher eine Landratte, schwamm von Anfang an etwas Skepsis mit: Eine Woche auf einem schaukelnden Boot, sieben Nächte ohne festen Boden unter den Füßen – ob das gut geht? Egal, Augen zu und durch, die Kinder freuen sich riesig drauf.

Schon beim Buchen etwa acht Wochen vor dem Urlaub das erste Problem: Alles weg. Ein Ponton mit einem Häuschen oben drauf war für eine Woche gerade noch frei. Glück gehabt. Die Buchung über ein Reise-Portal lief problemlos. An einem Sonnabend um 14 Uhr sollte die Übergabe sein. Aber – erstens kommt es anders, zweitens, als man denkt… Kurz vor der Bootsübernahme der Anruf des privaten Vermieters: Die Urlauber vor uns, so berichtet er, hatten Grundberührung, in einem Ponton ist ein Leck. Dennoch ziehen wir mit Sack und Pack aufs Boot und fahren – begleitet von Personal des Vermieters, ‚rüber nach Malchow – zwei Stunden immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass unter uns ja irgendwo ein Leck ist. Für Landratten eine ziemlich beängstigende Vorstellung. Erst recht auf dem „wilden“ Fleesensee.

Auf vielen Fotos von Urlaubern verewigt

An der Werft in Malchow wartet man auf uns. Wir werden mit dem Boot von einem Kran an Land gehievt. Und da hängen wir jetzt. Während die Kinder und Erwachsenen die Leiter hinunter steigen können, sieht das bei der Hündin schon anders aus. Leiter steigen ist nicht. Also wird improvisiert – zwei lange Bretter dienen als Steg.
So ganz haben wir den Tag noch nicht abgeschrieben und machen es uns später auf der Terrasse des „Al Porto“ direkt am Malchower Hafen bequem. Ein „alter Bekannter“ begrüßt uns freudig – Brano, der einstige Betreiber des Restaurants im „Hotel am Yachthafen“ in Waren, der jetzt in der Inselstadt die Gäste verwöhnt. Es gibt Pizza und Pasta, für den Hund natürlich Wasser. Das ist dort selbstverständlich.

Zurück geht’s über einen idyllischen Weg unterhalb des Kloster zur Werft. Die erste Nacht im Hausboot ist alles andere als erholsam. Naja, kein Wunder, wenn man im Kran hängt. Schon früh um 7 Uhr ist die Nacht am Sonntag zu Ende. Ein Schweißer, der eigentlich schon Urlaub hat, kommt und macht das Leck dicht. Der Bootsvermieter bringt als kleine Entschädigung frische Brötchen aus Malchow mit. Nach getaner Arbeit rollt der Kran wieder mit uns im Hausboot, dieses Mal aber zum Glück zurück aufs Wasser. Jetzt bloß schnell weg, die Drehbrücke öffnet in ein paar Minuten – geschafft. Apropos Drehbrücke: Nicht nur dort werden wir zigfach fotografiert. Das schwimmende Haus fällt auf, so dass wir nun wohl auf etlichen Urlauber-Fotos verewigt sind. Unser Tages-Ziel: Der Kölpinsee.

Kein Platz im Restaurant, aber dennoch leckeres Essen

Dort, in unmittelbarer Nähe des Kanals ankern wir. So langsam beginnt die Entspannung. Einfach mal nichts tun, nur baden, angeln, abhängen. Die Stunden vergehen wie im Flug und dann die Frage – wo wollen wir übernachten? Auf dem See? Lieber nicht, das ist uns nach den Erfahrungen des ersten Tages doch zu riskant. Außerdem spinnt der Generator, schon beim Einschalten des Wasserkochers fliegt die Sicherung heraus. Also schnell mal telefonisch – ja, der Empfang ist auf dem See bestens – in der Marina Eldenburg angefragt.

