Demmin arbeitet Trauma mit „Garten der Erinnerung“ auf 

13. August 2021

Die Hansestadt Demmin will mit einer neuen Gedenkstätte die tragische und lange verschwiegenen Geschichte der letzten Kriegstage aufarbeiten. Dazu wurde am Ufer der Peene, wo sich Ende April/Anfang Mai 1945 hunderte Menschen das Leben nahmen, nun ein „Garten der Erinnerung“ angelegt. Auf Tafeln mit Originaldokumenten schildern Zeitzeugen, was sie damals erlebten und in welcher Lage sich die Menschen 1945 befanden.
Mit dem Projekt will man auch den Neonazis den Wind aus den Segeln nehmen, die den 8. Mai in jedem Jahr zum Anlass für Fackelumzüge nehmen und das Gedenken für sich proklamieren.

In den letzten Kriegstagen 1945 besetzten sowjetische Panzertruppen Demmin. Weil deutsche Soldaten die Brücken über die drei Flüsse Peene, Trebel und Tollense sprengten, kamen die Besatzer nicht weiter. Nach der Vergiftung russischer Offiziere in einer Apotheke werden Brände gelegt, die bisher nicht zerstörte Stadt brennt bis auf wenige Häuser nieder, es kommt zu gewalttätigen Übergriffen und vielen Vergewaltigungen seitens der Rotarmisten. Viele Demminer und Flüchtlinge sahen keine Zukunft mehr, so dass Frauen mit ihren Kindern ins Wasser gingen oder auf andere schlimme Art und Weise den Freitod wählten. Historiker rechnen mit etwa 1500 bis 2000 Toten. Die genaue Zahl ist unklar, weil auch viele Flüchtlinge und Trecks damals ebenfalls in Demmin festsaßen.

Zu DDR-Zeiten durfte darüber nicht gesprochen werden. Erst nach 1990 meldeten sich Überlebende, aber trotzdem dauerte es Jahre, um das ganze Geschehen zu überblicken und aufzuarbeiten. Inzwischen hat der Historiker Florian Huber ein viel beachtetes Buch zu dem Thema vorgelegt, in dem die Ereignisse als einer der größten Massensuizide in Deutschland bezeichnet werden. Auch ein inzwischen bundesweit bekannter Film wurde gedreht: „Über Leben in Demmin“ heißt der Titel.

Im „Garten der Erinnerung“ sollen Besucher sich mit dem Thema in Ruhe auseinandersetzen können. Rund 90 000 Euro wurden dafür aufgewandt, wovon 50 000 Euro vom Land kamen. Ganz fertig ist das Vorhaben aber noch nicht: Laut Bürgermeister Michael Koch sollen noch Lampen aufgestellt und Hecken gepflanzt werden.


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