Koalitionsvertrag: IHKs in MV kritisieren drei Vorhaben

13. November 2021

Die IHKs in MV bewerten den vorliegenden Koalitionsvertrag als solide Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Zahlreiche Forderungen der Wirtschaft finden ihre Berücksichtigung und haben das Ziel, MV weiter zu entwickeln und zukünftige Chancen besser zu nutzen. Nur wenige Punkte des Koalitionsvertrages lehnt die Wirtschaft ab. Dazu gehören Vorhaben zur Einführung weiterer Unternehmensabgaben zur Tourismusfinanzierung, die Änderung von Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Bindung an tarifliche Entlohnungen und die Einführung eines Feiertages am 8. März zu Lasten der Unternehmen.

„Dieser Koalitionsvertrag beinhaltet viele Vorhaben, die unser Land wirtschaftlich voranbringen können. Neben den wenigen Kritikpunkten überwiegen aus unserer Sicht die Ziele, welche die Wirtschaft seit einigen Jahren intensiv einfordert. Unsere umfassenden Forderungen im Vorfeld der Landtagswahlen 2021, aber auch die über Jahre beständige und fachlich fundierte Arbeit der IHKs, finden sich in diesem Papier wieder. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich das klare Bekenntnis zur Steigerung der Wertschöpfung durch mehr Industriearbeitsplätze. Wir bekräftigen unsere Bereitschaft, die Landesregierung bei der Umsetzung dieser Ziele zu unterstützen“, so Matthias Belke, geschäftsführender Präsident der IHKs in MV.

Die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern begrüßen die Absicht der künftigen Landesregierung, die norddeutsche Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Dies ist eine wesentliche Forderung der IHKs, da die norddeutschen Bundesländer viele Gemeinsamkeiten in ihrer Wirtschaftsstruktur aufweisen und vor ähnlichen Herausforderungen stehen. „Die Kooperation mit gemeinsamen Leitlinien und Projekten zu stärken, ist daher konsequent und notwendig. Auch eine vertiefte Zusammenarbeit mit den Metropolregionen Berlin, Hamburg und Stettin begrüßen wir“, unterstreicht Matthias Belke.

Kritik an neuer Tourismusabgabe

Die Unternehmen brauchen Entlastungen statt neuer Abgaben. Bereits im Jahr 2014 hat eine breite Allianz von Kammern und Wirtschaftsverbänden die damaligen Überlegungen zur Einführung einer Tourismusabgabe kritisiert. Gerade wegen der Folgen der Pandemie sind die Unternehmen in den kommenden Jahren noch zusätzlich belastet. Dass im Koalitionsvertrag erneut über unternehmensbezogene Abgaben zur Tourismusfinanzierung gesprochen wird, trifft bei vielen Unternehmen auf Ablehnung. Die Wirtschaftskammern lehnen weitere finanzielle Belastungen für die Unternehmen aller Branchen vehement ab. Steigende Energie- und Rohstoffkosten sowie Inflationssorgen führen schon jetzt dazu, dass viele Betriebe die Belastbarkeitsgrenze erreicht haben. Deshalb dürfen keine weiteren Abgaben wie beispielsweise im Tourismusbereich erhoben werden. Diese würden einer zweiten Gewerbesteuer gleichkommen.

IHKs lehnen Tarifpflicht bei öffentlichen Vergaben ab

Ablehnend positionieren sich die IHKs zu den Forderungen einer Tarifpflicht oder zu tarifgleicher Entlohnung bei öffentlichen Vergaben. Die Verfahren werden aufwändiger, unabhängig von der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes. Grundsätzlich zu begrüßen ist jedoch der regionale Ansatz der Vergaben und der Wertungskriterien Preis sowie Nachhaltigkeit. Hierzu werden jedoch klare und handhabbare Handlungsanweisungen für die Verwaltung erwartet.

Die Digitalisierung der Verwaltung und damit verbundene Serviceangebote sind überfällig. Belke dazu: „Aus Sicht der Unternehmen muss es das Ziel sein, den bürokratischen Aufwand insgesamt zu reduzieren. Einheitlich gedachte und digitale Prozesse bieten die Chance, die Verfahren zu entschlacken.“ Vor dem Hintergrund der Digitalisierung irritiert die Aussage im Koalitionsvertrag, dass das Land den gegenwärtigen Anteil der Landesverwaltung an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen im Land mindestens halten will.

Eine seit langem gestellte Forderung der IHKs ist der Ausbau von Glasfaser und Mobilfunk im Land. Die IHKs begrüßen es, dass die Koalitionäre einen zügigen und flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur bis in jedes Gewerbegebiet auf die Agenda nehmen. „Dieser erneuten Ankündigung müssen nun aber auch endlich Taten folgen. Ein leistungsfähiges Breitband und ein flächendeckendes Mobilfunkangebot sind für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen mittlerweile genauso wichtig wie Strom und Wasser. Weitere eventuelle Verzögerungen kann sich das Land nicht mehr leisten“, betont Belke.