Kein Problem, so Hafen-Heino, Ihr könnt kommen, auch mit diesem „Ungetüm“ von Boot. Hafen-Heino ist in Eldenburg eine Institution, muss man wissen. Wir erwischen einen herrlichen Liegeplatz am Ende eines Steges und fallen zwischen den teuren, luxuriösen Yachten auf. Macht aber nichts, alle fühlen sich gleich wohl – eine familiäre Atmosphäre und nette Steg-Nachbarn.
Jetzt quält der Hunger. Das „Hafenrestaurant“ in Eldenburg kennen wir schon von unseren Ausflügen per Auto. Gute Küche und exzellenter Service. Annett Patke hat das Restaurant vor etwa drei Jahren übernommen und sich in dieser Zeit einen hervorragenden Ruf erarbeitet – sie hat einfach den Blick fürs Detail. Doch einen Platz im Restaurant oder auf der Terrasse bekommen wir an diesem Tag nicht mehr – alles ausgebucht. Hochsaison eben. Die Chefin lässt uns aber nicht hungrig ziehen – wir können unser Essen wählen und nehmen es einfach mit aufs Boot – „Elden-Burger“ und Zander mit Walnusskruste (Hm…) , die Kinder wählen Schnitzel. Für den nächsten Morgen haben wir gleich mal Frühstück bestellt.

Der laue Sommerabend klingt dann auch ziemlich schnell aus. Zu anstrengend war der erste Tag mit Werftbesuch und Co. Die zweite Nacht ist deutlich entspannter. Beim Einschlafen helfen die Grillen, die am Eldekanal zirpen, und die springenden kleinen Fische, die Umgebung selbst ist sehr ruhig – trotz der vielen Boote, die dort liegen.
Der nächste Morgen beginnt mit einem Bad, denn an der Marina Eldenburg gibt es einen Strand und zur Freude der Kinder auch eine Badeplattform. Erfrischt kommen wir im „Hafenrestaurant“ an und freuen uns über einen liebevoll gedeckten Tisch. Frühstück wird hier direkt serviert – kein Büfett. Wieder mit sehr viel Liebe zum Detail. Brötchen, Wurst, Schinken, Käse, Obst, Joghurt, Kaffee, Saft – alles dabei. Und dazu eine überaus aufmerksame und freundliche Bedienung. So kann der Tag beginnen. Und weil’s am Kölpinsee so schön war, steuern wir ihn nach dem Frühstück wieder an.

Freundliche Bootsfahrer grüßen sich

Nach einem perfekten Badetag geht’s zurück nach Eldenburg – war ja super dort. Wir dürfen wieder festmachen und haben den Liegeplatz wie am Vortag. Nur mit anderen Nachbarn, denn in der Marina ist ordentlich Betrieb. Urlauber, die dort direkt ihre Boote gechartet haben, einheimische Bootsbesitzer und auch „fremde“ Urlauber geben sich sozusagen die Leinen in die Hand. Die Kinder freuen sich über festen Boden unter den Füßen und finden ganz schnell Anschluss. Ruck zuck spielen rund zehn Mädchen und Jungen auf dem Gelände der Marina ein bisschen Fußball und haben richtig viel Spaß dabei.

Klar, dass es am nächsten Morgen wieder Frühstück im „Hafenrestaurant“ gibt. Und wieder eine glatte „Note 1“. Jetzt wollen wir mal Waren (Müritz) vom Wasser aus erkunden. Im Kanal selbst ist mit so einem großen Hausboot viel Erfahrung gefragt, zumal es hier und da doch ein paar „Rüpel“ gibt, die meinen, ordentlich Gas geben und überholen zu müssen. Im Großen und Ganzen verhalten sich die Bootsführer aber vernünftig. Und – das lernt man schon am ersten Tag – man grüßt sich. Das sorgt gleich für gute Laune. Nach monatelangem Lockdown und dementsprechend vielen Menschen, die nicht so gut drauf waren, eine echte Wohltat. Auch unsere Hündin findet inzwischen Gefallen am Bootfahren – sie hat sich einen Platz gesucht, von dem aus sie alles im Blick hat.

Große Boots-Boxen, aber noch nicht ganz fertig

Der Badetag auf der Müritz im Bereich des Ostufers ist einfach nur wunderschön – auch wenn die Kinder sich köstlich amüsieren, wenn Mama oder Papa vom Stand-Up-Board in den See platschen und Mühe haben, wieder aufzusteigen. Nach Eldenburg wollen wir die kommende Nacht nicht zurück. Warum nicht mal die neue Marina vor der Ferienanlage „MareMüritz“ ausprobieren? Vom Wasser aus sieht sie weitaus weniger gewaltig aus als beim Spaziergang an Land. Die Stege sind noch spärlich belegt, die Bootsboxen schön groß, so dass das Anlegen ein Kinderspiel ist. Allerdings muss man beim Aussteigen aufpassen – auf den noch wenig genutzten Stegen haben Enten und Gänse einiges hinterlassen.

