Meinungs-Artikel: Der Stadtpräsident und sein „Schuss in den Ofen“

24. März 2022

Warens Stadtpräsident Rüdiger Prehn (Die Linke) ist abgetaucht. Zumindest hält er es nicht für nötig, Anfragen zu seinen Aktionen zu beantworten. Wohl aus gutem Grund. Denn den von ihm initiierten Warener Appell mit dem Namen „Solidarisch durch die Pandemie“ kann man getrost als „Schuss in den Ofen“ bezeichnen. Der Appell hat zum einen wie befürchtet genau das Gegenteil von dem erreicht, was die Unterzeichner bewirken wollten – statt zu vereinen, ist der Riss durch die Warener Einwohner noch größer geworden.
Und zum anderen hatte die „Petition“, die auf einem Online-Portal unterschrieben werden kann, nicht den Erfolg, den die Erfinder anstrebten. In acht Wochen wollten Prehn und Co. 1000 Unterschriften sammeln, unterzeichnet haben bis gestern Abend lediglich 269. Nach acht Wochen! Das ist gelinde gesagt jämmerlich, zeigt aber auch ganz deutlich, dass der Appell weder durchdacht noch gut formuliert war.
Und was macht der Stadtpräsident? Er verlängert die Petition mal eben klammheimlich um weitere vier Wochen und lässt jetzt Unterschriften außerhalb des Netzes sammeln. Eine entsprechende Anfrage dazu von „Wir sind Müritzer“ dazu beantwortete der 66-Jährige nicht.

Mit dem „Appell“, den neben dem höchsten Repräsentanten Warens unter anderem Pastorin Anja Lünert, Eberhard Albinsky, Andreas Handy Thomas und Christiane Scherfig, Elke Schönfelder, Dr. Gisela Dunker und Edo Kuhlmann ausgearbeitet bzw. unterstützt haben, ist Rüdiger Prehn nicht nur einen zweifelhaften Weg gegangen, er handelte sich auch mächtig Ärger ein.

Vor allem ein Satz, den er seiner verschickten Pressemitteilung voran stellte, brachte die Teilnehmer der Corona-Demos in Waren mächtig in Rage. Um diesen Satz geht es: „Die gemeinsame Sorge wegen der Veränderungen im Zusammenleben der Menschen, wegen des zunehmenden Hasses und der Gewalt zwischen den Menschen, aber auch der zunehmenden Verbreitung extremistischen, faschistischen und antisemitischen Gedankengutes unter dem Deckmantel des Protestes gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, fassten wir in einem Appell zusammen.“

Die Demonstranten interpretieren ihn so, dass sie von Prehn mit diesem Satz alle als Verbreiter extremistischen, faschistischen und antisemitischen Gedankengutes bezeichnet werden und fordern den Rücktritt des Präsidenten. „Dieses Verhalten ist eines Präsidenten unwürdig“, heißt es in einer Erklärung der Initiative, die sich jetzt „Menschlich – Stark–Miteinander“ nennt.

Prehn selbst sah sich einige Tage später zu einer weiteren Pressemitteilung veranlasst, in der er erklärte, dass sein Satz in den Medien nur unvollständig oder anders als von ihm geschrieben wiedergegeben wurde und die Initiative ein gemeinsames Gespräch abgelehnt habe. Einen Grund für eine Entschuldigung oder gar einen Rücktritt sieht er nicht.

So viel zu dem, was der „Warener Appell“ auslöste – weiteren Streit, aber bei weitem keine neue Solidarität. Und erst recht keinen Ansturm auf die Unterschriftenliste im Internet. Von den 269 Unterzeichnern gehören viele der Partei von Prehn an wie die Landtagsabgeordnete Elke-Annette Schmidt, Peter Ritter, Heiko Seifert und Petra Klebba, etliche andere der SPD wie die Landtagsabgeordnete Nadine Julitz, Kreis-Mitarbeiter Michael Löffler, Stadtfraktionschefin Christine Bülow und Martin Brümmer. Und auch die Grünen sind gut vertreten, unter anderem durch Stefan Dahlmann und Dr. Gunter Lüdde.
Sogar NPD-Stänker-Frau Doris Zutt steht öffentlich sichtbar zwischen den Befürwortern. Von den 269 Unterzeichnern wollen 51 ihren Namen nicht angeben, 15 sind auf Papier eingegangen. Die Petition läuft noch bis zum 25. April, nachdem der Stadtpräsident sie am 15. März mit der Bemerkung „Die Situation hat sich noch nicht geändert. Weitere Unterschriftensammler sammeln noch.“ verlängert hat.