Berufsausbildung mit richtigen Zielen

Die IHKs unterstützen den Ansatz der neuen Landesregierung, ein „Zukunftsprogramm berufliche Schulen“ aufzulegen und fordern sie zugleich auf, die IHKs als zuständige Stellen für die Berufsausbildung mit der Verantwortung für über 15.000 Ausbildungsverträge eng bei der Entwicklung und Umsetzung einzubeziehen. Die angekündigten 150 Lehrerstellen liegen dabei aber deutlich unter den Erwartungen. An der Attraktivität der dualen Berufsausbildung zu arbeiten, das Netz der Berufsschulen landesweit zu sichern und Ausbildungsgänge auszubauen, wird ebenso ausdrücklich unterstützt wie die Unterstützung für die Unterkunftskosten für die Auszubildenden.

Das Ziel der Koalitionspartner, „die duale Ausbildung durch eine zukunftsfeste Ausstattung zu erhalten und zu stärken“, ist ein wichtiges Signal für die Fachkräftesicherung. Die geplante Bündelung der Zuständigkeiten für alle Formen der beruflichen Bildung macht eine konsistente Berufsbildungsentwicklung erst möglich.

„Von der digitalen Landesberufsschule erwarten die IHKs einen deutlichen Modernisierungs- schub im Berufsschulbereich für die duale Ausbildung, die die Basis der Fachkräftesicherung unserer Unternehmen ist. Die Vorhaben müssen nun schnell und mit einer hohen Konsequenz und Zielstrebigkeit umgesetzt werden“, so Belke.


4 Antworten zu “Koalitionsvertrag: IHKs in MV kritisieren drei Vorhaben”

  1. KMU sagt:

    Die IHK kann man in der Pfeife rauchen, wenn derartige Gedanken dort salonfähig sind.
    Alle 3 Punkt sind richtig und auch wichtig. Gerade der Punkt mit dem Tariflohn hat große Vorteile für alle Beteiligten, mit Ausnahme von Feudalunternehmern.
    Die Tourismusabgabe ist in unserem Land auch angemessen, da dieser Zweig (unabhängig von Corona) boomt und jedes Jahr mehr Touristen in das Land reisen und hier urlauben und Zeit verbringen.
    Das spiegelt sich auch in den Unternehmen wieder und ich kenne kein Tourimusunternehmen, welches seinen Gewinn in den letzten Jahren nicht stark gesteigert hat.
    Der Frauentag ist eine Anerkennung und ein zusätzlicher Entlastungstag für Beschäftigte.
    Jeder Feiertag ist im ersten Moment ein Einschnitt in die Produktivität, bringt aber auch Produktivität.
    Wenn ein Arbeitnehmer zufrieden und ausgeruht ist, arbeitet er besser.
    Das ist durch unzählige Studien belegt und gerade erst vor einer Woche gab es eine große Depressionsstudie und in der stand, dass ein großer Teil der Arbeitsbevölkerung durch die Arbeit überlastet ist.
    DAS ist kontraproduktiv für alle Unternehmen und ein Feiertag mehr kann da nicht schaden.
    Natürlich sind andere Stellschrauben wichtiger, aber gegen diese wehren sich ja auch ja viele Unternehmen.
    Jetzt gibt es halt einen Feiertag und gerade die Tourismusbranche profitiert bei jedem Feiertag.

    Gezeichnet:
    Ein Unternehmer

  2. Regimekritiker sagt:

    KMU,
    Sie haben meine volle Zustimmung. Bezüglich der Tarifpflicht möchte ich noch anfügen, dass die Herrschaften nichts aus den letzten 30 Jahren gelernt haben. Wer seinen Marktwert kennt, der geht dort hin, wo er besser behandelt wird und nimmt seine Familie gleich mit. Zumeist sind diese Leute Hochqualifiziert, Hochmotiviert. Dieses Potential geht hier dann unwiederbringlich verloren. Das Ergebnis: Das ständige Herumgejammer, dass sie keine geeigneten Mitarbeiter mehr finden. Nun wird ja seitens der Politik alles getan, dass sich das ändert. Ich denke da an die 2003 eingeführte EU-Osterweiterung mit Arbeitnehmerfreizügigkeit, oder die Rekrutierung von Fachkräften aus der Vielzahl der Flüchtlinge. Hat alles nicht so richtig geklappt. Auch ich habe mich hier mal zum Spaß bei einem Holzverarbeitungsunternehmen in Malchow beworben. Befremdlich war schon, dass das Bewerbungsgespräch per Telefon geführt wurde. Als dann das Thema Lohn anstand, war das Telefonat ganz schnell zu Ende. Dabei lag mein Angebot noch 2,-€ unter Branchentarif West.
    Da habe ich mir selbstbewusst gesagt: „Die hatten Ihre Chance“.
    Vielleicht sollten die Medien bei solchen Themen nicht immer nur ihre Plattform für Unternehmen und deren Verbände bereit stellen. So wird aus meiner Sicht einseitige Meinungsmache betrieben.

  3. Warener Jung sagt:

    Danke für Eure Kommentare ! Dem ist absolut nichts hinzuzufügen !

  4. Petzibär sagt:

    Das die IHK die Tarifpflicht ablehnt, ist erbärmlich und spricht Bände, da stimme ich den anderen Foristen ausdrücklich zu.
    Auch wenn ich kein Freund von Rot – Rot war, muss ich diesen Schritt ausdrücklich loben. Nur so halten wir Fachkräfte im Land und bringen es voran. Das hat nichts mit Sozialromantik zu tun, es ist politisch genau der richtige Schritt.