Die Anmeldung beim Hafenmeister war problemlos. WLan gibt es in der noch nicht ganz fertiggestellten Marina aber nicht. Dafür die Gaststätte „Oh Julia“ mit Netz, und die steuern wir dann auch gleich an. Ein bisschen arbeiten mit Blick auf die Müritz und einem leckeren Antipasti-Teller vor der Nase… Auch die Hauptgerichte überzeugen. Also melden wir uns gleich mal für den nächsten Tag zum Frühstück an. Am Abend erobern einige Jugendliche den Steg von „MareMüritz“. Sie wollen baden. Die Kinder halten ihre Angeln ins Wasser, und die Jugendlichen fragen sogar höflich, ob es stört, wenn sie dort schwimmen. Einer klettert aufs Begrüßungsschild, um von dort oben in die Müritz zu hechten. Störend ist die Anwesenheit der jungen Leute nicht, eher amüsant und unterhaltsam.

Muss sein: Ein Pool neben der Müritz

Der neue Tag beginnt mit einem kräftigen Gewitterguss. Macht aber nichts, wir wollen ja ohnehin erst mal frühstücken. Im „Oh Julia“ setzt man auf Büfett. Ein sehr reichhaltiges. Nur das Anstehen am Kaffee-Automaten ist etwas nervig. Dafür steht sehr freundliches Personal mit Rat und Tat zur Seite, wer möchte, kann sich frische Spiegeleier oder Omelett in der offenen Küche zubereiten lassen. Der angrenzende Pool weckt das Interesse der Kinder. Aber warum in einen Pool, wenn die Müritz nur ein paar Schritte entfernt ist? Das Argument zieht nicht, die Kids wollen unbedingt in den Pool. Auch das ist kein Problem. Für 4,50 Euro dürfen sie eine Stunde plantschen und sind begeistert. Jetzt zieht’s uns aber doch wieder zurück aufs Wasser, der Regen hat sich verabschiedet, der Himmel reißt auf.

Also, wieder ein Badetag – so wollen es die Kids, so soll es sein. Langsam müssten sie ja Schwimmhäute haben, doch sie kriegen einfach nicht genug vom Herumtoben in der Müritz und im Kölpinsee. Zum Glück haben wir genug Essensvorräte an Bord, denn nach dem Baden brauchen die Jungs eine ordentliche Stärkung. Tja, und die nächste Nacht? Klar, wir wollen wieder nach Eldenburg, Hafen-Heino empfängt uns, und abends bekommen wir sogar im Restaurant einen Platz. Unsere Hündin findet gleich wieder vierbeinige Freunde, und wir viele nette Gesprächspartner.

Empfang mit barschen Worten

Einen Tag vor Ende des Hausboot-Urlaubs nehmen wir Kurs auf den Jabelschen See. Denn dort müssen wir das schwimmende Haus wieder abgeben. Wir treffen zufällig Freunde im Kanal vom Kölpin- in den Jabelschen See, plaudern ein bisschen und baden gemeinsam. Die letzte Nacht möchten wir am Jabeler „Maribell“ verbringen. Denn von dort sind es nur wenige Meter bis zum Abgabepunkt des Bootes.
Als wir auf einen Steg zusteuern, kommt uns ein Mann im roten Hemd wild gestikulierend entgegen. „Hier sind alles Dauerliegeplätze. Habt Ihr keine Augen im Kopf“, schreit er unfreundlich. Tatsächlich gibt es klitzekleine rote Schilder, die auf diese Dauerliegeplätze hinweisen sollen. Der aufgeregte Mann dirigiert uns an einen anderen Steg. Dort weist der Hafenmeister ein und meint beim Anblick des Hundes gleich ziemlich grob: „Hier herrscht Leinenpflicht“. Okay, in Eldenburg ist man da zwar lockerer mit umgegangen, aber wenn’s in Jabel Gesetz ist, soll es so sein. Die Gebühr für eine Nacht ist höher als in Eldenburg und „MareMüritz“, der Umgangston eher barsch. Der Campingplatz und auch die Stege sind gut besucht.

