Kahlschlag beim „Lila Bäcker“ – Filiale in Malchow dicht

3. Januar 2024

Das Amtsgericht Neubrandenburg hat zum 1. Januar das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Unser Heimatbäcker GmbH („Lila Bäcker“) eröffnet. Verhandlungen mit Investoren über eine Gesamtlösung für die Bäckerei mit 232 Filialen und 1.600 Mitarbeitern waren zuvor gescheitert. Und so werden 72 Filialen geschlossen, 47 davon in Mecklenburg-Vorpommern. 500 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Auch die Müritz-Region ist betroffen. Die Filiale im Netto-Markt Malchow ist Geschichte. Weitere Filialen hatte der „Lila Bäcker“ bei uns in der Region nicht.

In Neubrandenburg trifft es vier von zehn Filialen, in Rostock drei von zehn und in Greifswald drei von sechs.

Vor knapp einem Jahr öffnete „Lila Bäcker“ in Neubrandenburg die bundesweit erste „autonome Filiale“, spricht, so ganz ohne Personal.

Der „Lila Bäcker“ hatte sich 2019 über eine Insolvenz in Eigenregie von einer Reihe unrentabler Filialen und von Produktionsstandorten getrennt. Dann kam im Herbst 2023 die nächste Insolvenz und jetzt die Schließung von 72 Filialen.

Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff führt 160 Filialen fort, für die sich seinen Angaben zufolge Investoren interessieren. Gute Aussichten bestünden für die Mäkelbörger KuchenManufaktur mit ihren 152 Mitarbeitern, die ihren Umsatz mit neuen Geschäftskunden steigern konnte.

Gestern informierte Insolvenzverwalter Brockdorff zusammen mit der Geschäftsführung des Lila Bäcker auf Mitarbeiterversammlungen die Beschäftigten über die Situation und stellte die Liste der fortgeführten Filialen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein vor. Die Entlassungen betreffen vor allem die Unser Heimatbäcker GmbH mit der Produktion von Brot und Brötchen in Pasewalk sowie den Filialen und Cafés und die Unser Heimatbäcker Logistik GmbH, die für die Belieferung des Filialnetzes zuständig ist. Bei der Unser Heimatbäcker Holding GmbH und der Mäkelbörger KuchenManufaktur GmbH, die in Neubrandenburg Kuchen und Gebäck herstellt, seien keine Entlassungen vorgesehen.

Hinsichtlich dieser vier Gesellschaften der Unternehmensgruppe laufen laut Insolvenzverwalter seit dem 23. Oktober in Eigenverwaltung Sanierungsbemühungen. Seither wurden Gespräche mit verschiedenen Interessenten geführt, die die Filialbäckerei übernehmen wollten. Am 22. Dezember sei dann der letzte Investor für die Übernahme des gesamten Unternehmens abgesprungen. Die Mitarbeiter erhielten noch bis Ende Dezember Insolvenzgeld.

„Eine Gesamtlösung für den Lila Bäcker scheiterte an schwierigen Marktbedingungen durch gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, unter denen auch andere Bäckereien leiden. Kunden müssen sparen und halten sich zurück. Ab 1. Januar sorgen zudem der gestiegene Mindestlohn und die erhöhte Mehrwertsteuer in Cafés für zusätzliche Belastungen. Aber unsere Verhandlungen mit Investoren zeigen auch, dass es Interesse an der Fortführung gut laufender Filialen und der meisten Betriebsteile sowie an den Mitarbeitern gibt. Wir haben engagierte Mitarbeiter und unsere Partner und Lieferanten unterstützen uns weiterhin. Deshalb bin ich zuversichtlich, in den weiteren Verhandlungen zusammen mit dem Insolvenzverwalter eine zufriedenstellende Lösung zu finden“, erklärte Viola Kaluza, CEO der Unser Heimatbäcker Holding GmbH.

„Wir führen den Lila Bäcker ab Januar mit rund zwei Drittel der Filialen und der Mitarbeiter fort. Denn diese 160 Filialen und Cafés befinden sich an interessanten Standorten und werden gut besucht. Die Backstube der Mäkelbörger KuchenManufaktur ist ausgelastet und die Nachfrage von Geschäftskunden ist hoch. Eine verkleinerte Filialbäckerei eröffnet neue Chancen für Investoren. Aber ich bedauere es sehr, dass wir deshalb knapp ein Drittel der Mitarbeiter freistellen und später kündigen müssen. Nur so haben wir die realistische Option, die meisten Filialen und rund 1.100 Arbeitsplätze zu erhalten. Mit diesem Ziel verhandeln wir mit Investoren weiter“, erklärte Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff.


Eine Antwort zu “Kahlschlag beim „Lila Bäcker“ – Filiale in Malchow dicht”

  1. Bastian sagt:

    Die Insolvenz des „Lila Bäckers“ wirft ein grelles Licht auf das Missmanagement und die fehlende Anpassungsfähigkeit des Unternehmens. Das Scheitern von Verhandlungen mit Investoren wird vorschnell mit externen Faktoren begründet – gestiegene Energiekosten und Mindestlöhne. Doch andere Bäckereien navigieren in denselben Gewässern ohne zu kentern. Die „autonome Filiale“ in Neubrandenburg war wohl eher ein teures Experiment als ein Zukunftsmodell.

    Die wiederholten Insolvenzen und Filialschließungen hinterlassen nicht nur 500 arbeitslose Mitarbeiter, sondern auch Fragezeichen bezüglich der unternehmerischen Entscheidungen.

    Warum wurde nicht rechtzeitig auf Marktveränderungen reagiert? Die Versuche, das Unternehmen zu retten, wirken wie Flickschusterei.

    Die angekündigte Fortführung von 160 Filialen mag kurzfristig Hoffnung vermitteln, wirft jedoch die Frage auf, wie nachhaltig diese Maßnahme ist und welche langfristigen Konsequenzen sie birgt. Das Überleben von Betrieben sollte nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden. „Lila Bäcker“ muss seine strategische Ausrichtung gründlich überdenken und transparente Antworten liefern, um das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitern und Investoren zurückzugewinnen.