Axt-Angriff: Angegriffener sagt im Prozess aus

22. Februar 2023

Im Prozess um den spektakulären Axt-Angriff auf einen jungen Syrer in Neubrandenburg kommt das Landgericht dem eigentlichen Motiv immer näher – der Angeklagte war mit seiner Situation in der Fremde wohl völlig überfordert. Gestern haben mehrere Augenzeugen, der Geschädigte und dessen Freundin am Landgericht Neubrandenburg ihre Sicht der Dinge erklärt – mit durchaus erstaunlichen Einzelheiten für Prozessbeobachter. So kam zur Sprache, dass der Mann eigentlich wieder zurück in die Heimatregion wollte, aber diesmal eher in den Nachbarstaat Libanon.
Dem Syrer wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Prozess soll am 10. März zu Ende gehen. Dem Angeklagten droht eine mehrjährige Haftstrafe oder auch eine Einweisung in die Gefängnispsychiatrie, deshalb begutachtet eine Ärztin den Prozess.

So soll der 43 Jahre alte Angeklagte bereits 2015 mit dem 26-Jährigen aus Syrien nach Deutschland gekommen sein. Im Gegensatz zu dem Jüngeren, lernte der 43-Jährige trotz Sprachkursen kaum die deutsche Sprache. Er hatte ständig Probleme, berichtete der Jüngere, der sich über Monate um den Älteren gekümmert hatte.

Wer die neue Sprache nicht spricht, findet auch schlecht Anschluss. So verlor der 43-jährige Angeklagte nicht nur die Arbeit, die man ihm besorgt hatte. Er konnte sich immer schlecht verständigen. „Es blieb alles fremd für ihn  hier“, sagte der junge Mann, der im Gegensatz dazu fließend Deutsch spricht und auch einer geregelten Arbeit nachgeht.

Als der 26-Jährige 2019 mit seiner deutschen Freundin zusammenkam, suchten sich beide eine gemeinsame Wohnung. Dabei kümmerten sie sich aber auch noch darum, dass der 43-Jährige eine ihrer alten Wohnungen im Reitbahnviertel bekam. Doch die Treffen wurden weniger, der Zeuge arbeitete und wollte auch mehr Zeit mit der 33-Jährigen verbringen, die bei einer Ausländerbehörde arbeitet und solche Fälle wohl kennt.

Das verstand dieser nicht so gut, und hatte trotz regelmäßiger Treffen an der Moschee in Neubrandenburg wohl auch wenige andere Freunde gefunden. Jedenfalls gab sich der Angeklagte immer deutlicher religiöser. Irgendwann kritisierte er seinen Freund. Er dürfe nicht als Unverheirateter mit einer Frau zusammenleben und Alkohol in der Wohnung sei auch schlecht.

Schließlich kam der 9. September. Der Angeklagte, der vor Gericht schweigt, kam mit dem Rad zu der Wohnung des 26-Jährigen. Er klingelte unten an der Haustür. Der Freund ging öffnen. Da hörte er schon auf Arabisch schlimme Beschimpfungen. Er sei verflucht, auch seine Familie.

Der 26-Jährige stellte den Freund zur Rede, aber dieser griff an. Er sagte, er wolle mich töten, erzählte der Zeuge vor Gericht. Plötzlich zog der Mann die lange Axt hervor und schlug zweimal mit der stumpfen Seite auf den Jüngeren ein. Dieser konnte noch die Arme hochreißen und dann wieder hinter die Haustür fliehen, die ins Schloss gefallen war und die seine Freundin von innen schnell geöffnet hatte. Der Täter floh samt Axt, es folgte eine groß angelegte Polizeisuche (WsM berichtete).

Schließlich wurde der Täter ein paar Stunden nach der Flucht in der Nähe der Moschee im Nordteil der Stadt angetroffen, wo er sich stellte. Die Axt wurde samt Fahrrad in einem Garten eines Bekannten beschlagnahmt.


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