„Wir sind Müritzer“ hat bei Rüdiger Prehn am 18. März, also vor sechs Tagen, dazu eine Anfrage gestellt. Eine Antwort gab’s bislang nicht. Nicht mal die Antwort, dass er sich nicht äußern will. Einfach mal aussitzen, scheint jetzt sein Motto zu sein.
Hier unsere Fragen an den Präsidenten der Stadtvertretung:

  1. Ihre Petition zum Thema Corona hat in rund sieben Wochen etwa 260 Unterstützer gefunden. Entspricht das Ihren Erwartungen?
  2. Sie haben die Petition verlängert, warum?
  3. Warum haben Sie über die Verlängerung der Petition nicht öffentlich informiert?
  4. Haben Sie den Text der Petition geändert?
  5. Halten Sie die Petition, jetzt, rund sieben Wochen nach der Veröffentlichung, nach wie vor für richtig?
  6. Werden jetzt auch Unterschriften außerhalb der Petitions-Plattform gesammelt, wenn ja, in welcher Form?
  7. Was sagen Sie zur Forderung der Corona-Demonstranten, Sie sollen zurücktreten?

Keine Fragen, die man nicht beantworten kann. Es sei denn, man will nicht. Und der Herr Stadtpräsident will offenbar nicht. Warum soll der „normale“ Bürger auch wissen, was er vor hat? Die Mail-Adressen der Presse kennt er anscheinend nur, wenn ER etwas will. Liegt vielleicht auch an seiner Parteizugehörigkeit, denn bei der Vorgängerpartei der Linken waren Kritik, Offenheit und Medien, die auch mal nachfragen, ja nun nicht unbedingt üblich.

Was bleibt vom „Warener Appell“ sind noch mehr gegenseitige Vorwürfe, Auseinandersetzungen auf allen Ebenen und ein Waren, das von einem „Gemeinsam“ weiter entfernt ist als je zuvor.

Und, nein, ich schließe mich den Rücktrittsforderungen der Demonstranten nicht einfach so an. Doch Rüdiger Prehn ist Mitte vergangenen Jahres in den beruflichen Ruhestand gegangen und sollte –  bei allem Respekt vor seiner jahrelangen Stadtvertreter-Arbeit – auch mit Blick auf die vielen Ausrutscher seit seinem Amtsantritt als Präsident der Stadtvertretung dringend darüber nachdenken, auch den politischen Ruhestand in Betracht zu ziehen.                                                                                                                                        Antje Rußbüldt-Gest

Link zu unserem ersten Artikel der Petition: https://www.wir-sind-mueritzer.de/allgemein/203800/


4 Antworten zu “Meinungs-Artikel: Der Stadtpräsident und sein „Schuss in den Ofen“”

  1. Rehfeldt sagt:

    Werte Frau Rußbüldt-Gest,
    ich begrüße es, dass sie das Thema noch einmal aufnehmen, mache Ihnen aber wenig Hoffnung, dass der Herr Stadtpräsident Ihnen antworten wird. Ich habe ihn nach Veröffentlichung der Pedition angeschrieben und bis heute keinerlei Reaktion auf meine Fragen bekommen.
    Da Herr Prehn meint, diese Petition noch einmal zur Unterschrift auszulegen, gehe ich davon aus, dass er und die anderen Unterzeichner immer noch die gleichen Narrative in Sachen Corona vertreten, die allerdings in den vergangenen Wochen mehr oder weniger , selbst von offizieller Seite, abgeräumt wurden. So spricht selbst das Paul Ehrlich Institut nicht mehr davon, dass eine geimpfte Person andere Personen nicht anstecken kann, die Impfung dient einzig dem Eigenschutz. Wenn man sich allerdings die Krankheitsfälle der dreifach geimpften Personen anschaut, ist auch das zu hinterfragen. Es bleibt als Argument für die Impfung nur, dass sie vor einem schweren Verlauf schützt, wobei ich das für eine hypothetische Aussage halte.
    Nicht nur in Sachen Corona kommt es mir vor, dass mehr und mehr entscheidend ist, die richtige Haltung zu Dingen zu haben. Nicht mehr Fakten, unterschiedliche Meinungen, Diskurs und Austausch sind gefragt, sondern Haltung. Wer in der DDR gelebt hat, sollte wissen, dass das am Ende immer in den Niedergang führt.
    Besonders enttäuscht bin ich von der Vertreterin der Kirche. Ich bin selbst nicht gläubig, meine aber zu wissen, dass Gott alle Menschen gleich liebt. Wie kann es angehen, dass ein ehemaliger Pfarrer ungeimpfte Menschen als Bekloppte bezeichnet, ohne dass es Protest aus den Reihen der Kirche gibt ?
    Ich hatte es schon in meinen ersten Kommentaren geschrieben: es wird viel zu verzeihen geben, wenn Corona dann irgendwann kein Thema mehr ist, ich bin nicht sicher, ob das allen Menschen möglich sein wird.

