Betrüger wegen mehr als 100 Fällen auf Bewährung verurteilt

26. Mai 2020

Nochmal Glück gehabt hieß es unter Prozessbeobachtern. Ein 40 Jahre alter Mann ist gestern vom Amtsgericht Neubrandenburg wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Strafe auf Bewährung verurteilt worden. Dem Urteil – 16 Monate Freiheitsstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden – ging ein sogenannter Deal voraus. Dieser hieß: Der Angeklagte gesteht 123 der 270 angeklagten, aber unterschiedlichen Fälle (WsM berichtete) von Ende 2013, die meist über einen Paketdienst liefen. Dafür werden die anderen, weniger schweren Fälle fallen gelassen, und er darf mit einer Bewährungsstrafe rechnen.

Gründe: Alle Fälle liegen lange zurück, was die Justiz verantworten muss, der Mann war Ende 2013 noch nicht vorbestraft und die Vermögensschäden durch Betrug seien überschaubar. Den Schaden schätzte das Gericht auf 10 870 Euro, was der Mann auch zurückzahlen soll. Derzeit ist der gelernte Kfz-Mechaniker als Lagerarbeiter tätig – bei einem Paketdienst.

Der Neubrandenburger ist auch kein ganz unbeschriebenes Blatt. Er war im Herbst 2014 schon einmal vor Gericht, weil er mit gefälschten Markensportschuhen von „Nike“ und „Puma“ gehandelt hatte. Auch damals gab es eine Bewährungsstrafe für ein Geständnis. Diese ist inzwischen aber abgegolten – auch ohne Probleme, wie es hieß. Nur Schulden waren damals in ordentlicher Höhe aufgelaufen: Er müsse noch 242 000 Euro Schulden von damals abtragen, wie er erklärte.

Auch diesmal folgte ein Geständnis. Der Neubrandenburger hatte die Paketdienstkonten anderer Nutzer „gehackt“ und sich so Zugang zu den Schließfächern verschafft. Die Anleitung dazu soll es im „Darknet“ gegeben haben. Damit das nicht auffällt, fuhr er zu gelben Paketanlagen in der gesamten Seenplatte, aber auch nach Rostock, Greifswald oder Güstrow.

Die Waren im Wert zwischen 30 und 200 Euro nahm der Betrüger 106 mal in Empfang, ohne zu bezahlen. In 17 Fällen wurden die Versandhändler schon vorher vorsichtig und wollten lieber Vorkasse, so dass es 17 mal beim „versuchten Betrug“ blieb.

Der Verurteilte gab an, dreieinhalb Jahre KfZ-Mechaniker gelernt und in dem Job anfangs auch gearbeitet zu haben. Das sei dann aber nicht mehr wie der Traumberuf gewesen. So habe er Probleme mit dem Ölschmutz gehabt.

Über Zeitarbeitsfirmen arbeitete er lieber als Lagerarbeiter, oder war arbeitslos. In dieser Zeit habe er Geld benötigt. Zu den Waren, die er über den Paketdienst bestellt und die er fast immer weiterverkauft hatte, gehörten Lebensmittel, aber auch Kleidung und medizinische Produkte.

Richterin Tanja Krüske sah bei dem Mann allerdings auch eine positive Sozialprognose. Er hatte angegeben, zusammen mit einer Verlobten zu wohnen und seit neuneinhalb Monaten erstmals Vater zu sein. Derzeit verdiene es in seinem 25-Stunden-Zeitarbeitsjob etwa 860 Euro netto.


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