
Wieder aufmachen oder nicht – das ist hier die Frage. Wohl kaum ein anderes Thema beschäftigt die Warener derzeit mehr, als der Zustand der Herrenseebrücke. Auch die Politiker tauchen tief ein in den Zustand des 50 Jahre alten Bauwerkes, in der Verwaltung scheinen die Köpfe regelrecht zu qualmen. Die Mitglieder von zwei Ausschüssen haben sich am Donnerstagabend auf den aktuellen Stand bringen lassen und einiges gelernt über die Brücke – von der Geschichte des Baus Anfang der 70er Jahre über die umfassende Sanierung Ende der 90er Jahre bis zum heutigen Tag. Wie es weiter geht ist aber nach wie vor unklar. Was man aber mit Sicherheit sagen kann: Die Herrenseebrücke bleibt noch einige Woche dicht. Wenn es gut läuft für die Stadt kann sie nach den in Kürze anstehenden Untersuchungen aber vielleicht zumindest wieder für den „leichten Verkehr“ geöffnet werden.
„Egal, was wird, ohne Unterstützung bekommen wir das nicht hin“, gab Bürgermeister Norbert Möller zu und erklärte, dass die Landesregierung ihre Hilfe angeboten habe. Muss die Brücke wirklich weg und neu gebaut werden, stehen schnell mal um die 40 Millionen Euro auf der Ausgabenseite. Zeitgleich zu den Untersuchungen der Brücke arbeitet die Stadt nach Aussage von Möller an einer Ausweichstraße, die zwischen dem Teigwarenwerk Möwe und den Mecklenburger Backstuben entlang laufen soll. Das könnte tatsächlich auch ziemlich zügig etwas werden.
Die Sperrung, das bestätigte auch Karsten Preuß vom Ingenieurbüro Otte aus Neustrelitz, sei vollkommen richtig gewesen. Man habe aber noch die Hoffnung, dass man die Brücke zumindest für Pkw, Fußgänger und Radfahrer wieder öffnen könne. Eine Entscheidung darüber falle nach weiteren Untersuchungen. Im Januar will man einen Teil des Asphalts oben auf der Brücke öffnen und mit entsprechender Messtechnik versehen, um mehr über den Zustand des Bauwerkes zu erfahren.
Die Herrenseebrücke ist innerhalb von zwei Jahren – von 1974 bis 1976 gebaut worden, 283 Meter ohne Überbau lang und bestehe aus 13 Feldern. Eines davon direkt über den Bahngleisen – und das macht jetzt besondere Sorgen. Schon 1997 seien kleine Risse festgestellt worden, eine umfangreiche Sanierung und eine Beschichtung, um Rost zu vermeiden, waren die Folge. Doch Rost scheint in der Brücke – wie bei vielen anderen aus dieser Zeit auch – schon zu stecken. Der kam offenbar bereits während des Baus hinein. „Geburtsfehler“, nennt es Daniel Meinel-Klähn (Foto links), Sachgebietsleiter Hoch- und Tiefbau in der Stadt Waren. Er scheint richtig tief in der Materie zu stecken, kennt den Aufbau bis ins Detail, aber auch den Unterschied zur Carolabrücke, die in Dresden eingestürzt ist. Die Materialien seien zwar identisch, die Bauweise aber eine andere.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder turnusmäßige Überprüfungen und bei einer Ende November waren dann Risse sichtbar, die man so nicht erwartet hatte. Warum in ziemlich kurzer Zeit solche Risse entstanden sind, ist noch unklar. Es kann aber mit der stärkeren Belastung der Brücke durch den Bau der Eisenbahnbrücke auf der B 192 zusammenhängen. Jedenfalls schnitt die Brücke bei der ersten nächtlichen Untersuchung vor einer Woche nicht gut ab – für sie gab’s eine 4,0, was in diesem Fall – anders als in der Schule – ein unzureichend ist.
Aber ist es nach diesen ersten Ergebnissen realistisch, dass die Brücke noch einmal geöffnet werden kann, wollten auch die Mitglieder des Ausschusses wissen. Ja, meint Karsten Preuß und nannte eine Brücke in Deutschland, die auch gesperrt worden sei, aber die schließlich wieder für Fahrzeug mit bis zu 7,5 Tonnen Gewicht geöffnet werden könnte. Und genau das hoffen jetzt natürlich alle Beteiligten.
Das Problem ist, so Daniel Meinel-Klähn, der Spannstahl, den man nicht sehen können, so dass die Untersuchungen sehr aufwändig seien. Bei der Untersuchung im Januar auf der Brücke sollen mindestens zehn Messsensoren angebracht werden, damit man in die Brücke „hineinhören“ kann. Anhand bestimmter Geräusche seien nämlich Rückschlüsse auf den Zustand möglich. Diese Informationen werden sofort an die zuständige Firma übertragen.
Wichtig sind diese Untersuchungen aber nicht nur, um zu erfahren, ob demnächst vielleicht wenigstens Pkw wieder über die Brücke dürfen. Denn sollte das nicht der Fall und alles noch viel schlimmer als jetzt vermutet sein, müssen sich die Verantwortlichen auch damit beschäftigen, was mit dem Verkehr unter der Brücke wird, sprich: Darf die Bahn dann dort noch fahren, dürfen Pkw darunter passieren?
Das Thema Herrenseebrücke bleibt also spannend.