  2. ABC sagt:

    Es ist irgendwie ein bisschen traurig, dass von der Frage der Corona – Bekämpfung übergegangen wurde zu der Frage, wie man sich dazu stellt! Immerhin sterben tgl. 300 Leute im Zusammenhang damit. Wo bleiben die Strukturveränderungen in Schulen und Altenheimen?? Wo bleibt die Impfflicht?? Wir haben es mit einer Politikerriege zu tun, die Meister im Leisetreten ist. Wir helfen von Krieg betroffenen Menschen in erheblichem Umfang, was ich definitiv befürworte. Doch was ist mit unseren Problemen? Wollen wir wieder den Sommer über Corona wegdenken, um im Herbst wieder auf die Nase zu fallen?? Wenn wir das so laufen lassen brauchen wir uns über nichts zu wundern. Von Herrn Prehn habe ich mir nicht viel erwartet, von daher ist es egal, was er da schreibt. Aber da haben ja auch andere Leute unterschrieben. Menschen, die von Infektionskrankheiten und Übertagungen etwas verstehen.

  3. Matthias sagt:

    Es steht einer Lokalredaktion gut zu Gesicht, auf der Höhe des politischen Geschehens zu bleiben. Im Falle des genannten Repräsentanten jedoch lohnt der Aufwand einer aktuellen Reflektion nicht, denn die zitierte Formulierung aus der Petition (an der offenbar sogar mehrere Mitgestalter aktiv gearbeitet haben) repräsentiert nicht mehr als eine beachtliche intellektuelle Fehlleistung. Erkennbar wurde dies anhand des unkritisch und vor allem undifferenziert übernommenen Diffamierungsvokabulars aus den Leitmedien. Zwar sichert ein derartiges Vorgehen die wohltuende Massage der eigenen (schein)moralischen Verfassung, einen konstruktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte bleibt ein derart verunglücktes Schriftstück aber schuldig, was nicht überrascht. Dass die Zahl der Unterzeichner ungeachtet ihrer jeweiligen Motivation nicht im Unermesslichen liegt ist tröstlich und offenbart auch die Müdigkeit vieler Menschen, stets erneuerbare Angstangebote aus der Politik noch ernst zu nehmen, nachdem sich das angekündigte medizinische Inferno nun auch ganz offiziell beinahe im Frühlingswind und den ersten sauberen Recherchen zu „Zahlen“ und deren tatsächlicher Bedeutung aufzulösen scheint. Die Herausforderungen der nahen Zukunft werden diesen ganzen Vorgang rasch in den Staub irgendeines Warener Straßenrandes werfen.
    Mein Vorschlag in Richtung des Petenten: Frieden schaffen ohne Waffen. Das wäre ein lohnendes Thema für neues Bemühen im Angesicht der aktuell größten intellektuellen Fehlleistung einer Regierung, die keinen Euro für Pflegekräfte hat, 100 Milliarden dagegen für Panzer und Kanonen. Auf geht’s, Herr P.!

  4. Matthias sagt:

    Es steht einer Lokalredaktion gut zu Gesicht, auf der Höhe des politischen Geschehens zu bleiben. Im Falle des genannten Repräsentanten jedoch lohnt der Aufwand einer aktuellen Reflektion nicht, denn die zitierte Formulierung aus der Petition (an der offenbar sogar mehrere Mitgestalter aktiv gearbeitet haben) repräsentiert nicht mehr als eine beachtliche intellektuelle Fehlleistung. Erkennbar wurde dies anhand des unkritisch und vor allem undifferenziert übernommenen Diffamierungsvokabulars aus den Leitmedien. Zwar sichert ein derartiges Vorgehen die wohltuende Massage der eigenen (schein)moralischen Verfassung, einen konstruktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte bleibt ein derart verunglücktes Schriftstück aber schuldig, was nicht überrascht. Dass die Zahl der Unterzeichner ungeachtet ihrer jeweiligen Motivation nicht im Unermesslichen liegt ist tröstlich und offenbart auch die Müdigkeit vieler Menschen, stets erneuerbare Angstangebote aus der Politik noch ernst zu nehmen, nachdem sich das angekündigte medizinische Inferno nun auch ganz offiziell beinahe im Frühlingswind und den ersten sauberen Recherchen zu „Zahlen“ und deren tatsächlicher Bedeutung aufzulösen scheint. Die Herausforderungen der nahen Zukunft werden diesen ganzen Vorgang rasch in den Staub irgendeines Warener Straßenrandes werfen.
    Mein Vorschlag in Richtung des Petenten: Frieden schaffen ohne Waffen. Das wäre ein lohnendes Thema für neues Bemühen im Angesicht der aktuell größten intellektuellen Fehlleistung einer Regierung, die keinen Euro für Pflegekräfte hat, 100 Milliarden dagegen für die Rüstungsindustrie mit Panzern und Kanonen. Auf geht’s, Herr P.!