IHK-Konjunkturbericht MV: Wirtschaft startet stark differenziert ins neue Jahr

12. Februar 2021

2021 beginnt, wie das Vorjahr endete. Im Zeichen der Corona-Pandemie starten die Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns in das neue Wirtschaftsjahr. Es ist ein stark differenziertes Bild, das der Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern (IHKs in MV) aufzeigt. Jedes vierte Unternehmen bezeichnet seine aktuelle Geschäftslage als „schlecht“. Das sind 18 Prozentpunkte mehr als noch zur Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn 2020. Ebenfalls sinkt der Anteil der Unternehmen, die ihre derzeitige wirtschaftliche Lage als „gut“ einschätzen, auf 41 Prozent. Doch die aktuelle Geschäftslage ist in den einzelnen Branchen unterschiedlich.

Deutlich wird das bei den einzelnen Branchen an den sogenannten Konjunktursalden, welche die Differenz von positiven und negativen Meldungen ausweisen. Im Baugewerbe liegt dieser Saldo bei weiterhin sehr guten +63 Prozentpunkten. Im verarbeitenden Gewerbe beträgt der Wert +34 Prozentpunkte und ist damit verhältnismäßig stabil. Im Handel und bei den Dienstleistern liegt der Wert gerade einmal bei +13 beziehungsweise +3 Prozentpunkten.

„Die Branchen des Landes starten höchst unterschiedlich in das neue Wirtschaftsjahr. Der stationäre Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie sowie die Reise- und Freizeitwirtschaft einschließlich der Veranstaltungsbranche leiden besonders stark unter den Maßnahmen zur Pandemieeindämmung“, erläutert Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, welche die Geschäftsführung der IHKs in MV für die Jahre 2021/22 übernommen hat. „Der Bau und das verarbeitende Gewerbe melden zu einem großen Teil gute Geschäfte. Doch gibt es bei der Industrie auch Unterschiede, wenn man zum Beispiel an die Bereiche Luftfahrt, maritime Wirtschaft und Automotive denkt.“

Verlässliche Perspektiven gefordert

Der Konjunkturklimaindex für Mecklenburg-Vorpommern steht derzeit bei 97 Punkten. Der Index berücksichtigt die aktuelle Lage und die Erwartungen der Unternehmen gleichrangig. Zum Jahresanfang 2020 lag der Wert noch bei 120 Punkten und signalisierte damit eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Nach Branchen aufgeschlüsselt zeigt sich, dass die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden 12 Monate pessimistisch sind. Alle Erwartungssalden liegen im negativen Bereich. Besonders deutlich wird dies beim Handel: Dort liegt der Saldo bei -29 Prozentpunkten. Über alle Branchen hinweg beträgt dieser Wert -15 Prozentpunkte.

„Perspektive und Planbarkeit sind zwei wesentliche Elemente für die Wirtschaft“, bestätigt Eisenach. Die versprochenen finanziellen Kompensationen für die Schließungen müssen zügig bei den Unternehmen ankommen. An der einen oder anderen Stelle sollte auch nochmal bei den Kriterien nachgebessert werden. Mit Blick auf die kommenden Wochen ist es wichtig, die Situation der Unternehmen sehr ernst zu nehmen und verlässliche Perspektiven für eine Rückkehr zum normalen Geschäftsbetrieb – wenn auch mit Hygieneauflagen – aufzuzeigen.“

Die Pandemie geht bei den besonders betroffenen Unternehmen vielfach an die finanzielle Substanz. Es kommt zu einem Rückgang des Eigenkapitals und zu Liquiditätsengpässen. Auch der Ausblick vieler Unternehmen auf ihre Umsatzentwicklung fällt sehr verhalten aus. Auffällig ist der verhältnismäßig hohe Anteil von 17 Prozent an Unternehmen, die eine Prognose für nicht möglich halten. Die Themen Perspektive und Planbarkeit stehen auch hier im Fokus. Das hat ebenfalls Auswirkungen auf die Investitionsabsichten der Wirtschaft: Rund ein Drittel plant nicht zu investieren.

73 Prozent wollen ihr Personal halten

„Die Unternehmen benötigen dringend die Auszahlung der zugesagten Hilfen“, appelliert Eisenach. „Es muss zudem gewährleistet sein, dass die Hilfen nicht abrupt enden. Denn auch nach der Wiederöffnung beispielsweise des Einzelhandels und der Gastronomie wird die Kundenfrequenz vorerst geringer als üblich sein. Wir werben in unseren Gesprächen mit der Staatskanzlei und dem Wirtschaftsministerium sowie in der Task Force Wirtschaft dafür, dass MV ein gemeinsames norddeutsches Stufenmodell mitträgt. Zudem sind wir davon überzeugt, dass unsere Unternehmen Hygienekonzepte sehr gut umsetzen können und diese kontinuierlich weiterentwickeln. Neben der jetzt flächendeckenden Verfügbarkeit von FFP2-Masken blicken wir auch optimistisch auf Einsatzmöglichkeiten von Antigen-Schnelltests für Eigenanwender, die hoffentlich in den nächsten ein bis zwei Monaten auf den Markt kommen und dann beispielsweise eine echte Öffnungsperspektive für die Veranstaltungswirtschaft sowie Messen bieten können.“

„Ein Lichtblick bleibt. 73 Prozent der Unternehmen wollen ihr Personal halten. Darunter sind auch Unternehmen, die stark von der Pandemie betroffen sind. Diese versuchen ebenfalls, ihr Personal zu halten. Ein breiter Beschäftigungsaufbau ist vorerst nicht möglich“, konstatiert Eisenach. „Doch wenn man bedenkt, dass es sich konjunkturell um den größten Wirtschaftseinbruch seit der Wiedervereinigung handelt, ist der Arbeitsmarkt relativ robust. Dazu tragen selbstverständlich stabilisierende Instrumente wie die Kurzarbeit bei. Doch es gehören auch unsere Unternehmen im Land dazu, die den vor ihnen liegenden unsicheren Weg mit ihren Mitarbeitenden meistern wollen“, so Eisenach für die IHKs in MV abschließend.

Hintergrund: Unter dem Namen „IHKs in Mecklenburg-Vorpommern“ haben sich die drei Industrie- und Handelskammern in Neubrandenburg, Rostock und Schwerin als Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Sie vertreten rund 85.000 Unternehmen, die etwa 500.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ungefähr 3.700 Unternehmer engagieren sich ehrenamtlich in den drei IHKs. Die Geschäftsführung der IHKs in MV obliegt für die Dauer von zwei Jahren rotierend jeweils einer der drei IHKs.


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