Fall Alt Rehse: Beschuldigter hofft weiter auf Freilassung

31. Dezember 2018

Das Verfahren um den früheren Alt Rehser Axel-Ingo G., der seine Lebensgefährtin 2016 in seinem Wohnhaus gefesselt sterben ließ, sorgt weiter für Schlagzeilen. Wie „Wir sind Müritzer“ aus Justizkreisen erfuhr, sitzt der 53-Jährige derzeit im Gefängnis in Bützow und sorgt mit einem Befangenheitsantrag nach dem anderen gegen Richter am Landgericht Neubrandenburg dafür, dass der dritte Anlauf für seinen Prozess immer noch nicht gestartet ist. Das ist zwar sein Recht, wie sein Anwalt Stefan Tabbert immer wieder betont, aber das Landgericht eigentlich wohl die falsche Adresse.

Die Richter am Landgericht Neubrandenburg hatte G. im Herbst 2018 nach mehr als zwei Jahren Haft überraschend freigelassen. Damals war der zweite Prozessanlauf nach 15 Verhandlungstagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit kurz vor einem möglichen Ende doch noch geplatzt, weil Richter in Ruhestand gingen. Die Richter, die den Beschuldigten über Monate im Gericht erlebt hatten, sahen aber auch keine Gefährdung mehr, die von dem einstigen Computerfachmann ausgehen soll. Zuletzt hatte sich G. zudem auch von einer Psychiaterin untersuchen lassen, was er im ersten Prozess noch abgelehnt hatte.

Erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde G. auf Veranlassung des Oberlandesgerichtes im Herbst wenige Tage nach der Freilassung in einem Dorf südlich von Neubrandenburg von Polizisten wieder verhaftet. Inzwischen wurde vom Anwalt ein zweiter Antrag auf Freilassung gestellt, der aber wieder abgelehnt wurde.

Inzwischen hat G. fast die Hälfte seiner ihm anfangs zugedachten Strafe verbüßt – zweieinhalb Jahre von fünf Jahren Haft, die im ersten Prozess verhängt worden waren. Egal wie man zu der Tat von damals steht, eine solch lange U-Haft sei nicht mehr verhältnismäßig, schätzt Anwalt Tabbert ein. In der Justiz sei es sowieso üblich, dass verurteilte „Ersttäter“ nach 60 Prozent verbüßter Strafe Antrag auf Aussetzung der Reststrafe stellen und auf Bewährung freikommen können.

Das Urteil gegen G. sei wegen der erfolgreichen Revision 2017 aber gar nicht rechtskräftig geworden, argumentiert der Verteidiger. Im Gegenteil: In einem neuen Prozess müsste sogar geprüft werden, ob der 53-Jährige zur Tatzeit nicht nur „vermindert schuld- und steuerungsfähig“, sondern vielleicht sogar „voll schuld- und steuerungsunfähig“ gewesen war. Damit, so der Anwalt, müsse eine neue Strafe sogar unter fünf Jahren liegen.

In Alt Rehse braucht man aber nach Ansicht von Anwalt Tabbert keine Angst zu haben: Der ehemalige Alt Rehser sei zwar vor Monaten einmal in seinem Haus – der alten Gaststätte – gewesen. Insgesamt ziehe ihn aber kaum etwas in das Dorf zurück. Im neuen Jahr will das Landgericht den Prozess gegen G. möglichst schnell beginnen. Wie man mit den vielen Befangenheitsanträgen umgeht, müsse aber noch entschieden werden.

Im Haus des Beschuldigten in Alt Rehse hatten Polizisten 2016 eine zum Teil bereits verweste Leiche gefunden. Sie waren wieder einmal wegen einer Ruhestörung gerufen worden. Die Tote war in Decken gewickelt auf eine Sackkarre geschnallt und soll etwa zwei Monate vorher gestorben sein. Untersuchungen ergaben, dass es sich um die 32 Jahre alte Frau aus Rheinland-Pfalz handelte, die durch eine Kuppelshow bei Sat.1 bekannt geworden war. Beide hatten sich über das Internet kennengelernt. Im ersten Prozess hatte Axel-Ingo G. fast durchweg geschwiegen. Nur in seinen letzten Worten hatte er noch bedauert, dass er seine Lebensgefährtin damals habe sterben lassen.


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