Wir steuern das „Quisisana“ an, der Magen der Kinder knurrt. Das „Toplicht“ ist leider dicht. Selbstbedienung im „Quisisana“, also wollen wir drinnen bestellen. Die Jungs möchten lediglich je eine Pommes-Portion, die Erwachsenen haben ein normales Gericht ausgewählt. „Pommes gibt’s bei uns nicht einzeln. Sie müssen dann schon ein ganzes Gericht bestellen“, erwidert die Kellnerin auf unsere Bestellung. Hm, wir fragen noch mal nach, schließlich brauchen wir kein Schnitzel oder ähnliches dazu, wenn die Kinder nur Pommes wollen. Doch die Stimme aus der Küche wiederholt bestimmt: Keine Pommes ohne großes Gericht. Also ziehen wir von dannen.
Es geht in Richtung „Wirtshaus zur Eibe“. Ein ordentliches Stück bei ziemlich hohen Temperaturen. Anstrengend für den Hund und alle anderen. Doch an der „Eibe“ erwartet uns ein lauschiges Plätzchen im Schatten unter Bäumen und eine zuvorkommende Bedienung. Als erstes bekommt die Hündin Wasser, das sie dankbar sofort ausschlürft. Die Karte ist umfangreich, die Gerichte einfach, aber lecker. Jeanette hat die „Eibe“ erst vor kurzem übernommen – mitten in der Corona-Zeit. Sie versucht, auf eigenen Beinen zu stehen. Das geht momentan aber noch nicht, ohne einen anderen Job. Nebenher arbeitet die Betreiberin der „Eibe“ noch in der Pflege. Hut ab! Die Kinder bekommen ihre Pommes – ohne etwas dazu bestellen zu müssen, und sind happy.

Gefährlicher Fußballplatz

Zurück auf dem Campingplatz „Maribell“ wollen die Jungs die Gelegenheit nutzen, und noch ein bisschen kicken. Es gibt ja schließlich einen Fußballplatz mit Gestellen, die zumindest von weitem aussehen, wie Tore. Als wir den kleinen Fußballern dann zuschauen wollen, stehen uns die Nackenhaare zu Berge. Die großen Tore haben schon lange ihren Geist aufgegeben, die kleinen, die man einfach dazwischen gestellt hat, sind eine echte Gefahr für Leib und Leben. Bei einem Tor hängt der obere Holm schon tief runter, beim anderen ist er ebenfalls gebrochen, scharfkantige Teile ragen heraus. Wir beenden das Fußballspiel zur Enttäuschung der Kinder.

Ohnehin macht der Platz keinen optimalen Eindruck. Hier scheint man auf die hervorragende Lage zu setzen, ohne viel für den Unterhalt zu investieren.

Also zurück zum“Kahn“. Auf dem Nachbarboot sind ein Vater und sein Sohn ausgelassen zugange. Der Junge steht auf dem Bootssteg, der Vater auf dem Boot – sie köpfen einen Fußball hin und her, ab und zu landet der Sohn im Wasser. Es macht Spaß, zuzusehen. Bis der Hafenmeister kommt und schimpft. So etwas will man in Jabel nicht.

Für uns das Signal, doch wieder abzulegen. Vielleicht ist schräg gegenüber in Damerow bei den Müritzfischern ja noch was frei. Leckerer Räucherfisch wäre jetzt genau das richtige. Leider kein Platz für unser großes Boot, wir sind zu spät. So machen wir schon einen Abend vor Abgabe des Hausbootes am Übergabe-Steg fest.

Eine Woche auf den Seen der Region geht zu Ende. Eine Woche mit unerwarteten Erlebnissen, ganz viel Entspannung, neuen Eindrücken, netten Begegnungen und der Erkenntnis: Urlaub auf der Müritz und den umliegenden Seen ist einfach klasse. Dafür sorgen sehr viele Einheimische, die Urlauber – egal, woher sie kommen – zum überwiegenden Teil sehr freundlich begegnen und ihnen jeden Wunsch von den Augen ablesen. Für uns war es gewiss nicht das letzte Mal. Wir haben – wie es so schön heißt – Blut geleckt, oder besser: Wasser!

Wichtiger Hinweis: Bei unserem Hausboot-Urlaub handelte es sich um einen ganz privaten Urlaub und nicht um eine gesponserte Reise. Sprich, es wurde alles selbst bezahlt – vom Boot, über die Liegeplatz-Gebühren bis zum Restaurant. Wir berichten also so, wie wir es erlebt haben und nicht danach, wer den Urlaub bezahlt hat.


2 Antworten zu “Vom Hausboot-Urlaub, der hängend im Kran beginnt”

  1. Maik Waren sagt:

    Sehr schöner Bericht da bekommt man Lust auf so einen Urlaub. Aber könnt Ihr wirklich Urlaub machen ohne das man Euch erkennt???